Kapitel 35

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Niemand außer Mikey saß in dem Wartezimmer. Säße er nicht alleine, würde man ihm seine innere Aufruhr gar nicht erst ansehen.
Doch da er nun komplett alleine war, musste er jene nicht verstecken.
Die Tür war nicht geschlossen, sondern nur angelehnt. So gab sie kein Geräusch von sich als Draken seine Hand auf die Klinke legte, jene herunter drückte und sie öffnete.
Für ein paar Sekunden lag sein Blick auf Mikey, welcher dermaßen tief in seine Gedanken versunken war, dass er Drakens Anwesenheit gar nicht mitbekam.
Erst als sich der ältere räusperte, sah Mikey auf.
"Ken-chin" Sofort fiel Mikeys Blick auf dessen Kopf. Ein Verband war um jenen gewickelt. Keine Sekunde später stand er bereits neben ihm und betrachtete den Verband.
"Es ist nur eine einfache Verletzung. Den Verband muss ich aber ein paar Tage dran lassen.", beantwortete er Mikeys Fragen, welche der Blondschopf nicht einmal offen stellen musste.
"Was hat so lang gedauert?"
"Sie haben meinen Schädel geröntgt, um sicher zu gehen, dass er noch ganz ist." Draken grinste Mikey an. Der jüngere sollte sich keine Vorwürfe machen. Draken wusste genau, was in Mikeys Kopf vor sich ging. Der jüngere war für ihn ein offenes Buch.
Mikey wirkte erleichtert.
Draken hatte seine Auffassung von Mikeys Gefühlen nie angesprochen. Jener würde nur auf Durchzug schalten. Oder schlimmer, vollständig ab blocken. Stattdessen versuchte Draken ihm jegliche negativen Gefühle zu nehmen.
So war es schon immer.
Gut. Einmal hatte er dies. Dieses Mal hatte nicht gut geendet. Seither wusste er es besser.
Ohne sich umzudrehen schloss der größere Mann hinter sich die Tür. Zur Verwunderung Mikeys.
Jene sollte allerdings nicht lange anhalten.
Kaum war die Tür ins schloss gefallen, vergruben sich Drakens Finger in Mikeys blonden Haaren.
Wie gerne hätte er dem Blondschopf gesagt, dass er ihn liebte.
Doch ein Kuss musste reichen.
Mikey war erst perplex. Ihm gefiel der Gedanke nicht, dass sie sich an einem öffentlichen Ort befanden und jede Sekunde jemand zur Tür hinein kommen konnte.
Gleichzeitig allerdings verbannte der Kuss kurzzeitig jegliche Schuldgefühle und Selbstzweifel aus seinen Gedanken, welche sich in den letzten zwei Stunden bei ihm angesammelt hatten.
Daher weigerte sich Mikey unterbewusst den Kuss zu lösen.
Draken löste ihn schließlich einige Sekunden später.
Ihre Blicke trafen sich.
Mikey sah allerdings bereits nach zwei Sekunden wieder seitlich zu Boden. Kaum hatte sich Draken gelöst, überflutete ihn die Welle an Schuldgefühlen auf ein neues.
"Geeze. Du kommst gerade vom Röntgen. Du solltest zur Abwechslung mal an dich denken."
Damit zuckten Mikeys Mundwinkel kaum merklich nach oben und sie hielten wieder Blickkontakt.
"Ich denke an mich."
Drakens Kopf näherte sich Mikeys, bis seine Stirn die des Blondschopfes berührte.
"Ken-chin", sagte er, aber seine eigentliche Frage erstickte auf ein neues in seinem Hals bevor sie seinen Mund überhaupt erreichen konnte. 'Hast du dir den Kopf gestoßen?'
Offensichtlich hatte er dies. Aber um einiges schlimmer als sich Mikey vorgestellt hatte.
Doch gerade als Draken den Mut gesammelt hatte Mikey seine Liebe zu gestehen, öffnete sich die Tür ins Wartezimmer und ihre Blicke lagen auf jener.
In Lichtgeschwindigkeit befand sich Mikey daher wieder auf einem Meter Entfernung.
Innerlich atmete Draken aus. Das war definitiv der falsche Moment für Takemichi nach ihnen zu sehen.
"Draken-kun", fing er an und war merklich erleichtert darüber, dass es jenem gut zu gehen schien. "Wie geht es deinem Kopf?"
Der Zeitreisende hatte gar keine Ahnung, was er da eben durch seine bloße Anwesenheit unterbrochen hatte.
"Gut." Der größte in der Runde streckte sich. "Ich darf auch schon wieder nach Hause."
"Das freut mich zu hören."
"Wie geht es Chifuyu?"
Mikey hielt sich zum Großteil aus der Unterhaltung heraus. Er benötigte ein paar Augenblicke zu realisieren, dass er Draken nicht sofort von sich gestoßen hatte, als jener ihn hier geküsst hatte. Sie waren in der Öffentlichkeit. Wäre dies Mitsuya gewesen, hätte dies auch anders enden können.
Wann haben sie überhaupt angefangen sich einfach so zu küssen? Das war doch früher nicht so. Früher haben sie es ausschließlich beim Sex getan.
"Die Ärzte haben ein MRT angeordnet. Der Befund ist allerdings noch nicht da. Genaueres weiß ich nicht."
Was hat sich in der Zeit verändert?
"Auf welchem Zimmer liegt er?"
"Du solltest dich ausruhen. Ich bleibe noch eine Weile bei ihm. Kein Grund zur Sorge. Er wird es überstehen."
"Aber mir geht es gut.", widersprach ihm Draken.
"Ich fahr dich nach Hause." Beide sahen nun zu Mikey, welcher bis eben noch gar nichts zur Unterhaltung beigetragen hatte. "Takemicchi hat recht. Du solltest dich ausruhen."
Es war sehr seltsam für den Blondschopf so etwas von sich zu geben. Normalerweise ging er davon aus, dass sie alle wussten, was das beste für sie war. Deswegen mischte er sich auch nie ein und meinte sie sollten es langsam angehen. Es waren Männer. Tomanmitglieder. Sie sollten so einiges aushalten können.
Innerlich wusste Mikey jedoch, dass er Draken nicht nach Hause fahren wollte, weil er wirklich besorgt war. Draken war eisern. Nichts nahm ihm so leicht das Leben. Am Ende wollte er nur wieder zu zweit sein. In einer angenehmeren Atmosphäre, an einem Ort, an dem sie weiter gehen konnten als sich für ein paar Sekunden zu küssen.
War dies egoistisch?
Eigentlich sollte man ja meinen, dass sich Mikey um Chifuyu Gedanken machte. Doch seine Gedanken kreisten fast ausschließlich um Draken und dies gefiel ihm nicht.
Andererseits wusste er, dass Takemichi bei jenem war und jener hatte seine Nummer. Sollte also etwas passieren, würde er ihn informieren können.
Draken atmete aus. "Na schön. Sag ihm gute Besserung von uns."
Takemichi nickte und verließ anschließend das Wartezimmer.
"Seit wann machst du dir Sorgen wegen einer einfachen Wunde?"
Draken grinste siegessicher. Weshalb er so selbstsicher grinste, konnte Mikey nicht ganz einordnen.
"Du warst bewusstlos. Natürlich mache ich mir sorgen, Idiot."
Mikey sah erneut zur Seite und lief anschließend an Draken vorbei zur Tür. Das Grinsen des älteren wurde durch jene Worte nur noch breiter.
Draken folgte Mikey zu seinem Motorrad.
"Fahren wir zu dir?", fragte er, während er hinter dem kleineren auf das Gefährt stieg.
Mikeys Blick lag auf seinem Spiegel. In jenem konnte er Drakens Gesicht sehen.
"Bei mir zuhause ist es so laut.", fuhr jener fort.
Mikey musste kurz schmunzeln.
"Ist das der einzige Grund?"
Draken, welcher bereits seine Arme um Mikey gelegt hatte, legte kurz seinen Kopf auf dessen Schulter ab.
"Was glaubst du denn?"
Mikey drehte leicht seinen Kopf zu Draken nach hinten.
"Du bist zu anhänglich geworden. Das ist mein Job."
Erneut begann Draken zu Grinsen, wobei er seinen Kopf wieder an hob. Noch bevor er Antworten konnte, fuhr Mikey bereits von dem Parkplatz.

Draken X Mikey X Kisaki - One More NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt