#145 Tom, Marco & Mirko: Veränderungen

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Tom

"Die haben die Examensordnung geändert" ruft mir ein sichtlich geschockter Marco entgegen.
"Dir auch ein 'Hallo'" erwidere ich noch gelassen, "was haben die denn geändert?"
"Einfach alles" stöhnt er.
"Geht's etwas genauer?" erkundige ich mich.
"Statt drei Klausuren jetzt neun Klausuren alle aufeinander folgend und die Klausuren machen jetzt 60 Prozent der Note, die Hausarbeit nur  noch 25 Prozent..." jammert er, "und man muss mindestens eine Klausur aus jedem Bereich bestehen, im Zivilrecht sogar Zwei!"
Okay, ich muss zugeben, das ist übel. Bisher machten die drei Klausuren nur 30 Prozent der Note und die Hausarbeit 50 Prozent.
Und in Hausarbeiten sind wir beide deutlich besser.
"Wie ist die Übergangsfrist?" will ich wissen.
"Welche Übergangsfrist?" erwidert Marco sarkastisch, "wenn wir es nach der alten Regelung versuchen wollen, müssen wir in drei Monaten unseren Freiversuch machen!"
"Was haben wir zu verlieren?" erwidere ich.
"Eigentlich nichts..." murmelt Marco.
"Dann sollten wir uns anmelden" schlage ich vor.
Und so kommt es, dass wir beide nun damit beschäftigt sind unsere Unterlagen fürs Justizprüfungsamt fertig zu machen.
"Was ist eigentlich der Zweck dieser Reform?" will ich wissen.
"Offiziell geht es um die Erhöhung der Qualität von Lehre und Ausbildung" ätzt Marco.
"Und der eigentliche Grund?" hake ich nach.
"Juristenschwemme, die Durchfallquote soll von 30 Prozent auf 50 Prozent steigen" erwidert Marco sarkastisch.
"Das werden sie damit sicherlich schaffen" merke ich ebenso höhnend an.
Das war nicht unser Plan. Unser Plan war den Freiversuch im Frühjahr des kommenden Jahres zu machen.
Aber es ist zweifelsohne besser, den jetzt noch nach den alten Regeln mitzunehmen, immerhin haben wir bei einem Scheitern noch zwei Versuche nach den neuen Regeln zu bestehen - oder uns zu verbessern.
"Das ist unfair!" holt mich Marco aus meinen Gedanken.
"Ist es" erwidere ich bedrückt, "mit so einem ersten Staatsexamen in Aussicht hätte ich niemals Jura studiert!"
"Für dich ist es besonders unfair" meint er mitleidig.
"Warum?" will ich wissen.
"Bei mir reicht 'Vier gewinnt', ich gehe danach eh in die Firma. Aber für dich wäre es schon wichtig einen  guten Schnitt zu haben oder?"
"Das stimmt schon" seufze ich, "aber das ändert leider auch nichts.
Weiterhin schaut er mich bedauernd an und ohne nachzudenken sage ich schief grinsend: "Du kannst mich dann ja heiraten und mit in die Firma nehmen."

Er bekommt riesengroße Augen und mit einer seltsam gepressten Stimme fragt er: "Du würdest mich heiraten?"
"Na sicher" erwidere ich, "du bist ein begehrter Junggeselle!"
"Mach' dich nicht lustig über mich!" fährt er mich an.
Schlagartig werde ich ernst und fixiere ihn mit einem festen Blick: "Wenn du damit leben kannst, dass ich dir einstmal João vorgezogen habe, wenn du mich fragst, ich würde nicht nein sagen!"
Unübersehbar brodelt es in ihm, aber dann wendet er den Blick ab und meint nur: "Also rein hypothetisch würdest du...."
Dann dreht er sich um und hastet den Korridor der Bibliothek entlang.
Was bitte habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht? Manchmal verstehe ich die Anderen einfach nicht.

Marco

"Also Tom und ich werden uns für die erste Staatsprüfung in drei Monaten anmelden.
Es wird sicherlich kein glanzvolles Ergebnis werden, aber ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffe" lautet meine Antwort auf die Frage meines Vaters wie ich mit der geänderten Prüfungsordnung umzugehen gedenke.
Mein Vater sitzt an seinem pompösen Schreibtisch, während ich vor ihm stehe, als sei ich irgendein Untergebener der zum Rapport einbestellt wurde.
"Und, wann stellst du uns mal eine Freundin vor?" ist dessen nächste Frage.
"Irgendwann, aber ich hab' im Moment echt keine Zeit für Weiber" wimmele ich ihn ab.
"Dieser Tom hat doch bestimmt auch längst eine?" hakt er argwöhnisch nach.
"Dieser Tom muss neben dem Studium auch noch arbeiten, der hat überhaupt keine Freizeit, wie soll er da Zeit für eine Freundin haben? Was denkst du, warum ich jetzt immer zu ihm gehe zum Lernen?" kontere ich mit einer Gegenfrage, habe aber damit gleichzeitig einen Grund genannt, warum Tom zum Lernen nicht mehr zu mir kommt.
"Na gut, ist ja auch vernünftig sich erstmal auf das Studium zu konzentrieren" gibt sich mein Vater gnädig.
Ich warte ab ob noch was kommt, aber da meint er schon: "Du kannst jetzt gehen!" Dem komme ich nur allzu gerne nach, denn mich beschäftigt eigentlich etwas ganz anderes.

Wer nach den Sternen greift.... (zensierte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt