Wer nach den Sternen greift.... (zensierte Version)

#147 Tom & Mirko: Verraten

Tom

Spät in der Nacht auf Samstag kommt Mirko noch zu mir um das Auto zurückzubringen.
Eigentlich hätte er das bis zum Mittag haben können, aber als er klingelt um mir den Schlüssel zu geben, weiß ich sofort, dass das noch etwas mehr dahinter stecken muss.
Da ich ohnehin noch wach bin, bitte ich ihn doch hochzukommen.

Zu meiner Überraschung erscheint er mit nacktem Oberkörper.
"Hast du dein Shirt verloren" kalauer ich. Aber als er mich anschaut und nur schief grinst, ist mir klar, irgendetwas ist passiert.
Ohne Worte reiche ich ihm ein T-Shirt von mir, welches er sich überzieht.
"Setz' dich!" bitte ich ihn und bin ganz höflicher Gastgeber: "Etwas zu trinken?"
"Alkohol?" seufzt er nur.
In der Küche krame ich den Cognac hervor und schenke ihm ein Glas ein, welches ich ihm dann serviere.
Er nimmt einen sehr großen Schluck.

"Was ist passiert?" frage ich als er das Glas wieder abgesetzt hat.
"Sebi, das ist passiert!" seufzt er.
Sofort bin ich alarmiert: "Was hat er gemacht?"
"Seine Eltern.... Sie werfen ihn raus!" berichtet Mirko.
"Wegen Tobias?" frage ich sofort.
"Auch das. Sie haben die Narben auf meinem Rücken gesehen und Sebi war... ...uneinsichtig, freundlich ausgedrückt" erzählt er.
"Oh, das ist also richtig eskaliert mit Tobias' Coming Out?" meine ich.
"Richtig richtig!" bestätigt Mirko, "er kann zu einem Onkel ziehen oder er sucht sich selbst eine eigene Bleibe..."
"Das hat ihm sicher nicht gefallen..." räsoniere ich.
"Er war außer sich" schildert Mirko, "und er hat mir die Schuld gegeben. Ich hätte sein Leben zerstört und ihm seinen Bruder weggenommen!"
"Das hat er gesagt?" hake ich nach.
"Eher gebrüllt" beschreibt Mirko, "aber dann hat er angefangen zu weinen und mir vorgeworfen, ich hätte ihm seinen besten Freund weggenommen!"
"Lass' mich raten, das hat dich mehr getroffen als alle die ganzen anderen Vorwürfe und die Schläge damals?" Ich bemühe mich einfühlsam zu klingen während ich diese Vermutung äußere.
Leise spricht Mirko als er nach einer mir unendlich wirkenden Zeit der Stille erwidert: "Er hat doch zwölf Jahre einfach weggeworfen..."
Tröstend nehme ich ihn in meinen Arm: "Er hat auch die Beziehung zu seinem Bruder einfach weggeworfen. Und er zerstört die Leben anderer wenn man ihn lässt, da darf man keine Rücksicht darauf nehmen, dass er die Grenzen die man ihm setzen muss als Zerstörung seines eigenen Lebens versteht!"
"Ich weiß" bestätigt Mirko, "ich habe es ihnen gesagt, aber trotzdem fühle ich mich als hätte ich jemanden verraten..."
"Was hast du ihnen gesagt?" frage ich nach.
"Dass er wollte, dass ich mich umbringe" erklärt er und seine Stimme dabei ist dünn und gepresst.

"Nicht du hast ihn verraten. Er hat dich verraten. Dich und eure Freundschaft!" entgegne ich, "wer weiß was er mit seinem Bruder gemacht hätte!"
"Das hab' ich auch gedacht, deswegen hab' ich's ja dann auch gesagt!" Mirko ist erleichtert, dass ich das so sehe wie er.

Endgültig das Glas Cognac leerend sorgt sich Mirko dann aber: "Ich hab ehrlich Bammel, dass der bei einem seiner Assi-Freunde unterkommt und dann mir und vor allem Tobias das Leben zur Hölle macht!"
"Dann hilft nur Polizei und Anzeigen, Anzeigen und nochmals Anzeigen!" lege ich meine Haltung dazu dar.
"Auch das was er dir angetan hat ist noch nicht verjährt, wir müssen also nicht warten, bis er erst Tobias oder dir was neues antut um ihm einen Schuss vor den Bug zu setzen!" erkläre ich.
"Lass' uns nichts überstürzen ja?" bittet mich Mirko daraufhin.
"Habe ich auch nicht vor!" versichere ich ihm.

Als er erneut am leeren Glas nippt frage ich ihn: "Mehr Alkohol?"
"Das ist auch keine Lösung" erwidert er, "ist auch mehr so'ne Übersprungshandlung..."
"Was kann ich machen, dass es dir besser geht?" erkundige ich mich.
Er schüttelt den Kopf und meint dann: "Ist das nicht eine Frage, die ich dir stellen sollte und nicht umgekehrt?"
"Nur das bei mit die Antwort 'Nichts' schon vorher feststeht..." entgegne ich und spüre wie alleine die Erinnerung daran, warum er das so sieht, mir mein Herz zusammenschnürt.
"Ach ich weiß auch nicht..." seufzt er.