Wide Awake
Katy PerryLancelot
Ich ging oft Gespräche noch mal durch. Die Worte, die gesagt wurden. Erst wenn ich jeden Satz drei mal in meinem Kopf analysiert hatte, konnte ich ihn irgendwann wieder loslassen. Doch in dieser Nacht schien mir jedes einzelne Wort, welches jemals meine Lippen verlassen hatte, falsch zu erscheinen. Ich war sauer auf Gwaine. Verdammt ich war es immer noch, doch die Dinge die ich zu ihm gesagt hatte...
Stöhnend rollte ich mich auf die andere Seite, blinzelte in die Dunkelheit meines Bettes. Der Schlaf verspottete mich wie eine abgeschlossene Tür, an der ich wie so oft verzweifelt zerrte. Ich richtete mich auf, fuhr mir über die Beine, bevor ich beschloss, dass ich nicht in diesem Raum bleiben konnte. Ich hievte mich nach oben, setzte mich in meinen Rollstuhl. Die Rollen knarzten über den Holzboden.
Ich öffnete die Tür, war gerade dabei den dunklen Flur zu betreten, als ich abrupt inne hielt. Beinahe wäre ich über die Füße einer dunklen Silhouette gerollt. Jemand saß vor meinem Zimmer. Genauer gesagt auf dem Fußboden vor meinem Zimmer. Ich musste drei mal in die Nacht blinzeln, um die Züge zu erkennen, die der Gestalt gehörten.
Dean nahm fast den halben Gang ein, wie er dort so mit ausgestreckten Beinen saß. Seine Arme waren verschränkt und sein Kopf war zur Seite gekippt, was mich zu der Frage brachte, wie lange er schon so dort saß und zu einer viel wichtigeren: Warum? Ich rollte vorsichtig ein Stück vorwärts und schien ihn damit zu wecken. Sein Kopf schoss zu mir nach oben, was mir versicherte, dass der Schlaf den er da unten am Boden gefunden hatte, nicht gerade tief gewesen sein musste, »Dean?«
Er schien ein paar Sekunden zu brauchen um sich daran zu erinnern, wo er war, als sein Blick meinen fand, »Hey.« Verschlafen rieb er sich über das Kinn, »Wieso bist du wach?«
»Wieso sitzt du vor meiner Tür?«, fragte ich ihn im Gegenzug. Er atmete tief ein und ich wusste die Antwort bereits. Denn ob ich es wollte oder nicht, hatte ich Dean Jeong im letzten Jahr durchgehend studiert. Ich wusste was er tat. Und warum er es tat. »Ich wollte nur nach sehen... sichergehen, dass...« Der Unfall ließ ihn noch nicht los. Keinen von uns.Ich biss die Zähne zusammen, schluckte das Mitgefühl hinunter, dass mir auf der Zunge lag. Ich wollte nicht, dass er vor meinem Zimmer kauerte. Dass er sich sorgen um mich machte. Das fühlte sich nach allem was passiert war, furchtbar hohl an. »Kannst du nicht schlafen?« raunte er mit dem Kratzen einer verschlafenen Stimme. Ich schluckte schwer, »Nein.« Nicht mal meinen Albträumen konnte ich entkommen, ohne zwei Schritte weiter auf einen weiteren zu stoßen. »Du solltest ins Bett gehen, Dean. Es bringt uns beiden nichts, wenn du deine Nacht auf einem Fußboden verbringst.« Ich wollte zurück gehen. Davon laufen wie immer. Deans Blick durchbohrte mich selbst durch den schummrigen Gang hinweg. »Ich mache nur meinen Job.« Ja. Ich biss mir auf die Zunge. Darin war er schon immer außerordentlich gut. Ich wünschte, er wäre nur einmal in seinem Leben ein Versager.
Trotzig drehte ich mich zu ihm um, »Und das wäre? Schäfchen zählen?« Sein Blick sprach Bände und dennoch musste er seinen verdammten Mund öffnen, »Dich beschützen.« Ich blinzelte, »Vor was? Den Monstern in meinem Schrank?« Ein Kehliger, abfälliger Laut entkam mir. »Ich bezweifle, dass das Percy in den Arbeitsvertrag gepackt hat.« Er lehnte sich nach vorne und ich drückte mich instinktiv in die Lehne des Stuhls.
»Lottie.«
»Geh ins Bett, Dean.« ich versuchte Gwaines strengen, autoritären Ton zu imitieren, klang im Endeffekt doch eher wie ein verzweifeltes Kind. »Und wenn nicht?« Seit wann war Dean so grundlegend unverschämt geworden? Seit ich aus dem Krankenhaus raus war, schien es, als würde er mich durchgehend provozieren wollen. Doch ich war zu müde dafür. Ich sah zu ihm und zu der unbequemen Position in der er verweilte hinab, »Dann ist es nicht, mein Problem, wenn dein Rücken dich morgen umbringt.« Trocken lachte er auf, »Hab' schon schlimmeres überlebt.«
Ich schüttelte den Kopf, verstand einfach nicht. Wieso konnte er es nicht gut sein lassen? War das angeknackste Ego eines Soldaten? Schuld, da ich unter seiner Aufsicht verletzt wurde, die ihn zu solchen Längen trieb? Es war grausam. »Dean, bitte. Geh... Geh einfach ins Bett.« Er sah mich an. Seine schwarzen Haare hingen in seiner Stirn. Er trug immer noch seine Klamotten vom Tag. Seine Augen waren durchzogen von Erschöpfung. Ergeben senkte ich meinen Kopf, wusste was er hören wollte, musste: »Mir gehts gut. Wie du siehst.« Das tat es wirklich. Irgendwie. Auf eine Art und Weise.
Dean lehnte sich nach vorne, stützte seine Arme auf seine Knie, sah aus wie ein Kind im Sommercamp, dass gleich die Gruselgeschichten auspacken würde, »Warum kannst du nicht schlafen?« Ich schnaubte abfällig, »Als ob ich dir das erzählen würde!«
»Wieso nicht?« Weil ich ihm nicht mehr vertrauen konnte. Weil ich nicht sicher sein konnte, dass es nur unter uns blieb. Weil er nicht wirklich mein Freund war.Doch würde ich ihm das sagen, würde er die ganze Nacht vor meinem Zimmer sitzen wie ein verstoßener Hund. Müde rieb ich mir über die Stirn, sah den Gang entlang. Ich wollte niemanden wecken, aber das Haus war groß genug, so dass die Zimmer der anderen in weit benötigter Entfernung lagen. »Denkst du,« setzte ich ergeben an, »dass ich zu harsch zu ihm war?« Seine Augen verengten sich, »Zu Gwaine?« Ich nickte, »Du hast schließlich mitbekommen was ich zu ihm gesagt habe, deswegen-«
»Du wusstest, dass ich da war?« Dass er während meinem Gespräch mit meinem Bruder vor der Tür stand, wie der Wachmann der er schlussendlich war? Natürlich hatte ich es gewusst. Ich kannte den Klang seiner Schritte, wie das Holz unter ihm nachgab. Konnte seine Blicke spüren, wie Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Es war als wüsste ich wie das Haus sich um ihn herum verhielt. Aber das würde ich ihm nicht sagen. Nicht mehr.Meine Ehrlichkeit was solche Gefühle betraf, hatte sich als eine Zielscheibe auf meiner Brust entpuppt. Am Anfang hatte ich es noch verspottet, so zu tun als ob. Jetzt verstand ich, dass es eine Maßnahme war, die Menschen trafen, die bereits wussten wie sich ein gebrochenes Herz anfühlte. Schien als wäre ich nun endlich Teil des Clubs.
»Er hat es verdient.« stellte ich klar. »Aber nach dem er Weg war...« Ich hatte Angst dass ich ihm die Bürde eines Zorns auferlegte, der nicht von Grund auf ihm gewidmet war. Er erinnerte mich so sehr an Dad, so dass ich Angst hatte, mein Verhalten würde sich diesem Bild anpassen. Denn ich wusste, dass ich Dad diese Dinge niemals an den Kopf donnern konnte. Gwaine hingegen schon.
Ich hatte ihm gesagt, dass er sich niemals für diese Familie interessiert hatte. Für mich.
Ich presste meine Lippen aufeinander, sah blinzelnd wieder zu Dean, »Denkst du, ich sollte ihm vergeben?« Dean schien erstarrt zu sein, sah von unten zu mir herauf, »Und das fragst du ausgerechnet mich?« Wer könnte mehr über einen Schuldigen richten, als der nächste auf der Schlachtbank? »Ich wünschte Vergebung wäre so einfach, Lottie. Gott, ich wünsche es mir so sehr.« Sein Blick brannte, »Aber manche Dinge brauchen Zeit.« Ein gefühlloses Schnauben entkam mir. »Und was ist mit dir?«
»Was?«
»Denskt du ich werde dir auch vergeben, wenn du mir genug Zeit gibst?«Eine Weile sah er mich nur an, dann ... »Ich kann gar nicht anders, Lancelot. Dieser Gedanke ist das einzige, was mir noch bleibt.«
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Not your Friend! [BxB]
Romance[Teil 2 der Not-Your-Reihe] Die Welt weiß über Lancelot Moreau nicht viel mehr, als seinen Nachnamen und die Fehler, die er begangen hat. Im Schatten seiner Brüder und hinter dem Reichtum seiner Eltern verborgen, scheint er einzig die Rolle der Entt...