Two Weeks Ago
Maisie PetersLancelot
Es tröpfelte. Der Sturm von Gestern war vorbeigezogen und ließ nichts zurück als einen grauen Himmel, nasse Straßen und die Trümmer meiner Realität. Ich wusste nicht, wie lange ich bereits die Landstraße hinab stiefelte, oder ob ich überhaupt auf dem richtigen Weg war. Ich wusste nur, dass ich aus dieser Hütte musste. Weg von ihm. Ich war einfach gegangen, hatte mir meine Schuhe geschnappt und war los marschiert.
Ich blieb nicht stehen. Nicht als der Waldweg endete und ich auf dieser verlassenen Straße mitten im Wald landete. Ich blieb nicht stehen, da ich Angst hatte, dass wenn ich aufhören würde zu gehen, stattdessen etwas anderes tun würde. Und ich konnte mir gerade nicht erlauben, etwas anderes zu tun als einfach nur zu laufen. Denn dann würde ich etwas tun, was entweder für mich schmerzhaft, blutig, und dumm enden würde oder für Dean. Ich ging nicht nur damit ich Dean nicht gleich dort eine verpasste. Ich schätzte, ich lief auch davon.
So lange ich mich nicht umdrehte, zurückblickte, würde ich den Scherbenhaufen nicht sehen, den ein einziger Anruf angerichtet hatte.
Frierend schlang ich meine Arme um den Oberkörper, starrte einfach auf den Horizont. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wie konnte ich es nicht sehen? Ich hatte es ihm so leicht gemacht, mich zu beschatten. Ich hatte mich ihm praktisch an den Hals geworfen, nur damit er brav meinem Bruder berichten konnte, dass ich all meine Malzeiten zu mir nahm und noch nicht mit meiner Überdosis in meinem Pool trieb. All die Male, dachte ich, er macht sich Sorgen um mich. Dachte wirklich, ich bedeutete ihm etwas. Ich hätte gleich wissen müssen, dass da was nicht stimmt.
Beschämt musste ich fest stellen, dass er genau im richtigen Moment in mein Leben kam.
Ich sah nicht zurück, als ich das Brummen eines Motors hörte. Erst als der Wagen mit quietschenden Reifen hinter mir zum stehen kam, sah ich zurück. Fluchend setzte ich meinen Gang fort, doch es war bereits zu spät. »Lancelot!« Er hatte mich gefunden. Ich hörte das Schlagen seiner Wagentüren, seine Schritte über dem Asphalt. Mein Puls raste, als ich meine Schritte beschleunigte. Fuck! »Lance!«
Seine Hände legten sich auf meine Schultern, hielten mich auf, als er sich vor mich schob. Sein Atem kam abgehackt, als er zu mir hinab sah, eine Mischung aus Erleichterung und Sorge deutlich in seinen Zügen zu sehen. Mir wurde schlecht. »Verdammt, Lottie! Was machst du hi-« Ich schlug seine Hände weg, taumelte einen Schritt zurück, »Fass mich nicht an.« Ich wollte, dass er mich nie wieder anfasste. Ich wollte... Ich schlug mir eine Hand vor den Mund. Oh Gott...
Augenblicklich schritt er auf mich zu, versuchte die Distanz zu überbrücken, aber ich ließ es nicht zu, wich zurück, »Ist etwas pass-?«
»Wie viel zahlt er dir?« spuckte ich hervor und sorgte dafür, dass seine Hände in der Luft erstarrten. »Muss ja ziemlich viel sein, wenn du dich bereit erklärt hast, jemanden wie mir am Arsch zu kleben, nicht wahr?«, stieß ich verächtlich hervor, rieb mir über die Arme. Mein Zorn verschleierte das Zittern meiner Stimme nur halb so gern, wie ich es gerne möchte. Dean zerfiel - sein Blick, seine Haltung. Er schien endlich zu kapieren, was ich herausgefunden hatte. »Lottie-«
»Reicht es für ein hübsches Haus in den Bergen? Vielleicht leg ich auch noch was drauf? Weißt schon, fördere die Künste. Solch ein Schauspiel muss ja schließlich gefeiert werden.«Ich marschierte schnaubend an ihm vorbei, hatte nichts weiter zu sagen. Nein, falsch. Ich hatte ihm noch eine Menge zu sagen. Aber ich war zu ... zu müde, mir war zu kalt und... Zum ersten mal seit unserer Flucht, wollte ich wieder nach Hause. Ich schaffte jedoch gerade mal ein paar Meter. »Steig in den Wagen.«, ertönte seine Forderung hinter mir. Fassungslos hielt ich inne. Das war das Erste was er erwiderte? War das sein scheiß Ernst? Mit dem Zorn einer Furie wirbelte ich zu ihm zurück, »Wie bitte?«
Dachte er ernsthaft, dass ich auch nur irgendwo mit ihm hin gehen würde? Und schon gar nicht, würde ich mit ihm in seinen Wagen steigen! Sein Kiefer knirschte, »Ich werde dir alles erklären, Lancelot. Alles, okay? Aber zuerst steigst du in diesen Wagen.« Ich starrte ihn an, wünschte wirklich ich hätte meine Chance genutzt und ihn im Schlaf erdrosselt. Dean stiefelte auf mich zu, »Ich werde mit dir dieses Gespräch nicht auf einer beschissenen Landstraße führen!« Ich wollte ihn anschreien, dass ich mit ihm dieses Gespräch nirgendwo führen würde, nicht mal auf dem verdammten Mars! Aber mir klappte lediglich der Mund auf, »Fick dich, Dean.«
Er blieb nicht stehen und ich wollte gerade ein paar Schritte zurück weichen, als er mich schlichtweg packte. »Hey! Du dreckiger Sockenfresser! Ich koch deine Zähne, du-« Dean warf mich über seine Schulter, als wäre ich ein Sack Kartoffeln. Ich versuchte mich zu befreien, doch er kommentierte meine Versuche lediglich mit einem festeren Griff. »Wie konntest du!« brach es aus mir heraus, als sich meine Verzweiflung in meine Stimme schlich. »Wie konntest du n-!« Dean öffnete die Tür und schmiss mich auf den Rücksitz. Bevor ich entkommen konnte, schloss er die Tür, schwang sich hinters Lenkrad. »Schnall dich an.«, befahl er monoton. Meine Hände krallten sich in seinen Sitz, »Hat er dich auch bezahlt, mich zu ficken?« Seine Hände packten das Lenkrad so fest, dass seine Knochen weiß hervor traten, »Oder war das ein persönlicher Zuschlag, den du dir einfach heraus genommen hast?«
»Schnall dich an.« wiederholte er.
»Fahr zur Hölle.«Ohne ein weiteres Wort zu sagen, startete er den Motor. Frustriert ließ ich mich zurück in den Sitz plumpsen. Ich wollte schreien, ihn verfluchen, aber meine Kehle war schrecklich eng. Ich fühlte mich wieder wie ein kleines Kind. Ich hasste es. Ich musste hier raus. Und zwar so schnell wie möglich. »Es tut mir leid.« raunte Dean. »So war das nicht geplant. Ich-«
»Wolltest du es mir erzählen?« zischte ich und lehnte mich zwischen die Vordersitze. Sein Blick lag stur auf der Straße, aber ich sah wie sein Kiefer spannte, hatte meine Antwort. Nein, hätte er nicht.»Wie lang wolltest du diese Scheiße noch durchziehen? Bis wir nebeneinander im Altenheim krepieren?« fluchte ich, zwang mich durchzuatmen. Immer, wenn ich dachte, ich hätte das ganze Ausmaß realisiert, überrollte mich eine weitere Rolle dieses dreckigen Gefühls. »Ich- Ich wollte nie... Es war nie meine Aufgabe mich mit dir anzufreunden, geschweige denn- ich sollte nur dein Nachbar sein. Schauen wie es dir geht. Der Rest- Das war alles nicht geplant-« frustriert knirschte er mit den Zähnen. Der Regen nahm wieder zu, die Scheibenwischer huschten über die Scheiben. »Ich dachte nie dass du mir so wichtig wirst.« So was ähnliches hatte er auch gestern Nacht gesagt. Doch Heute fühlte es sich an, wie ein Messer in meiner Brust.
Verächtlich schnalzte ich mit der Zunge, »Ja, das war bestimmt ganz schlimm für dich.« Wir waren wieder zurück in der Stadt. Die ersten Geschäfte zogen an uns vorbei. Vielleicht konnte ich bei der nächsten Ampel aus dem Wagen springen. »Ich brauchte das Geld, Lottie. Sonst hätte ich schon längst gekündigt und wäre-«
»Mit mir in den Sonnenuntergang geritten?« raunte ich verächtlich. »Du musst verstehen-!«
»Muss ich?« fauchte ich.Der Wagen näherte sich einer Kreuzung. Die Ampel war rot. Der Wagen wurde langsamer. Es prasselte wieder. »Muss ich verstehen, warum mein beschissener bester Freund, nicht mehr ist, als ein überqualifizierter Babysitter? Muss ich verstehen, warum du mich dich hast lieben lassen, während du dafür bezahlt wurdest in meiner Nähe zu bleiben?« Ich packte den Griff, rüttelte fanatisch daran. Aber nichts tat sich. Dean hatte die Türen geschlossen und mich in diese Hölle gesperrt. Ein frustriertester Laut entkam meiner Kehle. »Lancelot, ich-«
»Muss ich verstehen, warum nicht ein einziger Mensch in meinem Leben freiwillig an meiner Seite bleibt? Ich dachte du wärst...!« Meine Stimme brach. Es wurde grün.Der Motor rollte an, als sich unsere Blicke im Rückspiegel trafen. Der Schmerz in seinen Augen war wie ein Tritt in die Magengrube. »Ich dachte du wärst die Ausnahme, Dean. Ich dachte wirkliche wir...« Ein kaltes Lachen entkam mir. Ich war ja so erbärmlich. »Ich wollte dir nie weh tun, Lancelot.« Ich nickte. Auf eine schräge Weise kaufte ich ihm das ab. Dass er mich beschützen wollte. Ich hatte nur gehofft, dass er es ohne das Geld meines Bruders tun würde.
»Ich will, dass du aus meinem Leben verschwind-« Meine Worte gingen unter in dem Quietschen aus Reifen. Aus dem Geschrei der Hupen. Ich hatte es nicht kommen sehen. Den Wagen. Alles geschah auf einmal binnen Sekunden. Das Licht der Scheinwerfer war auf einmal viel zu hell, viel zu nah. Ich hörte Deans Brüllen, bis es von mir gerissen wurde, in dem Schwall des Lärms.
Das Letzte was ich sah, war die Front des Lastwagens, bevor die Welt schwarz wurde.
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Not your Friend! [BxB]
Romance[Teil 2 der Not-Your-Reihe] Die Welt weiß über Lancelot Moreau nicht viel mehr, als seinen Nachnamen und die Fehler, die er begangen hat. Im Schatten seiner Brüder und hinter dem Reichtum seiner Eltern verborgen, scheint er einzig die Rolle der Entt...