Kapitel 85

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"Ich gehe nicht fremd!", rief der Blondschopf, "Wir zwei sind doch-" nicht einmal zusammen!
Doch was wusste er schon? Er hatte die letzten zwölf Jahre nicht mit erlebt. Vielleicht waren sie ja auch zusammen und er wusste es nur nicht.
Mikey hatte immerhin schon viel scheiße gebaut. So unwahrscheinlich war dies also gar nicht einmal.
"Wir zwei sind was?" Ihre Augen trafen sich. "Spuck es aus Mikey."
Doch der Blondschopf wandte seinen Kopf ab, als ihm das Bild in die Gedanken kam, kurz bevor er sich das Gesicht gewaschen hatte. Jenes Bild, als er seine Hände gerade unter den Wasserstrahl halten wollte.
Er ließ das Leintuch los und tastete seine Finger ab, bis er den Ring spürte.
Was hatte er sich nur dabei gedacht?
"Verheiratet..." Damit kreuzten sich ihre Blicke wieder.

Draken biss sich auf die Lippen. Alles in ihm widerstrebte es Mikey die Hose auszuziehen.
Doch am Ende hatte er nicht wirklich eine Wahl, wenn er nicht wollte, dass sich sein Partner eine Erkältung holte.
Daher zog er ihm die Hose aus und trocknete auch seine Beine ab. Dies tat er  im Eiltempo, da es ihm dann doch recht unangenehm war den bewusstlosen Mikey in Hinas Haus ohne Hose im Eingangsbereich sitzen zu haben.
Zumal ihm der Gedanke ohnehin nicht gefiel, dass ihn jemand der anderen so zu sehen bekam.
Draken zog ihm also schnell die trockene Kleidung an.
Mikeys Körper war eiskalt.
Der größere lehnte ihn an der Wand an und versicherte sich noch einmal, dass sein Oberkörper nicht zur Seite kippen würde.
Er selbst trocknete sich anschließend so schnell wie möglich ab und schlüpfte noch schneller in Naotos Kleidung. Jene war ihm etwas eng, doch es ging gerade noch so.
Dann wandte er sich wieder Mikey zu, der noch immer regungslos an der Wand saß.
Draken ging neben ihm in die Knie und legte seinen rechten Unterarm unter Mikeys Achseln, um dessen Rücken und seinen linken unter dessen Kniekehlen.
Bevor er ihn an hob, sah er ihm noch einmal ins Gesicht. Kurzzeitig hegte er Hoffnungen, dass sich Mikey gerade bewegt hatte und wieder zu Bewusstsein kam. Doch seine Hoffnungen wurden wie immer enttäuscht, als er bemerkte, dass dies nicht der Fall war und nur sein Kopf aufgrund der nun schiefen Körperlage etwas zur Seite gerutscht war.
Draken biss sich auf die Lippe.
Als er in der Zukunft war, wäre er ohne Takemichi, Chifuyu und Naoto aufgeschmissen gewesen, die ihm alles erklärt hatten.
Mikey jedoch musste seine lausige Erklärung nun reichen alleine durch die Zukunft zu wandern.
Wobei, Naoto sollte ja noch am Leben sein. Doch würde Mikey so weit denken, wenn er herausfand, dass die Tode seiner Freunde alle real waren?
Scheiße.
Wie konnte er ihn nur hierhin mitnehmen? Am Ende kommt er noch traumatisiert in die Gegenwart zurück und spricht kein Wort mehr mit niemandem.
Ken erinnerte sich noch gut an Mikey Wunden, sein hoffnungsloser Gesichtsausdruck und die Angst in dessen müden Augen.
Erst hatte er ihn in der Zukunft allein gelassen und jetzt hatte er ihn alleine in der Zukunft gelassen. Was für ein bester Freund war er eigentlich?!
Wütend auf sich selbst hob er den Blondschopf schließlich an und lief in die Richtung, in welche die anderen vorhin verschwunden waren.
"Wir hätten ihn nicht mitnehmen dürfen." Takemichi saß auf dem Rand der Couch, seine Ellenbogen auf seinen Knien und hatte seine Stirn auf seiner Handfläche abgestützt. "Ich hätte nicht einmal Draken fragen sollen." Hina saß dicht neben ihm und strich ihm über den Rücken. "Wenn ihm irgendetwas passiert dann....Draken wird mich umbringen."
Ken blieb neben dem Türrahmen stehen, so, dass sie ihn nicht sehen konnten.
Eigentlich widerstrebte es ihm ihre Unterhaltung auf diese Art und Weise zu belauschen, aber aufgrund von den Äußerung des blondhaarigen eben hatte er das Gefühl, dass ihm Takemichi etwas wichtiges verschwiegen hatte.
"Ist schon gut.", versuchte ihn Hina zu beruhigen, doch natürlich funktionierte dies nur semi gut.
"Ich dachte... -", erst setzte er an, um weiter zu sprechen, dann brach er den Satz jedoch ab, indem er aus atmete und wieder in Richtung Boden sah.
"Was dachtest du?", hakte nun auch Chifuyu nach, welcher bis eben noch still gewesen war.
"Ich dachte, er würde aus dem Koma aufwachen können, wenn er in die Zukunft reißt. Aber ich habe mich wohl geirr-"
"Was für ein Koma?"
Alle sahen auf, als Draken mit dem bewusstlosen Mikey auf den Armen urplötzlich im Türrahmen stand.
"Draken-!" Takemichi hatte nicht damit gerechnet, dass jener ihre Unterhaltung mit bekommen hatte. "Wie lange stehst du schon da?"
"Lange genug." Draken betrat den Raum und augenblicklich war die Atmosphäre angespannt.
Niemand traute sich mehr etwas zu sagen und so legte der größte der Runde Mikeys Körper auf dem Eck der Couch in Totenstille ab, welches noch am weitesten von allen entfernt war.
Obgleich der Vize mehr als nur gereizt war, legte er Mikey so vorsichtig ab, als bestände jener aus Hauchdünnem Glas.
Hina hatte sich als erste aus der Schockstarre gelöst. Sie war aufgestanden und hatte eine Decke geholt.
Dass sie keine Angst hatte Draken näher zu treten war etwas, wofür sie Chifuyu und auch Takemichi bewunderten.
Die beiden hatten sich nämlich derweil ans hinterste Eck der Couch verzogen.
Draken nahm die Decke dankend an und deckte seinen festen Freund behutsam zu, welcher noch immer bewusstlos zu sein schien.
Nachdem er ihm noch einmal schweren Herzens ins Gesicht gesehen hatte, da er es wieder nicht geschafft hatte ihn zu beschützen und demnach der Ansicht war, nicht nur als bester Freund und Vize, sondern auch als fester Freund versagt zu haben, funkelte er Takemichi an.
Jenem lief es kalt den Rücken hinab und er knallte seine Fingern unbewusst in den Stoff des Sofas. Fester, je näher Draken ihm kam.
Sobald der Vize schlussendlich direkt vor ihm zum Stehen kam, setzte sein Herz einige Schläge lang aus, nur um wild gegen seinen Brustkorb zu hämmern. Beinahe als schwebe er in Lebensgefahr.
"Was hast du mir verschwiegen?" Drakens Stimme war kalt. Seine Wut auf Takemichi grenzte nun fast an jene, welche er Kisaki gegenüber hegte.
"Ich- äh-" Hilfesuchend blickte Takemichi zu Chifuyu. Lange konnte er dies jedoch nicht, da packte ihn der größere am Kragen und zog ihn auf die Füße und anschließend auf die Zehenspitzen.
"Was weißt du?! Sag es mir!"
Draken hatte sich lange genug zurück gehalten. Am liebsten hätte er Takemichi bewusstlos geschlagen, sobald er herausgefunden hatte, dass ihm jener etwas vorenthalten hatte. Dessen Unwillen ihn einzuweihen provozierte ihn nur mehr.

Draken X Mikey X Kisaki - One More NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt