58| Schuldige

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In My Veins
Andrew Belle

Percival

»Verdammt, Lance.« Sein Gesicht versank bleich in den Kissen, übertrumpfte die Kälte der Wände des Krankenhauses. Schrammen zogen sich über seine linke Gesichtshälfte. Eine Platzwunde prangte über seiner Augenbraue. Ich konnte mich noch daran erinnern, als er mit seinem ersten blauen Auge nach Hause kam. Spät in der Nacht, hatte er sich zurück ins Haus geschlichen doch ich hatte ihn dennoch erwischt, verarztet und ausgefragt. Stolz hatte er gegrinst, als wäre es ein Preis, den er mit würde trug. Er hatte mir nie erzählt was passiert war. Doch es war klar, dass er sie sich höchstwahrscheinlich verdient hatte. Sanft nahm ich seine Hand in meine. Aber das hier? Das hatte niemand verdient. Vor allem nicht Lancelot.

»Hey,« Sam trat hinter mich ans Bett, fuhr mir beruhigend über den Rücken. »Gehts dir gut?« Seufzend ließ ich mich gegen ihn sinken, rieb mir über den Nasenrücken. »Ich hatte so gehofft, dass ich ihn nie wieder so würde sehen müssen.«  In diesem Kittel, voll mit Medikamenten, bis er nur noch eine Hülle ist. Bis sie selbst sein verdammtes Grinsen genommen hatten. Ich wusste dass es diesmal anders war. Es war ein dummer Unfall gewesen. Eine Nasse Straße, ein unaufmerksamer Fahrer. Dennoch rutschten meine Gedanken immer wieder zurück in jene Nacht vor 10 Jahren.

Sam seufzte schwer, »Hast du schon was von Gwaine gehört?« Der Unfall war gerade einmal 9 Stunden her. Und Gwaine war am anderen Ende der Welt gewesen, als er mich anrief. »Er ist sicherlich bald hier.« raunte ich und schloss für einen Moment die Augen. Lance hatte mir vor ein paar Tagen geschrieben, mir mitgeteilt dass es ihm gut ging, wo auch immer er sich auch rumtrieb. Es hatte mich nicht überrascht, dass er abgehauen war und eine gesamte Hochzeitsgesellschaft im Chaos zurück gelassen hatte. Ich hatte nicht mal erwartet, dass er sich überhaupt meldete. Doch ich war froh, dass er es getan hatte.

Als wir nach einer Fahrt, die sich unendlich anfühlte, hier ankamen, begrüßte uns niemand anderes als Aurora Mahleona, die uns die Kurzfassung gab. Sie erzählte uns alles. Was er für sie getan hatte. Doch ich wusste immer noch nicht, warum er in diesem Wagen saß. Wo er und Dean Jeong hin unterwegs waren. Aber das tat auch nichts zur Sache, ich wollte einfach nur... ich wollte einfach... Müde rieb ich mir über die Stirn.

»Wo ist Darcy?« fragte ich schließlich und drehte mich zu Sam um. »Sie ist bei deinen Eltern im Wartezimmer.« Verstehend nickte ich, sah erneut hinab zu Lancelot. »Er wird doch wieder, nicht?« fragte ich in dem Wissen, dass weder Sam noch die Ärzte mir eine klare Antwort drauf geben konnten. So lange Lance noch nicht wach war, war die Zukunft meines Bruders ein Spiel mit dem Schicksal. Sam senkte seinen Blick, »Er hat schon schlimmeres überlebt.«

•••

Darcy

Ich starrte auf meine Schuhe. Mein Schnürsenkel hatte sich gelöst. Ich machte keine Anstalten ihn zu binden. Grandma reichte mir eine Tasse Tee die ich schweigend annahm. Wir waren schon seit Stunden in diesem Krankenhaus am Arsch der Welt. Ich hatte erwartet, dass wenn Onkel Lance schon eine spektakuläre Flucht hinlegt, dass er dann an einen interessanteren Ort flüchtet als zu einer Kleinstadt in Illinois. Ich wusste, dass wenn es nach Grandma gehen würde, sie Lancelot in eine teure Klinik in New York verlagern wollte, wo die Ärzte kompetenter wirkten und die Kosten teurer waren. Doch sein Zustand war noch zu instabil, als das man das auch nur in Erwähnung ziehen konnte. Unruhig fuhr ich mir über die Arme. Ich hasste diesen Ort. Ich hasste alles daran.

Mein Blick hing ziellos im Raum. Wir waren jetzt schon seit einem Tag hier. Dad hatte uns ein Hotel gebucht, aber ich wollte hier nicht weg. Nicht bevor... »Ich kann nicht fassen, dass dieser Typ mir nichts als ein paar Kratzern davon gekommen ist.«, fluchte Grandpa, als er sein Telefonat beendete und zu uns zurück in das Wartezimmer platzte. Grandma erhob sich sofort, strich ihr steifes Kleid glatt, »Laut der Polizei war es nicht seine Schuld-« Er winkte ab, fuhr sich unruhig über das Kinn. »Dennoch ist er gefahren, oder nicht? Lancelot hat schon immer fragwürdigen Umgang gepflegt aber-«
»Redet ihr über Dean?« schaltete ich mich ein und erhob mich enbenfalls.

Der Blick meiner Großeltern schnellte zu mir, als wäre ihnen meine Anwesenheit erst jetzt wirklich aufgefallen. Ich sah ihnen an, dass sie dieses Gespräch vor mir nicht weiterführen wollten, aber es war auch klar was sie dachten. Sie gaben Dean die Schuld. Meine Hände krallten sich in meine Oberarme als ich näher trat, »Dean ist ein guter Freund. Er... Das war ein Unfall!« Grandma trat an mich heran, fuhr mir beruhigend über den Hinterkopf, sah zu mir herab, mit der Art von Blick, die mir verriet, dass sie siebzehn als noch zu naiv einstufte. »Natürlich war es ein Unfall, Darling. Aber dennoch war er der Fahrer. Lance kennt diesen Kerl ja kaum, geschweige denn du. Wer weiß ob er betrunken war, oder-«
»Dean würde niemals betrunken fahren! Und schon gar nicht mit Onkel Lance im Wagen. Er-« frustriert japste ich nach Luft und Worten. »Die Polizei meinte es war der Regen und-!« Ich hatte Dean besucht, hatte versucht mir ihn drüber zu reden. Aber durch die Medikamente hatte er kaum die Augen offen halten können, war kaum ansprechbar gewesen.

Aber die Wahrheit war die, dass ich wirklich nicht wusste was passiert war.

Warum Dean erst eine Sekunde später gebremst hatte. Warum Lance nicht angeschnallt war. Frustriert fuhr ich mir die Haare nach hinten. Aber ich wusste, dass Dean ihn niemals in Gefahr bringen würde. Grandma legte beruhigend ihre Arme um mich, zog mich eine Umarmung, »Ich verstehe dass du-« bevor sie ihren Satz beenden konnte, betrat eine weitere Person den Raum.

Ich erkannte es an den stürmischen Schritten und dem flattern seines teuren Mantels bevor ich sein Gesicht sah. Gwaine betrat mit ernster Miene das Zimmer bevor er uns entdeckte. Erleichtert löste ich mich von Grandma eilte auf ihn zu. Gwaine fing meine stürmischen Schritte auf zog mich in eine feste Umarmung. »Onkel Gwaine!«, raunte ich erleichtert. »Hey, Squips.« er schob mich ein Stück zurück, musterte mein Gesicht. »Geht es dir gut?« Die Frage klang absurd. Ob es mir gut ging? War das gerade nicht völlig egal? Doch als ich versuchte zu antworten, versagte mir meine Stimme. Ich brachte nur ein knappes Nicken zu Stande. Gwaine sah hinauf zu seinen Eltern, »Gibts schon etwas Neues?« Grandpa schüttelte den Kopf, verschränkte die Arme. »Nein, Sie wollen-«

»Mister und Misses Moreau?« Ein Arzt betrat das Zimmer und beschlagnahmte augenblicklich die gesamte Luft. Der Arzt holte tief Luft und ich spürte mein Herz rasen. Was wäre das Urteil? War er Tod? War er aufgewacht? Würde er für immer schlafen? Was? Was war passiert?

Ein erlösendes Lächeln. »Sie sollten zu ihrem Sohn. Es scheint als würde er gerade aufwachen.«

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt