#174 Marco, Mirko & Tom: Resilienz

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Marco

"Sie können jetzt zu ihm" höre ich eine Stimme und schrecke hoch.
"Wer... was...?" stammele ich.
"Ihr Verlobter. Sie können jetzt zu ihm". Eine Krankenschwester steht vor mir und blickt mich aufmunternd an.
Siedenheiß fällt es mir ein: Krankenhaus... Tom!
"Wo ist er?" will ich wissen.
"Folgen Sie mir bitte!" erwidert sie.
Sie führt mich in ein Patientenzimmer. Es enthält nur ein Krankenhausbett und in diesem liegt Tom.
"Er ist noch nicht wach, aber wir dachten, Sie wollen vielleicht da sein wenn er aufwacht..." spricht sie.
"Ein Einbettzimmer?" frage ich völlig perplex.
"Nachdem was... was ihm wohl widerfahren ist", erklärt sie, "findet der Doktor es zu riskant ihn unter fremden Leuten..."
"Ich verstehe, Dankeschön, sehr aufmerksam" erwidere ich.
Dann geht sie und ich stelle mir einen Stuhl neben das Bett und setze mich zu Tom.
Er liegt da mit geschlossenen Augen und atmet ganz ruhig. Eigentlich ein friedlicher Anblick, wäre da nicht seine aufgeplatzte Oberlippe, das verkrustete Blut in seinen Haaren, die Zugänge in seinen Unterarmen und die Schläuche die in diese führen, die Maschinen an denen diese Schläuche hängen, welche leise aber penetrant piepsen.
"Oh Tom, was haben die nur mit dir gemacht?" flüstere ich.
"Wieso konnte das passieren?" frage ich ihn und ich weiß die Antwort längst. Weil er Niemandem zur Last fallen will, weil er nicht um Hilfe bittet - nur wenn er nicht mehr weiter weiß...
Aber ich habe es gewusst, ich habe meine Augen davor verschlossen. Wie kann ich ihm versichern, dass ich ihn liebe und zulassen das so etwas passiert?
"Es tut mir so leid, ich habe versagt, ich schaffe es nicht auf dich aufzupassen..." wispere ich.
So sitze ich an seinem Bett, halte seine Hand in meiner und warte darauf, dass er wiederkommt.

.

Mirko

Nachdem ich alles von den Spuren der Nacht befreit hatte, war ich so müde, dass ich einfach auf Toms Sofa eingeschlafen bin.
Erst gegen sieben Uhr in der Früh hat Lucas mich aus dem Schlaf geklingelt.
Er war nach seiner Schicht sofort hergekommen.

So kommt es, dass ich nun noch vor Sonnenaufgang hier sitze und versuche mit ganz viel Koffein wacher zu werden.
"Du weißt in welches Krankenhaus Tom gebracht wurde?" frage ich meinen Freund der sich gerade mit ganz viel Koffein bemüht wach zu bleiben.
"Zentralkrankenhaus, ich habe ihn da hingefahren" erwidert er.
"Ab wann kann man da zu Besuch?" will ich wissen.
"Ab Neun meine ich" kommt es von Lucas.
"Dann lass uns noch pennen und dann dahin..."

.

Marco

Fast wäre ich selbst wieder weggedöst, da merke ich, dass Tom wach wird.
Genaugenommen wimmert er leise bevor er richtig da ist und schreckt mich damit auf.
Er öffnet seine Augen und kurz flackert Panik in ihnen auf, als sich dann jedoch unsere Blicke treffen und er mich erkennt, verlischt sie wieder.
Tatsächlich versucht er zu lächeln, bricht es aber mit einem schmerzlichen Keuchen ab.
"Marco..." haucht er und es klingt als würde er sich freuen mich zu sehen.
Dann versucht er sich zu bewegen, jedoch scheint das mit Schmerzen verbunden sein, denn sein Gesicht verzerrt sich zu einer Grimasse und er gibt ein gequältes Geräusch von sich, ähnlich wie ein kleiner Hund den man aus Versehen getreten hat.
Sofort springe ich auf und trete an sein Bett: "Nicht Tom, du tust dir weh..."
Dann drücke ich den Alarmknopf.
Alsbald eilt eine Pflegekraft herbei.
"Er hat Schmerzen" sage ich ihr.
"Haben wir Schmerzen?" wendet sie sich an Tom. Sein klägliches "Ja" als Antwort überzeugt auch sie. Mit den Worten "Das haben wir gleich!" entfernt sich sich nur um bald darauf mit einem Infusionsbeutel aufzutauchen, den sie dann an Toms Zugang anschließt und langsam in ihn hineintropfen lässt.
"Wird gleich besser!" versichert sie ihm und Tom ist tatsächlich höflicher genug ein "Danke" zu hauchen.
Allerdings scheint das Mittel wirklich gut zu wirken, denn Toms Mimik entspannt sich zunehmend, seine Pupillen allerdings erinnern zunehmend an ein Kätzchen auf Speed.
"Wie bin ich hierher..." fragt er.
"Mit dem Rettungswagen, Lucas hat ihn gefahren!" erzähle ich ihm.
"Warum...." hebt er an, muss dann aber husten.
Mit belegter Stimme fange ich an zu erklären: "Du wurdest irgendwo hmm... wie soll ich dir das sagen..."
Er unterbricht mich: "Ich weiß was passiert ist. Wer hat mich gefunden?"
"Ich" erwidere ich, "ich und Mirko!"
"Ihr habt meine Nachricht bekommen?" nuschelt er.
"Haben wir..." bestätige ich.
Dann knurrt mein Magen.
"Hol dir was zu essen!" mahnt er sofort und als ich nicht gleich losziehe raunt er: "Ich kann jetzt echt nicht brauchen, dass du schlapp machst!"
Also füge ich mich und ziehe los für einen Kaffee und Frühstück.

Wer nach den Sternen greift.... (zensierte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt