85| Tänzer und Bodyguards

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Alive
The Scarlet Opera

Lancelot

Ich hatte es Darcy versprochen. Dass ich mit ihr hierher kommen würde. Ich zog mir die Schuhe über die Fersen, ließ meine Finger einen Moment länger über den Stoff gleiten als nötig. Doch ich wusste, dass ich noch etwas mit mir selbst zu klären hatte. Bevor ich den Mut aufbringen konnte, vor den Augen der anderen wieder zu tanzen. Ich hatte mich davon gestohlen. Schenkte mir diesen Moment. Ganz für mich allein.

Nur ich, die Musik und der altbekannte Parkettboden.

Ich steckte mir die Kopfhörer in die Ohren, scrollte durch meine Playlist. Als ich die ersten Töne hörte, legte ich meinen Kopf in den Nacken und stieß die Luft aus den Lungen. Ich schloss die Augen und dann ....

Tanzte ich.

Ich reckte meine Arme in die Luft, spürte wie sich meine Muskeln dehnten, spürte das Ziehen in meinem Körper. Spürte die Luft, als ich über das Parkett glitt. Ich spürte es in meinen Knochen. Das altbekannte Kribbeln. Der wohltuende Schmerz.

Flackernd öffnete ich meine Augen, als ich Postion annahm. Sah mein Spiegelbild. Sah das blond meiner Haare durch den Raum wirbeln, die Wollbungen meiner Muskeln, die sich unter der Melodie verändern. Ich tanzte und tanzte und tanzte. Der Song neigte sich zum Ende und ich kam in mitten des Raumes zum stehen.

Meine Brust hob und senkte sich schwer. Schweiß klebte mir an der Stirn und ich konnte mein Herz klopfen hören. Ich war alt geworden. Meine Muskeln zeterten. Aber ich konnte es noch. Ein seltsames Lachen entkam mir als ich den Blick hob. Ich sah mich selbst im Spiegel.

Das Licht der Morgensonne fiel durch die großen Fenster des Studios. Auf das Parkett. Auf mich. Und für einen Moment, sah ich mich selbst. Die glatten Züge eines törichten Jungen, der keine Ahnung hatte was ihm bevor stand. All das Schlechte noch vor sich hatte. Aber auch das Gute. Ich lächelte ihm zu. Doch als ich erneut blinzelte, war da wieder nur ich. Ich fuhr mir über die Brust, rieb mir über mein Steißbein.

Es war ein seltsamer Gedanke. Ich verließ den Raum, mit dem Gefühl etwas neues zu beginnen. Doch im selben Moment schien es auch, als würde ich etwas zurück lassen.

•••

Ich verließ die Umkleide und kollidierte geradewegs mit einer altbekannten Brust. Fluchend rieb ich mir über die Stirn, funkelte zu Dean hinauf, »Wieso überrascht es mich nicht, dass du dich hier aus dünner Luft materialisierst?« Lachend verschränkte er die Arme, spähte zu mir hinab, »Das sagt gerade der, der mal wieder ohne ein Wort verschwunden ist!« Erwischt! Grummelnd schob ich mich an ihm vorbei zurück in den offenen Raum geradewegs zu meiner Wasserflasche. »Und dennoch hast du mich gefunden.« lachte ich und beugte mich zu meiner Flasche hinab. »Ich finde dich immer, Lottie.« raunte er und ich hielt inne. Ich schluckte schwer. »Das ist ja auch dein Job, nicht?«

Dean schwieg. Fragend drehte ich mich wieder zu ihm zurück. Er stand zwischen zwei Lichtstrahlen, hatte seine Hände tief in seinen Taschen vergraben. »Yeah.« Irgendwas an der Art wie er da stand, mich ansah, macht mich nervös. Etwas war los. »Dean?« Vorsichtig trat ich einen Schritt auf ihn zu. Er hob seinen Blick, »Ich,« ein Atemzug. »habe nachgedacht.« Ich hob die Augenbrauen. »Dass ist nie ein gutes Zeichen.«
»Lance.« sein Ton war ernst. Ich versteifte.

Ich blinzelte. Verstand nicht. »Was ist los? Ist was passiert?« Er fuhr sich die Haare nach hinten, trat einen Schritt auf mich zu. Ich wurde immer unruhiger. Langsam machte er mir w. »Ich habe gerade mit Percy geredet.« Er trat an mich heran, so dass seine Größe mich überschattete. Seine Finger fuhren über den Saum meines Shirt, zogen die Kette mit den Plättchen hervor. Ich hatte sie nie abgenommen. So wie er mich darum gebeten hatte. »Ich habe gekündigt.«

Erschrocken sah ich zu ihm auf. Er hatte ... was? Überfordert holte ich Luft, »Du ... gehst?« Er nickte. Als wäre die Entscheidung bereits gefallen. »Es wird Zeit.« Ich wich einen Schritt zurück, schlang die Arme um mich. Hatte ... Hatte ich etwas falsch gemacht? Er hatte so oft versucht sich zu entschuldigen, doch ich hatte ihn immer wieder von mir geschubst? War ... war es jetzt zu spät? Hatte ich ihn endgültig verstoßen? Ich meine, ich konnte es verstehen. Wir tänzelten seit Wochen um einander herum. Aber ich dachte ... ich dachte, irgendwann würde es wieder so sein wie früher.

Doch es schien, als hätte ich zu lange gewartet. Zu lange gebraucht. Er konnte nicht länger bei mir bleiben. Warten. Nicht, wenn ich es nicht mal hin bekam ihm zu verzeihen. Und nach dem er nun auch endgültig alles über mich wusste, gab es auch nichts mehr ... aufregendes an mir. Er wusste nun alles. War er nun gelangweilt? Es schien als hätte er endgültig genug. Er konnte nicht mehr auf mich warten. Oder vielleicht war ich es einfach nicht mehr Wert. Das konnte ich versehen. Dennoch schnürte sich meine Kehle zu. Ich versuchte die Fassung zu wahren, »Das wars jetzt also?« Nach fast zwei Jahren? Nach all der ganzen Scheiße? Einfach so? Dean lächelte, »Sieht so aus.«

Mehr hatte er nicht zu sagen. Ich schloss meine Faust um seine Tags, spürte das Metall, »Okay, dann denke ich mal, das gehört dir. Ich-« Ich zog es mir über den Kopf, wollte es ihm zurück geben. Verwirrt sah er auf die Kette hinab, »Was?« Ich blinzelte, hielt meinen Blick auf meiner Faust. Fuck. Zittrig holte ich Luft, »I-ich wünsche dir alles Gute und-« Dean legte seine Hände auf meine Schultern, ließ mich zu ihm aufsehen, »Gott, manchmal bist du wirklich unfassbar dämlich!« Verdutzt starrte ich ihn an. Gehts noch? Ich versuchte gerade Zivil zu sein! Wäre es lieber wenn ich anfing zu schreien? »Wie bitte?« Er tippte mir gegen die Stirn, als wäre ich schwer von Begriff, »An was denkst du schon wieder? Ich kündige, Lottie.« Mein Mund klappte auf. Er musste nicht gleich gemein werden! »Ja, das sagtest du bereits, aber-« Seufzend ließ er seine Hände nach oben wandern, schüttelte nun mein Gesicht, »Meinen Job. Nicht meinen Platz in deinem Leben.«

Oh...

Ich legte meine Hände an seine, hielt sie fest. Meinte er das ernst? »Was?« Frustriert lehnte er sich nach vorne, stütze seine Stirn auf meine, »Du weißt ich bin nicht gut in dem ganzen schnulzigen Gefasel, zwing mich bitte nicht dazu.« Zwingen? Zu was sollte ich ihn zwingen? Langsam verstand ich gar nichts mehr. Es war sein Job an meiner Seite zu sein. Wenn das weg war, würde ich ihn nicht verurteilen, würde er gehen. Ich meine, solange er bezahlt wurde, hatte er wenigstens einen Grund. Und... Ich presste meine Lippen zusammen, »Aber wenn du nicht mehr mein Bodyguard bist, wieso solltest du dann-?« Er quetschte meine Wangen zusammen, als wäre ich ein Kugelfisch. »In deinem Leben bleiben?« als wäre er am Ende seiner Geduld, stieß er die Luft aus seinen Lungen. »Ok, scheint, als zwingst du mich dazu.«
»Dean, ich-«
»Was muss ich sagen, damit du es endlich in deinen verdammten Dickschädel bekommst? Ich bin nicht hier wegen dem Job. Sondern wegen dir. Ich tue seit zwei Jahren alles nur wegen dir.«, brummte er und löste sich ein Stück von mir. Der Kloß in meinem Hals verwandelte sich in eine andere Form von Sprachlosigkeit. Ich hatte es ihm nie wirklich geglaubt. Dass er bleiben würde. Aber... »Und jetzt?«

Ein Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus. »Geh mit mir aus.« Mir klappte der Mund auf, »Was?«
»Wie war das noch?« versuchte er sich zu erinnern. »Ein Date. Ist es nicht, dass was Menschen machen wenn sie sich mögen?« raunte er meine eigenen Worte zu mir zurück. Ich erinnerte mich daran. Damals in seiner Küche. Ich hatte damals niemals erwartet dass er meine Einladung annehmen würde. Aber ich hatte dennoch Hoffnung gehabt. Und jetzt? Hier? Sein Daumen fuhr über meine Unterlippe, »Sag ja, Lottie. Ich weiß, dass du mich magst.«
»Ach?« kicherte ich. »Woher das Selbstbewusstsein?«
»Ich hab vom besten gelernt.«

Er senkte seinen Kopf zu mir hinab, doch ich hielt ihn auf. Eine ungeduldige Enttäsuchung huschte durch seinen Blick, »Also,« zog ich in die Länge, »Nur damit ich richtig verstehe, kündigst du damit du mich ausführen kannst?« Seine Haarsträhnen streiften meine Stirn, sein Blick lag fest auf meinen Lippen, »Mhm. Sieht so aus. Außerdem wird es mir langsam unangehm, dass Percy mein Boss ist, wenn ich das hier mit seinem kleinen Bruder anstelle.« Ich hob die Augenbrauen, »Wenn du was-?« Bevor ich die Frage beenden konnte, lagen seine Lippen auf meinen.

Kichernd erwiederte ich den Kuss und schlang meine Arme um seinen Hals.

Schien als könne ich die Kette behalten.

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt