Kapitel 92

129 11 4
                                    

"Woher willst du überhaupt wissen, dass es sein freier Wille ist?"
Schließlich hatte Mikey in der Gegenwart nie Anstalten gemacht seine dunklen Impulse über ihn zu stellen. Eher das Gegenteil.
Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Offenbar war Takemichi nicht die einzige Person, welche durch die Zeit reisen konnte.
"Du hast ja lange gebraucht das zu bemerken.", kommentierte Sanzu seinen 'Aha' Moment.
Draken verengte die Augen und funkelte ihn an, ehe er wieder zu Kisaki sah. Kisaki war seine einzige Hoffnung, denn Sanzu würde niemals auf ihn hören.
Da war er sich sehr sicher und dies gefiel ihm absolut gar nicht.
Im Gegensatz zu Mikey hatte er nur schlechtes über ihn zu hören bekommen. Draken ging nach wie vor fest davon aus, dass Kisaki Mikey missbraucht und manipuliert hatte. Ihn jetzt davon zu überzeugen ihn frei zu lassen, würde sich daher mit sehr großer Wahrscheinlichkeit als unmöglich herausstellen.
Trotzdem, schenkte er den Worten des zukünftigen Mikeys glauben, schien Kisaki doch etwas an dem Blondschopf zu liegen.
Draken traute dem älteren Mikey zwar nicht mehr über den Weg, doch hatte er in jenem Moment gar keine andere Chance, wenn er am Leben bleiben wollte.
"Hast du Mikey in der Zukunft jemals lachen gesehen?!"
Kisaki war tatsächlich mit Sanzu in der Zukunft gewesen, um sich von dessen Worten zu überzeugen. Er dachte er säße dadurch am längeren Hebel, doch fand er nur heraus, dass alles was Sanzu gesagt hatte, der Wahrheit entsprach.
Gleichzeitig...
Kisaki erinnerte sich an Mikeys trüben Blick. Die Distanz in seinen Augen. Die Kälte, welche ihn beinahe selbst zum zittern gebracht hatte.
Ja, sie waren zusammen. Ja, sie schliefen miteinander und waren verheiratet. Aber er war nicht glücklich.
An Drakens Worten war etwas dran. In der Zukunft hatte er ihn nicht ein Mal Lächeln gesehen.
"Und wenn schon? Er muss nicht lachen um glücklich zu sein. Er hat sich doch selbst dazu entscheiden." Kisaki und Sanzu hielten Blickkontakt. Dies gefiel Draken absolut gar nicht und er versuchte erneut sich aus den Fesseln zu befreien. Er riss an den Hand- und Fußfesseln als hinge sein Leben davon ab. Nur um am Ende Wunde Gelenke zu haben, welche dazu auch noch höllisch brannten. "Er wäre doch schon längst hier aufgetaucht, wenn er etwas dagegen hätte. Er hätte Draken gar nicht erst zu deiner Wohnung geschickt, wenn dies der Fall gewesen wäre."
"Halt deine verdammte Klappe!", zischte der Vize, "Der Mikey in der Zukunft hat mit mir das letzte Mal vor Jahren gesprochen! Er hat es bestimmt verdrängt, so wie er alles unangenehme immer verdrängt! Red keinen Schwachsinn! Mikey würde das niemals wollen und das wisst ihr beide!"

Während Draken in der Vergangenheit sein bestes gab Kisaki davon zu überzeugen, dass dessen Handeln falsch war, schlich sich Mikey auf Zehenspitzen aus der Wohnung.
Nachdem sich Kisaki um gedreht hatte, hob er vorsichtig die Bettdecke an und setze erst seinen rechten und anschließend seinen linken Fuß auf den kalten Holzboden.
So langsam wie möglich, damit das Bett kein Geräusch von sich gab, stand der Mann auf.
Eiskalte Luft umhüllte seinen nackten Körper. Das Fenster war nach wie vor auf und da die Jahreszeit bereits an Winter grenzte, war es dementsprechend kalt.
Eine unangenehme Gästehaus breitete sich beinahe Augenblicklich auf seinem Körper aus.
Er tappste so schnell wie möglich und so langsam wie nötig, um kein Geräusch zu verursachen, welches Kisaki wecken konnte, über die Holzdielen hin zu seinen Klamotten, welche keine Stunde zuvor auf dem Boden gelandet waren.
Er zog sie nicht sofort an, da er dabei auch nur unnötig Geräusche machen würde. Stattdessen hob er sie nur auf und verzog sich anschließend ins Badezimmer.
In Schallgeschwindigkeit schlüpfte er in seine Boxer und Hose, zog sich sein Shirt über den Kopf und streckte die Arme durch die Ärmel seines Hemdes.
Leise lief er durch den Flur hin zur Garderobe, wo er in seine Schlappen schlüpfte und sich eine Jacke von einem der Hacken krallte.
Mit der Jacke in der Hand und ohne sie zuvor an zu ziehen, tappste er in Richtung Haustür.
Er legte seine Hand auf die Klinke, drückte sie vorsichtig nach unten und zog die Tür mindestens genau so vorsichtig zu sich. Er kniff die Augen leicht aufeinander als sie zu ächzen begann in der Hoffnung, Kisaki war davon nicht wach geworden.
Zu seiner Erleichterung ging weder das Licht an, noch war dessen Stimme zu hören.
Leise atmete der Mann daraufhin aus und verließ die Wohnung. Hinter sich zog er die Tür langsam ins schloss, ehe er die Treppen hinab zur Straße lief.
Er musste Naoto suchen gehen. Er musste in die Vergangenheit zurück.

"Warum habe ich dir den Mund eigentlich nicht zu geklebt?", zischte sich Sanzu mehr selbst an.
Das ganze Gespräch nervte ihn jetzt schon. Er sollte sich lieber beeilen und dem ehemaligen Vizen den Gar ausmachen, bevor Kisaki sich noch von ihm einlullen ließ und auf dumme Ideen kam.
"Kisaki, du begehst einen schweren Fehler. Wenn Mikey das herausfin-"
"Mikey wird das nicht herausfinden. Er hat dafür gesorgt, dass du ihn einsperrst. Schon vergessen? Wir haben genug Zeit dies wie einen Unfall aussehen zu lassen und Mikey wird keine Ahnung davon haben."
Draken funkelte den langhaarigen an, ehe er an Kisaki gerichtet weiter sprach.
"Mikey hat schon seinen großen Bruder verloren. Glaubst du allen ernstes er ist glücklicher, wenn er noch mehr Leute verliert, die ihm wichtig sind?!"
Langsam aber sicher wurde der Vize verzweifelt. Ganz gleich was er sagte, wie laut er redete und in was für einem Tonfall er das Gesagte von sich gab, Kisakis Gesichtsausdruck schien sich nicht zu verändern. Diese Tatsache alleine versetzte ihn langsam aber sicher in Panik.
Er war so ein Idiot gewesen! Wie konnte er Mikey nur glauben? Wie konnte er ihn Weg sperren? Wie konnte er Takemichi und Chifuyu sagen, sie sollen ihn nicht heraus lassen? Wie bekloppt war er eigentlich?
Sein Blick fiel auf seine Beine.
Der Raum wurde still.
Nur der Regen, welcher noch gegen die Fenster prasselte und der Wind, der nach wie vor gegen die Hauswand peitschte, waren zu hören.
'Es tut mir leid, Mikey. Ich habe versagt.'
Sanzu legte seine Hand an das Katana, welches an seinem Gürtel befestigt war.
"Das war's. Mehr höre ich mir von deinem dummen gelabber nicht an."
Er zog das Katana aus seiner Halterung und legte es an Drakens Halsbeuge.
Die Waffe war so glatt geschliffen, dass sie die Haut des blondhaarigen bereits bei bloßen Kontakt leicht schnitt, sodass die Stelle beinahe augenblicklich zu bluten begann. Der rote Tropfen bahnte sich seinen Weg über Drakens Schlüsselbein hinab zu dessen Shirt. Die Wunde begann leicht zu brennen, als sie in Kontakt mit dem Regenwasser kam, welches nach wie vor von seinen Haaren tropfte.
"Mit dir wird Mikey niemals sein ganzes Potenzial erreichen und jetzt sag gute Nacht."
Draken verkrampfte die Finger und kniff die Augen aufeinander als Sanzu ausholte und das Katana kurz darauf die dicke Luft zerschnitt.

Draken X Mikey X Kisaki - One More NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt