Hide & Seek
Amber RunDarcy
Verstohlen beobachtete ich Lancelot und seinen „Nachbarn" über den Rand meiner Eiscreme-Schale hinweg an. Dean war groß, ich schätzte sogar größer als Sam, was beachtlich war. Er hatte ein steinernes Gesicht und schwarze Haaren. Schön anzusehen, aber das hieß noch gar nichts. Nicht wirklich Lancelots Typ. Ich löffelte eine große Portion Eis zwischen meine Wangen und legte musternd den Kopf schief. Obwohl ... ich war mir gar nicht sicher, was Lancelots Typ überhaupt war. Ich stellte mein Eis auf den Couch Tisch zischen uns. Aber ich würde es heraus finden.
Dean Jong, der mir auf der Couch gegenüber saß, begegnete meinem Blick. Unentwegt starrte ich an, durchlöcherte ihn praktisch. Er wandte den Blick nicht ab. Hm. Er hat allein schon dafür, dass er eine Waffe auf mich gerichtet hatte, ein paar Minus Punkte gesammelt, aber das konnte er noch ausbügeln. Ich sah zu Lance, der genüßlich sein Eis löffelte, als würde er nichts von unseren Wettstarren mit bekommen. »So,« ich lehnte mich zurück, verschränkte meine Finger. »Ihr seid also... Freunde?«
Das kam mir alles sehr bekannt vor.
Lance stocherte in seinem Eis, »Jap. Ich und Deanypeany hier sind Besties. Best Friends Forever and Ever.« Ich und Dean verdrehten gleichzeitig die Augen und brachten ihn damit zu lachen. Skeptisch sah ich zwischen den beiden hin und her. Wann war das denn überhaupt passiert? Ich hatte nur knapp 2 Monate gebraucht, um Dad so weit zu beruhigen, damit er seinem wachsamen Auge mal eine Auszeit gönnte, mich wieder hinaus in die Welt ließ. Das waren was? Knapp 60 Tage? Ich hatte Lancelot noch nie in meinem Leben mit einem Freund gesehen. Ich wusste nicht, ob jemand wie er überhaupt so etwas hatte. Er hatte Bekanntschaften, ja, an so ziemlich jeder Straßenecke schien er jemanden mit Namen ansprechen zu können! Aber das?
Zudem schien das Konzept auch irgendwie nicht zu ihm zu passen. Schrecklich banal für jemanden wie ihn. Lancelot war mehr wie ein Erlebnis. Etwas, das einfach geschah und einen mitriss. Aber... Ein Typ in seiner Wohnung? Jemand den er mir vorstellte? Verdächtig. Das war für ihn so viel wie ein Heiratsantrag. Seufzend, als hätte er meine Gedanken gelesen, stellte er ebenfalls sein Eis auf den Tisch, »Du und Percy sind nicht die einzigen die mich aushalten, Teufelchen.« Ich hob die Augenbrauen, widmete mich wieder Deanypeany, »Tust du das? Hälst du ihn aus?«
Er schmunzelte, »Gerade so.« Lance erhob sich rekelnd von der Couch, streckte sich ausgiebig wie eine Katze, »Unser Dean hier,« er klopfte ihm auf die Schulter, »ist ein Veteran. Er kommt mit Extremsituationen klar. Mich als Nachbarn zu haben, ist sowas wie Luxus wie ihn.«
»So weit würde ich nicht gehen.«
»Hör nicht auf ihn, er findet mich toll.«, raunte Lance und schlenderte in die Küche. Ich erhaschte einen Blick auf Deans Lächeln, bevor er es hinter einem Seufzer verbarg. »Ich hol mir ein Wasser, will jemand von euch was aus der Küche?«Nach unser Bestellung, verschwand er in einem anderen Raum und ich ergriff meine Chance mit ihm allein. Energisch lehnte ich mich zu Dean vor: »Hast du Kinder?« Verwirrt tat er es mir gleich, »Nicht, dass ich wüsste.«
»Dann finde es besser heraus. Geschlechtskrankheiten?«
»Was-?«
»Beantworte einfach die Frage!«, forderte ich. Perplex blinzelte er, »Nein?«
»Probelme mit Geld, Drogen oder dem Gesetz?«
»Nein.« entgegnete er. Ich nickte. Das war Gut. Sehr gut. »Okay, und was ist-«
»Eine Limo für Darcy.«, säuselte Lance, als er aus der Küche kam. Sofort lehnte ich mich zurück, tat so, als hätte ich mich kein Stück bewegt. Lancleot ließ sich wieder auf die Couch neben Dean plumpsen, sah uns fragend an. »Hab ich was verpasst?«»Absolut gar nichts.«, säuselte ich.
•••
»Ah,« schreckte ich auf. »Beinahe hätte ich es vergessen!« Es war bereits spät in der Nacht und wir hatten so wie immer ein Lager auf Lancleots überaus teurem Teppich auf geschlagen. Er hatte mich ausgefragt, über alles, was die letzten Wochen los war und ich fühlte mich wieder wie damals, als ich noch klein war und er auf mich aufgepasst hat, während meine Eltern auf Dates gingen. Nur diesmal, waren wir zu dritt.
Ächzend erhob ich mich und schnappte mir meine Tasche, die ich bei dem Schock in der Küche hatte stehen lassen. Mit einem geheimnisvollen Grinsen, setzte ich mich wieder zu den anderen: »Ich weiß, es war letzten Monat aber...« Ich zog das verpackte Geschenk hervor, dass nun bereits seit Wochen auf meinem Schrank verstaubte. Lancelots Augen weiteten sich, während Dean eine Spur bleicher wurde, »Du ... du hattest Geburtstag?« Lance nahm eine Spur sprachlos das Geschenk entgegen, weswegen ich für ihn antwortete, »Nein, er feiert seinen eigentlichen Geburtstag nicht. Das hier ist für seinen Nicht-Geburtstag.«
»Nicht ... Geburtstag?«, fragte er verwirrt und es dämmerte mir. Er hatte es Dean nicht erzählt. Natürlich nicht.Unruhig sah ich zu Lance, der jedoch gar nicht zuzuhören schien, viel zu sehr damit beschäftigt war, das Packet auszupacken. Er schien jedoch nicht so, als würde es ihn stören, deswegen... »Es ist der Tag, an dem er gestorben ist?« Deans Mimik verriet mir, dass er absolut keine Ahnung hatte von was ich redete. »Du weißt, doch sicherlich von Lancelots Dr-« Stürmisch fiel mir Onkel Lance in die Arme, zerquetschte mich fast in seiner Euphorie. »Danke, Darcy!«
Lächelnd klopfte ich ihm auf den Rücken, »Ich dachte mir, weil du dich immer beschwerst, da sie wegen dem Chlor immer ruiniert werden und-«
»Sie sind brillant! Ich probiere sie gleich an!« Ich hatte ihm lediglich ein Set Pyjamas Geschenkt, nichts außergewöhnliches, doch er sprang auf die Beine, als hätte ich seinen Herzenswunsch erfüllt. Ich wusste auch beim besten Willen nicht, wieso er ständig im Schlafanzug baden ging, aber ich hinter fragte es nicht. Schließlich war es Lancelot.Er verschwand mit dem Parket in seinem Zimmer und ließ unser wieder allein. Diesmal schien Dean derjenige mit den Fragen zu sein. »Was meintest du vorhin?«, raunte er sein Gesicht, auf einmal gar nicht mehr so kalt. »Du meinst seine Überdosis? Wusstest du nichts von seiner Abhängigkeit?« Dean nickte vehement, »Ich wusste von den Drogen.« Natürlich. Ich war mir sicher, es gab selbst nach all der Zeit noch Schlagzeilen von damals zu finden. Dean fuhr sich sichtlich erschüttert durch die Haare, »Aber ich wusste nichts von seinem-«
»Tod?«, seufzte ich. Vielleicht hätte ich nichts sagen sollen. »Ja,« raunte ich mit trockenem Mund. »Meine Familie ... Sie reden nicht drüber. Über ... Lancelots Vergangenheit.«Ich war damals sechs Jahre alt gewesen, hatte kaum Erinnerungen an die Zeit. Doch ich konnte mich noch an die Stimmung erinnern, die in dieser Zeit über der Familie zu hängen schien. »Es war ein riesen Drama.« erzählte ich, als ich entschied das Dean vertrauenswürdig genug war. »Anscheinend wussten meine Großeltern bereits, dass er Probleme hatte. Aber erst bei seiner Überdosis ...« Ich musste tief Luft holen. Lancelot redete nicht darüber. Doch er machte auch kein Geheimnis daraus. Dennoch fühlte es sich übergriffig an, seine Geschichte zu erzählen. Doch ich wollte, dass jemand in seiner Nähe war, der es wusste. Alles wusste. Vielleicht würde es Lance helfen.
Ich rutschte ein Stück näher an Dean, »Wusstest du, dass er früher getanzt hat?«
»Lancelot?«, fragte er überrascht und ein stolzes Grinsen entkam mir. Nur wenige wussten, dass mein Onkel einer der Gründe war, warum ich ebenfalls das Tanzen angefangen hatte. »Er war sogar ziemlich gut. War einer der jüngsten Tänzer im royalen Ballet.« Als ich neun war, hatte ich mal eine ganze Nacht damit verbracht, jeden Artikel über das Naturtalent Lancelot Moreau zu lesen und hatte jedes einzelne Bild und Video ausfindig gemacht. Nicht nur Ballet, sondern auch Modern Dance, Contemporary, HipHop- Lance kam es nicht auf die Gattung an, sondern auf das tanzen an sich. Aber beim Ballet ... Ja, beim Ballet war er wahrlich grandios gewesen. Er hätte Weltberühmt werden können, doch dann- »Er brach bei einem Auftritt zusammen. Er ... starb Mitten auf der Bühne.«Ich war nicht dort gewesen. Hatte die Nacht bei einer Babysitterin verbracht. Aber Dad... Dad hatte zugesehen, wie sein kleiner Bruder vor der ganzen Welt starb. Mein Vater redete nicht über diese Nacht. »Sie haben ihn noch vor Ort wiederbelebt.«, fuhr ich schwer ausatmend fort und spähte zu Dean. Er war nach hinten gegen die Couch gesackt, fast schon wie eine leblose Puppe. »Er war lange in Reha.« versichere ich schnell. Es war ein ständiger Wechsel - teilweise verschwand er für Monate auch einfach spurlos. Eine zeitlang dachten wir er wäre endgültig ... verschwunden. Doch er bekam es in den Griff. Er überlebte. »Wie alt war er?«, raunte Dean kratzig und sah zu mir auf. »Als er starb?«
»Sechzehn.«, erklang es von der Tür. Ich und Dean sahen gleichzeitig zu ihm empor. Lancelot lehnte im Türrahmen, trug den seidig blauen Schlafanzug, den ich ihm geschenkt hatte.
»Ich war sechzehn.«
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Not your Friend! [BxB]
Romance[Teil 2 der Not-Your-Reihe] Die Welt weiß über Lancelot Moreau nicht viel mehr, als seinen Nachnamen und die Fehler, die er begangen hat. Im Schatten seiner Brüder und hinter dem Reichtum seiner Eltern verborgen, scheint er einzig die Rolle der Entt...