Kapitel 6

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Mikey verengte die Augen nachdem der Mann seine Kapuze von seinem Kopf gezogen hatte.

Kazutora.

Der Blondschopf hatte ihn das letzte Mal vor guten drei Jahren gesehen. Nach dem Kampf zwischen Valhalla und Toman war er wie vom Erdboden verschluckt gewesen.

Es gab mehrere Gerüchte. Manche besagten, er wäre mit den restlichen Mitgliedern von Valhalla, nach deren Niederlage, in den Norden geflohen. Andere meinten, er sei bereits tot.

Doch nun stand er vor ihnen. In Fleisch und Blut.

Takemichi sah zwischen den beiden hin und her. Auf einen Schlag erschien die Atmosphäre angespannt zu sein. Takemichi konnte das Knistern der geladenen Atmosphäre beinahe hören. Die lodernden Flammen in Mikeys tiefschwarzen Augen verpassten selbst ihm eine Gänsehaut, wobei sie nicht einmal ihm galten.

Kazutora war Schuld daran gewesen, dass Baji vor drei Jahren sein Leben verloren hatte. Dies würde der Blondschopf ihm nie verzeihen können. Genau so wenig wie der Mord an seinem großen Bruder.

Mikey ballte seine Hände zu Fäusten. Diese Handlung verpasste Takemichi Schweißperlen auf der Stirn.
Nein. Nein. Nein.
Mikey durfte nicht irrational denken! Wenn Mikey jetzt auf ihn los gehen würde, was würde dann aus Chifuyu werden?!

"Mikey.", Takemichi sprach leise. Sorge schwang in seiner Stimme mit. Gleichzeitig hatte es ihn massiv an Überwindung gekostet, überhaupt den Mund zu öffnen. Er hatte Angst, dass der Blondschopf ihn in seiner Rage zur Seite stoßen würde.

Im Augenwinkel blickte jener zu Takemichi. Ja, er war nicht hier um sich mit irgendwem anzulegen. So gerne er diesem Mann auch ein Messer in die Brust gerammt hätte. Er musste sich beruhigen. Langsam öffneten sich Mikeys Fäuste wieder und Takemichi atmete erleichtert durch.

"Ich hätte nicht erwartet, dass du hier wirklich alleine auftauchst. Mikey~"

Es war die Art, wie dieser Mann seinen Namen aussprach, die ihn zur Weißglut trieb. Keine Sekunde später waren seine Hände also wieder zu Fäusten geballt. Dieses Mal allerdings um einiges kräftiger noch als zuvor.

Der Blondschopf stapfte auf die Paletten zu.

Takemichi gingen tausende Szenarien durch den Kopf, welche allesamt nicht gut für sie beide Enden würden, sollte er Mikey nicht aufhalten. Er hielt ihn also am Oberarm fest, doch Mikey schüttelte ihn genervt ab. Zumindest versuchte er dies immer wieder, doch Takemichi ließ ihn nicht los.

Mikeys kontrollierte Wut, welche zuerst allein gegen den Mann auf den Paletten gerichtet war, ging nun auch auf Takemichi über und wurde mit jeder Sekunde unkontrollierter. "Lass mich los, Takemicchi."

Er wollte ihn nicht mit Gewalt von sich stoßen. Er konnte doch keine Gewalt gegen seine eigenen Bandenmitglieder anwenden! Dennoch war seine Stimme eiskalt. Noch um einiges kälter, als sie vorhin gegenüber Draken war. Takemichi musste schlucken.

"Ich pollier dem Kerl die Fresse."

Natürlich empfand keiner der anwesenden Raudis diese Äußerung als angebracht. Die Mehrzahl stand auf. Die Leute, die bis eben noch damit beschäftigt waren sich gegenseitig beim Poker spielen zu betrügen, legten ihre Karten nieder. Einige der Leute, welche zuvor noch am anderen Ende des Raumes saßen, näherten sich ihnen nun.

Takemichi beobachtete all dies verängstigt. Er wollte sein Leben nicht verlieren. Nicht hier. Nicht jetzt. Nicht heute. Nicht bevor er nicht dafür gesorgt hatte, dass Mikey und Draken nicht mehr miteinander schliefen.

"Du hast Nerven." Der Mann lachte. Das Lachen hallte laut durch die Halle. Takemichi zuckte dabei leicht zusammen, während Mikey seinen Blick nicht von Kazutora abwandte. In seinen Augen loderte noch immer die unbändige Wut.

Nein. Ein Messer reichte nicht. Ein Messer reichte noch lange nicht. Er wollte ihn erwürgen. Er wollte-

"Mi-key", ein Husten erklang und riss den Blondschopf mit einem Mal in die Realität zurück.

Sofort lagen die Blicke der beiden Manji Mitglieder auf den Paletten, aus welchen der Thron zusammengestellt wurde.
Hinter und unter ihnen lag Chifuyu, gefesselt, auf dem kalten Boden. Wie konnten sie ihn bis jetzt nur nicht bemerken?!

Nun war auch Mikeys sonst so kalter Blick von dem Entsetzen gezeichnet. Er konnte seinen Augen kaum glauben.
Chifuyus Umrisse waren nur schwer zu erkennen. Durch den Schatten der Paletten war die Stelle, an welcher er lag, äußerst dunkel.

Auch Takemichi sah ebenso entsetzt auf jene Stelle unterhalb des Stappels an Paletten.

Kazutora stampfte zweimal auf die Paletten, sodass ein wenig Holzstaub von ihnen herunter rasselte und Chifuyu dadurch mehrmals Husten musste. "Ruhe auf den billigen Plätzen!"

Mikey konnte seinen Augen kaum glauben.

Chifuyu blickte durch die Holzbalken zu den beiden Männern, welche wie paralysiert vor den Paletten standen. Er wollte ihnen sagen, dass sie rennen sollten. Er wollte ihnen sagen, dass sie sich nicht um ihn sorgen sollten. Mikey sollte nicht sterben. Toman würde mit ihm sterben und dies sollte nicht passieren. Es dürfte nicht passieren. Vor allem nicht wegen ihm.

Doch der Blondschopf würde sich wohl kaum auch nur einen Zentimeter in Richtung Ausgang bewegen. Nicht ohne Chifuyu.

Kazutora hatte Baji bereits das Leben genommen. Einen weiteren seiner Leute würde er nicht an ihn verlieren.

Um mit dem Verlust fertig zu werden, hatte sich Mikey seit jenem Tag eingeredet, Baji sei nur einer seiner Leute gewesen. Er scheiterte zwar kläglich darin, diese Lüge an sich selbst aufrecht zu erhalten, wann immer er alleine war, doch funktionierte es, sofern er dies nicht war.

Draken hatte bereits Verdacht davon geschöpft. Doch da sich Mikey jedes Mal aufs Neue, vor ihm, sich selbst angelogen hatte, brachte er es nicht übers Herz etwas dagegen zu sagen. Es wirkte auf ihn, als wollte sich Mikey davon überzeugen, dass es nur so war.

Wann immer er dies ansprach und der Blondschopf bemerkte, dass er langsam aber sicher die Kontrolle über seine Emotionen verlor, ging er auf Abstand. Manchmal hielt jener einen Tag an, manchmal einige Tage oder gar Wochen.

Draken bemerkte dies natürlich. Genauso wie er auch Mikeys leeren Blick in den Stunden danach wahrnahm. Daher hatte er stets das Gefühl gehabt, dem Blondschopf den Abschied zu erschweren, wann immer er die Thematik aufgriff. Nach einem Jahr hatte er es somit aufgegeben. Dennoch sorgte er sich nach wie vor um Mikeys emotionalen Zustand.

Der kleinere war der Erste, der seinen Blick wieder von Chifuyu lösen konnte. Er sah nun wieder zu Kazutora hoch. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er innerlich mit sich selbst kämpfte, wenn man ihn denn kannte. Für alle anderen wirkte Mikeys Äußeres hingegen ziemlich ausdruckslos und mangelnd an jeglichen Emotionen. "Was willst du, Kazutora?"

Der angesprochene erwiderte den Blickkontakt und begann zu Grinsen.

Draken X Mikey X Kisaki - One More NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt