Kapitel 40

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Am nächsten Tag fragte sich der Draken der Zukunft was ihn überhaupt dazu motiviert hatte aufzustehen. Vielleicht lag es ja wirklich daran, dass er wusste, dass er in sechs Tagen nicht mehr laufen können würde. Vielleicht aber auch nur, weil der Wärter ihm nun schon zum fünften Mal mitgeteilt hatte, dass Takemichi mit ihm reden wollte.
Was war denn überhaupt so wichtig, dass es dies Wert war?
Mehr depressiv als genervt saß der Mann auf demselben Stuhl, welchen er gestern umgeworfen hatte und wartete auf Takemichi, welcher keine Sekunde später den Raum betrat.
"Draken-kun!", fing dieser enthusiastisch an.
"Was ist so wichtig, dass ich mich noch aus dem Bett quälen muss? In sechs Tagen bin ich doch ohnehin Geschichte."
Nie hatte er Draken so emotionslos reden hören. Selbst in der Psychiatrie schien er noch die Kraft zu haben seine Emotionen auszudrücken. Doch jetzt befand sich eine unbeschreiblich gruselige leere in seinem Blick und in seiner Stimme, welche Takemichi eine unangenehme Gänsehaut verpasste.
Takemichi sah kurz auf seine Hände hinab, ehe er sich dazu brachte zu Draken zu sehen. Es fühlte sich so an als wäre es seine Schuld, dass Draken nun hier saß.
"Tut mir leid. Ich habe nur ein paar Fragen an dich."
'Offenbar ein paar äußerst dringliche...', dachte sich der ältere.
"Beeil dich."
Schnell nickte Takemichi. "M-Mach ich. Also ich muss wissen wie du ins Gefängnis gekommen bist."
Draken sah ihn an. War das sein ernst?
"Hast du Alzheimer?"
"Nein ich... Ich erinnere mich nur nicht daran."
"Aber du warst doch dabei gewesen. Wie kannst du dich nicht daran erinnern?"
"Ich eh.... Ich hatte eine Gehirnerschütterung und habe daher alles vergessen."
Warum fragte er nicht einfach einen der Polizisten? Die haben ihn doch verhaftet.
Der Mann atmete aus, ehe er seinen Mund wieder öffnete.
"Kisaki hat mir den Mord an Kazutora angehängt."
"Kazutora ist auch tot?!"
Draken sah ihn irritiert an.
"Ja. Kisaki hat ihn hinterrücks ermorden lassen und mir die Schuld in die Schuhe geschoben, weil ich Toman nicht verlassen wollte."
Über Takemichis Kopf schwebten mehrere Fragezeichen.
Draken atmete erneut aus.
"Er hat herausgefunden, dass ich mit Mikey schlafe."
Draken funkelte ihn an.
"Ich habe bis heute keine Ahnung wie er das herausgefunden hat und Mikey würde das niemandem erzählen."
Takemichi musste schlucken. In dieser Zeitlinie hatte ihn Kisaki vermutlich sogar gerettet, dadurch, dass er Draken hat verhaften lassen. So Mordlustig, wie jener ihn gerade an blickte.
"Er meinte er würde es weiter erzählen, wenn wir weiter miteinander schlafen würden. Damals hielt ich die Forderung für sehr fragwürdig. Aber ich hatte mich gerade mit Mikey gestritten. Also hatte ich keine Nerven mir darüber groß Gedanken zu machen."
Drakens Augen lagen auf der Glasscheibe.
"Ich habe aufgehört mit ihm zu schlafen. Selbst nachdem wir uns vertragen haben. Mikey wollte nicht, dass es ans Licht kommt und Ich wusste nicht wie die anderen Mitglieder in Toman reagieren würden, wenn sie es herausfinden würden. Ich habe ihn abgeblockt wann immer er es wollte. Ich weiß nicht was genau passiert ist, aber er schien sehr frustriert darüber zu sein."
Drakens Blick fiel auf den Tisch, auf welchem die Glasscheibe angebracht war.
"Mikey wurde immer schneller genervt und verärgert. Es kam zu einem Kampf zwischen Toman und Touji. Natürlich gewann Toman mit Leichtigkeit. Kisaki hat Kazutora das Leben in jenem Kampf genommen und es so dar stehen lassen als hätte ich das getan."
Seine Augenlider verengten sich etwas und seine Finger verkrampften sich.
"Mikey hat ihm geglaubt."
"Mikey hat dir nicht geglaubt?!" Takemichi konnte den Worten kaum glauben.
"Aber Mitsuya und Chifuyu haben dir doch sicher geglaubt."
"Mikey ging davon aus, dass Kisaki die Wahrheit erzählt hat. Keiner hatte ihn umstimmen können."
Draken ballte seine Hände zu Fäusten.
"Aber Mikey und Kazutora waren doch verfeindet. Warum gab es da ein Problem?"
"Kazutora hatte den Anhänger bei sich gehabt. Er hat sich bei Mikey entschuldigt bevor er gestorben ist."
Jetzt verstand Takemichi was passiert war. Sie haben sich in dessen letzten Minuten auf Erden vertragen und es sah so aus als hätte Draken ihn umgebracht.
"Sie haben sich vertragen bevor er so schwer verwundet war, dass er daran starb. Ich habe das auch nicht für möglich gehalten. Aber du warst doch dabei. Du hast sie doch dazu animiert sich zu vertragen."
Also hat Kisaki Kazutora erst danach das Leben genommen?!
"Er hat es mir in die Schuhe schieben können, weil er Mikey eingeredet hatte, ich sei noch immer bitter wegen dem Streit gewesen. Bis zu dem Kampf gab es immer noch Spannungen zwischen uns. Also ist es nicht verwerflich, dass Mikey ihm geglaubt hat und nicht mir..."

"Entweder du stellst dich oder ich bringe dich eigenhändig zur Strecke."
Nie hatte Draken es für möglich gehalten, dass Mikey ihn jemals so kalt ansehen würde.
Auf dem Schlachtfeld lagen bewusstlose Mitglieder beider Gruppen.
Doch jegliche Kämpfe hatten aufgehört, als Mikey seine eiskalte Stimme erhob, nachdem Kazutora in seinen Armen gestorben war.
Mikey stand da. Direkt vor Kazutoras Leiche. Wie eine Marionette.
Seine Augen waren leer. Seine Stimme war eisern.
Draken wusste, dass der Blondschopf keine Witze machte, sondern es Tod ernst meinte.
Doch noch immer war er irritiert darüber, dass Mikey davon ausging, dass er hinter all dem steckte.
"Ich habe ihn nicht umgebracht."
"Du bist der einzige, der ein Motiv hatte.", schaltete sich Kisaki ein.
"Ein Motiv? Was für ein Motiv denn? Ich würde nie jemanden umbringen!"
"Wir haben alle gesehen, wie sie sich vertragen haben. Er war kurz davor gewesen den Kampf zu beenden. Kein Tomanmitglied würde ihn da noch angreifen außer du."
"Zum letzten Mal. Ich habe ihn nicht umgebracht."
"Du hast dich mit Mikey gestritten und wolltest dich an ihm rächen."
"Das wollte ich nicht! Ich habe ihn nicht umgebracht!"
"Draken würde das nicht. Selbst wenn die beiden Streit haben.", mischte sich nun auch Mitsuya in die Unterhaltung ein. Chifuyu nickte beipflichtend.
Draken sah von Kisaki zu Mikey, dessen Blick noch immer auf ihm lag.
Langsam aber sicher wurde er verzweifelt.
"Mikey, du musst mir glauben, ich habe Kazutora nicht umgebracht."
"Entweder du stellst dich oder ich bringe dich eigenhändig zur Strecke.", wiederholte sich der Blondhaarige.
Entsetzen zeichnete sich auf Mitsuyas und Chifuyus Gesicht ab. Die beiden konnten kaum glauben, was Mikey da von sich gab.
Draken ballte die Hände zu Fäusten. So wie es jetzt stand, wusste er, dass Mikey ihn nicht an log. Würde er sich dem nicht beugen, würde Mikey ihm wirklich das Leben nehmen.
So eiskalt, wie jener mit ihm sprach, würde er dies durchziehen können. Darin bestand kein Zweifel.
Doch Draken konnte nicht zulassen, dass Mikey mit der Schuld zu Leben hatte, einen Menschen ermordet zu haben.
Seine Augenlider verengten sich.
"Mik-"
Mitsuya traf ein präziser Schlag. Da lag er bereits auf dem Boden. Spätestens jetzt war klar, dass Mikey keinen Widerspruch akzeptierte.
Chifuyu gab sein bestes das in ihm aufkommende Zittern zu unterdrücken.
"Wie entscheidest du dich, Draken?"
Nie hatte er Mikey seinen Namen auf diese Art und Weise aussprechen hören. Eigentlich hatte er immer gehofft, dass er ihn so nennen würde. Doch jetzt würde er alles dafür geben diese Hoffnung Jahre zuvor verbannt zu haben.
Draken blickte auf Kazutoras Leiche hinab und setzte sich schlussendlich wortlos im Schneidersitz neben sie.
Mikeys Blick lag noch einige Sekunden auf ihm, ehe er ihnen den Rücken zu drehte und das Schlachtfeld verließ.
Dies war der Tag an welchem Draken festgenommen wurde.

"Ich habe alles gestanden. Obwohl ich es nicht getan habe."
"Aber wenn du unschuldig hier bist, warum plädierst du nicht für unschuldig?"
"Mikey würde mich in der Sekunde umbringen, in der ich einen Schritt aus diesem Gefängnis setze. Außerdem heiraten die beiden in einem halben Jahr. Also habe ich keinen Grund mehr überhaupt noch hier raus zu wollen."
Draken blickte ihn direkt an und lächelte mit glasigen Augen.
"Lieber sterbe ich in Frieden als dem weiter zuzusehen."
Takemichis Herz blieb stehen. Einige Tränen glitten seine Wangen hinab. Sein Brustkorb zog sich zusammen. Nie hatte er so einen schmerzerfüllten Blick gesehen. Es zeriss ihn innerlich. Es wirkte beinahe so, als wäre Draken bereits gestorben und er rede mit einem Geist, welcher dazu verdammt war ewig auf der Erde zu wandeln, da seine Liebe zu Mikey für immer unerfüllt blieb. Ein Geist, welcher diesen Zustand satt hatte und sich nichts sehnlicher wünschte als Erlösung.

Draken X Mikey X Kisaki - One More NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt