#36 Marco & Tom: Kind?

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Marco

Heute morgen, Zivilrecht bei Professor Demmler. Meine Blicke schweifen vorsichtig durch den Hörsaal und suchen Tom, aber nach seiner Kabbelei mit Schmitter gestern ist er heute morgen wohl garnicht erst erschienen. Enttäuscht entschließe ich mich ihm später eine Nachricht zu schicken, als die Tür zum Hörsaal aufgerissen wird und ein abgehetzter Tom hereinplatzt. Er ist ganz in Schwarz und trägt heute ein Jacket, was ungewöhnlich ist. Und er trägt den Armreif welchen ich ihm geschenkt habe. Ein kleines Glücksgefühl durchströmt mich.

Tom hastet weiter zu einem freien Platz und spricht währenddessen zu Demmler: "Entschuldigen Sie die Verspätung, aber ich musste noch mein Kind in die Schule fahren und ein paar Takte mit dem Direktor reden." Sein Kind? Hab' ich was verpasst? Wenn der jetzt ein schulpflichtiges Kind hat, muss er ja mit 15 Vater geworden sein. Der Professor scheint ähnlich verblüfft zu sein wie ich denn er fragt "Ihr Kind? Wie alt sind Sie denn?" "Letzteres fragen sich viele Männer" flachst Tom als Antwort und erntet ein wenig Gelächter. Möchte er jetzt jeden Morgen so einen Auftritt hinlegen? Demmler grinst jetzt auch, fährt dann aber ohne weitere Bemerkungen mit der Vorlesung fort.

Die Vorlesung geht schneller herum als befürchtet und ich schlendere gerade unauffällig in Richtung Tom um dann 'ganz zufällig' auf ihn zu treffen. Er steht noch herum und unterhält sich mit der kleinen Rothaarigen mit der sich ganz gut versteht, offenbar ist das Thema lustig, denn beide lachen.

"Hallo Papa!" begrüsse ich Tom spöttisch, der mich ein wenig verwirrt anschaut. Skeptisch zieht er ein Auge hoch und fragt mich sarkastisch: "Hastu jetzt Daddy-Kink?" "Dein Ernst jetzt? Wer kam denn heute zu spät wegen seinem Kind" erwidere ich genervt und offenbar habe ich etwas amüsantes gesagt, denn Tom und die kleine Rothaarige lachen erneut. "Ah ja, mein Kind...."prustet Tom und die Rothaarige kann kaum noch an sich halten. "Jetzt mal im Ernst, seit wann hast du ein Kind? Und wie alt ist es denn?" maule ich ihn an. "Seit gestern hab ich ihn. Und er ist 16!" kichert Tom. Wie kann sein Kind 16 sein, wenn er doch selbst erst 22 ist? "Verarsch mich nicht!" fahre ich ihn an und er hört endlich auf so blöd zu lachen. "Der ist doch nicht mein leibliches Kind" Tom rollt die Augen und wirft mir einen Blick zu, als wäre ich nicht ganz bei Verstand "das ist ein niedlicher 16-Jähriger Junge der weil Gay gemobbt wird. Er ist mir gestern sozusagen zugelaufen."  "Ist 16 nicht ein bisschen jung?" rutscht es mir raus und ich fange mir einen finsteren Blick von Tom ein und die wütende Bemerkung: "Was denkst du von mir? Echt Marco!" "Dann kläre mich halt auf!" maule ich ihn an und ernte dafür seinen Spott: "Hätte das nicht deine Mama schon vor 10 Jahren machen sollen?" Jetzt bin ich es, der ihm einen Blick der Vernichtung zuwirft. "Schon gut, schon gut" abwehrend hebt Tom seine Hände "komm' mit ich erzähle dir alles!"

Tom

Also erzähle ich Marco die ganze Geschichte von Mirko und mir mit allen Details und Ende dann mit dem Satz "Und heute um 15.30 muss ich ihn dann wieder von der Schule abholen!" Marco wirkt doch ein bisschen schokiert, dann sagt er leise: "Das genau ist der Grund warum ich niemals ansatzweise so mutig war wie dieser Mirko..." Er tut mir irgendwie sehr leid gerade und ich sage beruhigend: "Nun, du hattest ja auch keinen coolen älteren Freund, der als dein Ritter zu deiner Rettung herbeigeeilt ist." "Du und cool?" skeptisch zieht Marco seine Augenbrauen hoch. "Ein wenig schon oder? Du hast den Rücken des Kleinen nicht gesehen, lange hätte der das nicht mehr durchgehalten" erwidere ich und bin jetzt leicht eingeschnappt, ich weiß ja, dass ich nicht wirklich cool bin, meine Schulkameraden hatten 13 Jahre Zeit mir das nachhaltig bewusst zu machen, aber dennoch muss er mir das ja nicht gleich so direkt unter die Nase reiben.

"Ich dachte du kommst nachher noch zum Lernen rum?" fragt Marco und zieht eine beleidigte Schnute. "Bist du jetzt eifersüchtig auf einen Teenie?" whispere ich ihm zu und grinse, dann sage ich lauter: "Ja, hatte ich vor, bin 17.30 bei dir wenn es dir passt?" Er nickt und dann trennen sich unsere Wege, denn ich habe nun eine andere Seminargruppe als er.

Wer nach den Sternen greift.... (zensierte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt