#49 Tom: Ballnacht

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Nach der Nacht mit Ivan lief die folgenden zwei Nächte aber mal so garnichts. Auch wenn Joao deswegen ein wenig maulig war. Aber ab und zu muss ich mich auch regenerieren.

Nachdem wir gestern dann wieder in Cannes waren und in dem Laden diverse Kleidungsstücke abgeholt haben, hat Joao heute beim Frühstück die Bombe platzen lassen. So ganz en passant teilte er mir mit, dass der gesellschaftliche Event den wir besuchen werden, der Rote-Kreuz-Ball in Moanco sein wird. Und das dieser heute Abend stattfindet.

Ganz ehrlich, auch jetzt, Stunden später, bin ich immernoch geflasht. Auch wenn ich gerade still sitzen muss, weil irgendein wirklich sehr huschiger Frisör gerade damit beschäftigt ist mir eine, laut Joao "präsentable Frisur" zu verpassen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, aber der Aufwand bestätigt mich darinne, das sowas im Alltag nicht praxistauglich ist. Und nun kommt noch die Kleidung. Als Grundfarbe werde ich weiß tragen, aber als ich dann alles an habe und mich im Spiegel betrachte, komme ich mir vor, als solle ich an einem Disney-Film partizipieren. Ich trage eine weißes, sehr tailliertes Oberteil, dass irgendwie ein Zwischending zwischen einem Frack und einer Uniformjacke ist, denn es ist hochgeschlossen und hat einen roten Kragen. Darunter trage ich ein Shirt aus roter Seide, von dem sieht man aber nichts. Dazu passend eine weiße Hose die zugegebenermaßen meinen Po sehr betont. Um meine Taille habe ich eine Art Gürtel, der mehr eine Art breites Band aus rotem Stoff ist, an meiner linken Seite ist dieses Band kunstvoll verknotet und die beiden Enden des Bandes fallen bis auf die Höhe meiner Oberschenkel herunter, wo es in zwei Quasten endet. Oberhalb der Quasten ist auf beiden Enden des Bandes kunstvoll das Wappen des Hauses Caxias eingestickt. Dazu dann die roten Schuhe von Girotti. "Und damit soll ich jetzt noch Auto fahren?" frage ich skeptisch. "Natürlich nicht..." erwidert Joao und guckt mich an, als wenn ich mal wieder ganz schwer von Begriff sei, "...Cédric fährt uns avec la grande voiture." Joao seinerseits trägt ganz klassisch einen Frack.

Der große Wagen entpuppt sich als Maserati Quattroporte V in dem Cédric uns dann standesgemäß nach Monaco kutschiert. Auf dem Weg in das mediterane Fürstentum wird mir langsam bewußt wohin wir gerade unterwegs sind und Aufregung macht sich in mir breit, was auch Joao merkt. "Beruhige dich, das ist nur ein Gala-Diner und ein wenig Tanz" meint er, drückt dabei aber ermutigend meine Hand in seiner. Nur ist gut, weil ich ja auch immerschon Bälle von regierenden Fürstenhäusern besuche.

Die Vorfahrt am Salle d'Etoiles in Monte Carlo ist so, wie man sie aus Filmen kennt. Cédric hält direkt vor dem roten Teppich, Bedienstete in Livree reißen die Türen des Autos auf, Joao steigt aus und läuft hinten um den Wagen herum, während ich ebenfalls aussteige und auf Joao warte. Was soll ich jetzt tun? Die Frage beantwortet Joao in dem er mir seine Hand reicht. Jetzt gibt es kein zurück mehr, er meint es Ernst mit 'der Öffentlichkeit präsentieren'.
Was kann schon schiefgehen - außer alles?
Vorbei an den Medienvertretern betreten wir den Sternensaal. Dort ist prunkvoll eingedeckt, alles, bis hin zu dem Blumenschmuck ist in den Farben Rot und Weiß gestaltet. Was nicht verwundert, denn Rot und Weiß sind nicht nur die Farben des Roten Kreuzes sondern auch die Landesfarben von Monaco.
Der Fürst von Monaco hält eine Rede, dann gibt es opulent zu essen und danach eröffnet das Fürstenpaar den Ball.
Ich entdecke die gesamte monegassische Fürstenfamilie, den Prinzen von Hannover, Tom Jones, Shirley Bassey und Karl Lagerfeld. Aber um mich herum sind wohl alle reich, adelig, berühmt und/oder mächtig - oder zumindestes mit so jemandem zusammen.
So wie ich.
Und ich bin mehr als nur beeindruckt, um ehrlich zu sein, ich bin eingeschüchtert. Ich traue mich kaum irgendwen anzusehen oder mich an einem Gespräch zu beteiligen. Wäre Joao nicht bei mir, ich würde vermutlich ganz dezent das Weite suchen. Ganz ruhig bleiben Tom, du weißt wie das hier funktioniert, du bist nicht umsonst so erzogen worden als würdest du ein Gentleman des 19. Jahrhundert werden.
Dieser ist natürlich alles andere als unsicher, für ihn scheint das alles Business as usual zu sein, er ist charmant, beredt, unterhaltsam, selbstsicher. Einfach toll. Moment mal, himmele ich gerade meinen Boyfriend an?
Nach dem das Fürstenpaar den Ball eröffnet hat bittet mich Joao tatsächlich zum Tanz. Ein Glück, dass meine Eltern so konservativ waren und mich zur Tanzschule geschickt haben.
Trotzdem bin ich leicht geschockt, dass Joao mit mir hier tanzen will. Wie reagieren die anderen darauf? Wird das ein Skandal?
Joao scheint das nicht zu beunruhigen - oder legt er es vielleicht sogar darauf an? - denn er führt mich seelenruhig auf die Tanzfläche.
Dann wird er wahr, der Traum aller Mädchen, mein Traum. Der Prinz, mein Prinz, tanzt mit mir vor aller Augen. Einen Walzer. Ich liege in seinen Armen und die Welt um uns herum verschwindet, während wir uns drehen habe ich nur Augen für ihn. Wie er mich hält, wie er mich führt. Jedes Mal wenn er mich dreht wirbeln die Enden des Bandes um meine Taille um mich herum, ich fühle mich wie Cinderella, nur dass ich keine gläsernen Schuhe anhabe.
Könnte ich die Zeit anhalten, so dass dieser Moment nie vergeht, ich würde es machen.
Aber leider ist das nicht möglich und so endet dieser Tanz und ich komme zurück in die Realität. Eine Realität, in der Joao mich aber noch immer fest in seinen Armen hält und seine Augen wie zwei Sterne auf mich herabfunkeln. Eine Realität in der ich nur eines fühle: Glück, Liebe und unendliche Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, dass er in mein Leben gekommen ist.

Wer nach den Sternen greift.... (zensierte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt