#133 Tom: Último adeus

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Nach mehr als sieben Stunden nach der Abfahrt erreichen wir Barra do Pira
Hier wechseln wir die Fahrtrichtung um über die Ferrovia do Aço nach Belo Horizonte zu gelangen.
Mit deutlich höheren Tempo geht es danach Richtung Norden weiter.

Es ist längst dunkelste Nacht, als unser Zug in Belo Horizonte Central eintrifft.
Viele Menschen haben sich aouf dem Bahnsteig versammelt, sofort aber erkenne ich Dona Yolanda und Joãos Schwester.
Das Kleine in ihrem Bauch wird auch niemals seinen oder ihren Onkel kennenlernen.

Während wir den Zug verlassen heben Uniformierte den Sarg aus diesem, dann wird er von sechs Uniformierten geschultert.

Diese Sechs tragen den Sarg hinaus aus dem Bahnhofsgebäude und auf den Vorplatz.

Dort wartet eine ganze Kapelle Uniformierter auf uns und nimmt Aufstellung an hinter zwei Uniformierten die das Wappen des Hauses Caxias in Trauer tragen.

Die sechs Sargträger nehmen hinter ihnen Stellung und dann tritt Ricardo zu mir und flüstert mir leise zu: "Du bist derjenige, zu dem João die größte Nähe hatte zu seinen Lebzeiten. Du bist derjenige der hier nun den ersten Platz einnimmt."
"Allein?" frage ich überrascht und mit meiner aufkommenden Panik kämpfend.
"Allein!" bestätigt mir Ricardo.
"Aber seine Eltern?" versuche ich einzuwenden.
"Die sind gleich hinter dir" erwidert er mir.
"Das... das ist nicht richtig..." stammele ich und er schaut mich traurig an: "Es ist nicht richtig, dass wir das überhaupt tun müssen..."

Mit gesenktem Haupt ergebe ich mich meinem Schicksal und nehme Aufstellung direkt hinter den sechs Sargsträgern mit dem Sarg meines Geliebten.

Aus den Augenwinkeln vermag ich zu erkennen, wie Dom Pedro und Dona Yolanda hinter mir Position beziehen und hinter ihnen weitere Menschen die ich im Moment nicht zu erkennen vermag.

Dann fängt die Kapelle an zu spielen und der Zug setzt sich in Bewegung.
Ich erkenne die Musik sofort, es ist 'La Marche funébre pour Napoleon' von Adolphe Adams.
Fast muss ich grinsen, Napoleons Trauermarsch, mein João bleibt sich treu bis über den Tod hinaus.

Ob die Anteilnahme hier so groß ist oder die Macht von Dom Pedro, vermag ich nicht zu beurteilen, aber als der Trauerzug nach rechts in die gesperrte, große Avenida einbiegt, stehen die Menschen Spalier und niemand johlt oder macht verächtliche Gesten.

Einsam fühle ich mich, ich wäre lieber neben Ricardo und Cicero gelaufen oder neben Dom Pedro oder Joãos Schwestern. Aber es ist auch nicht selbstverständlich, dass ich hier in diesem Rahmen überhaupt eine Rolle spiele und wenn man mir hier den traditionellen Platz einer Verlobten, einer Ehefrau einräumt, dann werde ich den mit Stolz einnehmen, auch wenn es mir schwer fällt.

Der Zug bewegt sich die Avenida hinab und dann über zwei weitere Avenidas um einen großen Park herum, bis wir nach einer knappen halben Stunde vor einer großen Kirche angelangen.

Die Kapelle verstummt nun und tritt beiseite und während zwei Priester die Tore des Sakralbaues öffnen beginnen die Kirchenglocken zu läuten.
Die sechs Uniformierten tragen den Sarg nun die Treppe hinauf, in die Kirche hinein und stellen ihn im vorderen Bereich auf einer Art Podest ab.

Da Dom Pedro und Dona Yolanda seitlich vom Sarg Aufstellung nehmen beschließe ich, ihrem Beispiel zu folgen.
Zwei Herren in Schwarz treten nun an den Sarg heran und nehmen seinen Deckel ab.

Meine große Liebe offen aufgebahrt da liegen zu sehen fühlt sich an wie ein eisiger Schlag in meinen Magen.
Die Tränen schießen mir in die Augen während ich hörbar nach Luft schnappe.
Das ist zuviel, ich muss mich setzen...

Cicero bemerkt offenbar als Erster wie es mir geht, denn plötzlich steht er neben mir und legt stützen seinen Arm um mich.
"Wir können jederzeit gehen, niemand verlangt dass du ununterbrochen dabei bist" flüstert er mir zu.
Als ich schweige fragt er: "Willst du gehen?"
Sofort nicke ich und er führt mich weg. Als ich an Dom Pedro vorbeikomme, drehe ich mich zu ihm und rufe ihm zu: "Ich werde singen!"

Wer nach den Sternen greift.... (zensierte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt