Tom
Zwei Wochen später hatten wir meine Mutter und meinen kleinen Bruder zum Essen zu uns, also zu Jérôme nach Hause eingeladen.
Was soll ich sagen, es lief über alle Maße gut.
Meine Mutter war angetan von diesem gebildeten, kultivierten Mann und mein Bruder möchte jetzt Medizin studieren.Außerdem, Jérôme kann gut kochen, ich kann gut kochen und zusammen können wir das auch gut.
Ja, es war ein rundum gelungener Abend.Etwas weniger mit Stolz und Freude erfüllt mich die Tatsache, dass wir das mit der Salbe tatsächlich durchgezogen habe.
Sicherlich, der Amtsarzt hat mich krank geschrieben, dafür sitze ich jetzt hier mit einer bandagierten rechten Hand in meiner Wohnung und warte auf Mirko und Luca, die mich abholen wollen um mit mir essen zu gehen.Ein wenig schäme ich mich, denn während Mirko sich durch sein Abitur gekämpft hat und wohl auch bestanden hat, war ich nicht für ihn da und habe mich zurückgezogen und im wahrsten Sinne des Wortes unter meiner Bettdecke verkrümelt.
Ich hoffe nur, dass er mir das verzeihen kann..
Mirko"Sei nicht so aufgeregt" mahnt Lucas mich, "er hat sich zurückgezogen – was man ja auch gut verstehen kann – er wird dir keinen Vorwurf machen, dass du dich auf dein Abitur konzentriert hast."
"Als das fertig war, habe ich mich aber auch nicht bei ihm gemeldet..." wende ich ein.
"Wir haben versucht ihn an seinem. Geburtstag zu besuchen, aber er war nicht da und ging auch nicht ans Telefon" entgegnete Lucas, "wirklich Mirko, du musst dir keine Vorwürfe machen!"
Er hat ja Recht, aber ich mache mir halt trotzdem welche!"Jetzt lächel' halt mal" merkt Lucas an während er sein neues Auto - einen gebrauchten SEAT Cordoba - vor Toms Haustür einparkt.
Ich laufe zur Haustür und klingele, dann höre ich Toms Stimme in der Gegensprechanlage: "Ich komme runter..."
Kurz darauf steht er vor mir und als unsere Blicke sich kreuzen sehe ich in seinem das schlechte Gewissen und das Schuldbewusstsein.
"Hi Mirko" sagt er vorsichtig, fast schüchtern. Dann reiße ich ihn in meine Arme, drücke ihn fest und sage "Tom, schön dich zu sehen. Ich habe dich vermisst...."
Erst dann fällt mein Blick auf seine bandagierte Hand: "Was ist dir passiert?"
"Falsche Hautcreme, Kontaktallergie" murmelt er nur.
"Wer hat dir das so gut verbunden?" bin ich neugierig.
"Jérôme" erwidert er und obwohl er sich bemüht es beiläufig klingen zu lassen wird er ein wenig rot dabei.
"Jérôme also...." wiederhole ich den Namen und Lucas der uns entgegenkommt meint verwirrt: "Welcher Jérôme denn?"
"Ich denke von dem wird Tom uns später noch erzählen" erwidere ich mit einem leisen Lächeln.
Tom wirkt etwas überrumpelt, begrüßt dann aber erst einmal Lucas..
TomAlso wenn ich Mirkos Blicke richtig deute, dann hat der mindestens ein ebenso schlechtes Gewissen weil er sich nicht gemeldet hat, wie ich es ihm gegenüber.
Einerseits macht mich das noch mehr betroffen, andererseits fühle ich mich trotzdem erleichtert.
Paradox irgendwie, aber was ist bei mir auch schon normal?
"Wohin entführt ihr mich denn?" erkundige ich mich kaum, dass ich hinten in Lucas Wagen Platz genommen habe.
"Lass' dich überraschen!" erwidert der natürlich.
"Wir haben im 'The Lobby' reserviert" kommt es allerdings von seinem Freund.
"Oh, oha..." erwidere ich, denn 'The Lobby' zählt jetzt nicht gerade zu den günstigen Restaurants unserer Stadt.Als wir dann endlich an unserem Tisch sitzen und gewählt haben obsiegt bei mir die Neugierde und leicht ungeduldig frage ich: "So, nun erzählt mal, wie ist es euch ergangen, was sind eure Pläne?"
Mirko und Lucas tauschen einen bedeutungsschweren Blick, dann lässt Mirko die Bombe platzen: "Wir ziehen nach Berlin!" und Lucas ergänzt: "Zusammen!"
"Und was macht ihr da?" hake ich nach.
"Wir studieren Informatik!" freut sich Mirko, woraufhinLucas sagt: "Mirko an der Humboldtuniversität" und Mirko ergänzt: "Und Lucas an der Freien Universität."
"Oh" kurz bin ich verwirrt, "also ihr studiert dasselbe, in derselben Stadt, aber an unterschiedlichen Unis?"
"Ja richtig" bestätigt Lucas und Mirko meint: "Für die FU war ich nicht gut genug im Abi.."
"Musst du nicht noch Zivildienst?" frage ich Mirko, der aber lacht: "Ich hab bei der Musterung so rumgeschwuchtelt und über alle möglichen Drogen erzählt, dass ich T5 bekommen habe..."
"Nur weil du drüber erzählt hast?" hake ich skeptisch nach.
Lucas lacht auf und meint dann: "Er hat die Nacht vorher sich noch eine Ecstasy reingepfiffen, mich fast zu Tode gevögelt und dann halb Holland weggekifft..."
"Das klingt plausibel" muss ich zugeben und Mirko wirft ein: "Fast hätte ich denen da auf die Matte gekotzt. Never ever again, sach' ich euch!""Und, habt ihr schon eine Wohnung da?" frage ich.
"Ja, zum 15. September Nähe Heidelberger Platz" berichtet Mirko und Lucas ergänzt: "Von da aus bin ich mit der U-Bahn schnell in der FU und Mirko kommt mit der S-Bahn auch zur HU, dauert nur bisschen länger..."
"Das könnt ihr euch leisten?" wundere ich mich und Lucas antwortet grinsend: "Wir nicht, aber meine Eltern. Mirko zahlt nur soviel wie er kann..."
"Wenn das nicht Liebe ist" muss ich nun schmunzeln.
"Was soll es denn sonst sein?" wirft Mirko ein und Lucas bekommt ganz rote Wangen.
"Gott, ihr seid so süss, das ist echt Diabetesgefahr" spöttele ich während sie verlegen kichern..
MirkoTrotz seiner leicht spöttelnden Art weiß ich, dass Tom sich für uns freut.
Dennoch, es ist Zeit den Spieß umzudrehen und so kontere ich seinen Diabetesspruch mit: "So, jetzt bist du dran. Wer ist Jérôme?"
Tom wird leicht rot und versucht Zeit zu gewinnen: "Jérôme? Wie kommt ihr auf den jetzt?"
Und er hat zunächst sogar Glück, denn unser Essen wird serviert und unterbricht somit meine Befragung.Aber natürlich lasse ich nicht locker und kaum, dass jeder sein Essen vor sich hat, setze ich nach: "Also.... Jérôme?"
Tom sagt erst nichts, dann plötzlich schaut er hoch und meint: "Er ist mein Freund... denke ich."
"Wie denkst du?" ist Lucas verwirrt.
"Er liebt mich, er tut mir gut und er passt auf mich auf" erklärt Tom weiter.
"Liebst du ihn?" frage ich und gleichzeitig will mein Freund wissen: "Wie alt ist der denn?"
"Er wurde gerade 42 im August" geht Tom auf Lucas' Frage ein, ignoriert aber meine.
"Was ist er von Beruf?" fragt der auch gleich weiter.
"Er ist Oberarzt in einer Klinik" berichtet Tom.
"Sieht er gut aus, toll im Bett?" startet Lucas nun richtig durch mit seiner Inquisition.
"Haben gutaussehende Hengste mir bisher Glück gebracht?" erwidert Tom darauf nur lakonisch.
"Liebst du ihn?" wiederhole ich meine Frage nochmals.
"Ja, irgendwie schon" erwidert er nun.
Wir schauen uns an, keiner sagt mehr etwas bis ich die Stille breche und "Wird das jetzt dein goldener Käfig, Tom?" in den Raum stelle.
Aber obwohl das provokant war, reagiert er ganz gelassen und entgegnet mir mit einem schwermütigen Lächeln: "Ein Käfig sperrt nicht nur ein, er sperrt auch aus...."
"Aber es ist imnernoch ein Käfig" begehrt Lucas auf.
"Tiere in Gefangenschaft leben viel gesünder und viel länger als in der vermeintlichen Freiheit der Natur" erwidert Tom, "schon mal überlegt warum das so ist?"
"Weil jemand auf die aufpasst" sage ich ohne darüber nachzudenken.
"Weil jemand ihnen regelmäßig zu essen gibt" wirft Lucas ein.
"Weil sie sichere feste Unterkünfte haben und ärztliche Betreuung" ergänze ich.
"Seht ihr" lächelt Tom wissend, "so toll ist das mit der Freiheit garnicht...""Du willst doch nicht sagen, dass du jemanden liebst, weil er auf dich aufpasst, dir ein warmes Zuhause bereitet und auf dein Wohlbefinden achtet?" verwundert sich Lucas nun, "wo ist der energiegeladene, zuversichtliche, sexsüchtige und quirlige Tom geblieben?"
"Der?" entgegnet Tom bitter, "der ist Stück für Stück mit seinen Freunden gestorben..."
"Oh Tom...." seufze ich und er lächelte mich an und meint: "Das wilde Kitten ist nun ein Stubentiger dem der Platz am Kamin reicht..."
Dann sieht er unsere Gesichter: "Jungs jetzt guckt doch nicht so, ich werde doch nicht sterben..."
Nein, aber ein Teil von dir ist wirklich mit João und Marco gestorben denke ich, spreche das aber nicht aus."Du hast dich verändert..." merkt Lucas an.
"Aber nicht so sehr, als dass ich euch in Berlin nicht regelmäßig heimsuchen werde. Ihr habt eine Wohnung in Berlin, bereitet euch darauf vor dass ich da vorbeikommen werde!" lacht er schelmisch.
"Da isser ja unser alter Tom" grinse ich.
"Was dachtest du" kichert er durchtrieben, "ein Papagei wird ja nicht plötzlich zum Zaunfink nur weil er einen Käfig bezieht..."
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Wer nach den Sternen greift.... (zensierte Version)
RomantikDAS IST DIE ZENSIERTE, AN DIE RICHTLINIEN ANGEPASSTE VERSION, D.H. EINIGE KAPITEL FEHLEN, bzw. Teile einiger Kapitel (die unzensierte Version überarbeitete Version gibt es auf Storyban) Nach einem schweren Schicksalschlag beschliesst Tom keinerlei...