Bleed Out
Isak DanielsonLancelot
Ich hatte immer erwartet, dass es leichter werden würde. Wenn die Jahre vergingen und alles so weit hinter mir lag, dass alles bedeutungslos schien. Ich dachte, dass ich auf eine groteske Weise daraus heraus wachsen würde. Doch ich realisierte, dass wenn die Menschen sagten - es wird besser - sie damit nur damit meinten, es wird monoton. Der Schmerz wird zu einem beständigen Summen. Zu etwas, dass ein Teil von dir ist.
Es hört nie auf. Irgendwann interessiert sich nur niemand mehr für die Tragödie, die deinen Namen trägst. Nicht mal du selbst.
Und für eine Weile, hatte ich es wirklich geschafft. Ich hatte die Welt davon überzeugt. Dass es vorbei war. Dass meine Lungen nicht mehr dem nächsten Rausch nach lechzten. Das meine Finger nicht jeden Tag danach juckten. Dass ich nicht jeden freien Moment darüber nachdachte, wie einfacher alles wäre, würde ich mich wieder in einem Nebel verlieren.
Erst, als ich es für wenige Stunden vergessen hatte, wie es sich anfühlte, und mich anschließend wieder erinnern musste, spürte ich, dass der Schmerz nicht besser geworden war. Plötzlich, wie aus dem nichts, hatte sich das Leben wieder leicht angefühlt. Als läge es in meinen Händen. Es hatte nur ein paar Tage ohne die Last auf meinen Schultern gebraucht, um mich daran zu erinnern, wie schwer es doch war, zu atmen. Ich war frei gewesen. Als ich nicht wusste, wie ich hieß.
Ich hätte niemals auch nur ahnen können, wie glücklich war, als ich nicht mal meinen Namen kannte.
Es war wahrscheinlich diese Erkenntnis gewesen, die mich vor dieses Fenster gebracht hatte. Zuerst wollte ich nur sehen, ob die Welt noch genauso aussah. Nachdem sich alles verändert hatte. Und als ich die Blätter sah, den Wind in ihnen, fragte ich mich, wieso ich jemals etwas anderes sehen musste.
Ich war müde. Ich wollte, dass mein Leben weiterhin aus einem Holzrahmen und einer Glasscheibe bestand.
Die Ärzte sagten mir, dass meine Verletzungen an meinen Beinen nicht gravierend waren. Sie sprachen von einer Bandscheibenprotrusion, von Quetschungen in meinen Nerven. Etwas, dass ich überwinden könnte. Ich würde es wieder lernen müssen. Sie meinten, ich müsse nun stark sein. Kämpfen. Und in wenigen Wochen wären meine Beine wieder funktionstüchtig.
Jedoch hatten sie wahrscheinlich nicht bedacht, dass ich nicht aufstehen wollte. Manchmal stellte ich mir vor, dass ich zu einem der Bäume vor meinem Fenster wurde. Das mir Wurzeln wachsten, die sich um die Räder schlangen, sich meine Arme hinaufzogen. Mich die Rinde in ihre verschlungenen Arme zog. Grünes Blut. Die Sanftheit des Windes spüren würde.
Es war ein verregneter Mittwoch. Ich hatte vergessen, wie lange der Unfall bereits her war. Ein paar Tage? Ein paar Wochen? Ich wusste nur, dass es seit drei Tagen regnete. Unbarmherzige, graue Wolken hatten sich über die Sonne geschoben. Die Tür knarzte und ich spürte einen brennenden Blick in meinem Nacken. Darcy. Es musste Darcy sein, die wieder einmal nach mir sah. Sie war die einzige, die vor meiner Tür umherschlich, als hätte sie Angst zu viel Lärm zu machen. Wie ein ängstliches Tier. Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken, »Du kannst ruhig rein kommen, Sweetheart.«
Meine Worte brauchten Anstrengung, als ich spürte, wie meine Stimmbänder unter meinem Schweigen eingerostet waren. »Ich bin nicht ansteckend.«
Ich hörte das Knarzen, als die Tür weiter geöffnet wurden. Schwere Schritte näherten sich mir. Schritte, die nicht so klangen, wie die meiner Nichte. Ich packte meine Räder, wirbelte herum. Augenblicklich verkrampften meine Finger um das Metal des Rollstuhls.
Dean stand mitten in meinem Zimmer. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, als ich zu ihm hinauf starrte. Er triefte. Seine Klamotten klebten dunkel, tropfend, an seinem Körper, seine Haare hingen, schwer, wie seine Schultern. »Hey, Lottie.« Ich schloss die Augen, kniff sie fest zusammen. Er war es wirklich. Er war hier in diesem Zimmer. Kein Tagtraum. Kein Albtraum. Er war hier. »Was willst du hier, Jeong?«
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Not your Friend! [BxB]
Romance[Teil 2 der Not-Your-Reihe] Die Welt weiß über Lancelot Moreau nicht viel mehr, als seinen Nachnamen und die Fehler, die er begangen hat. Im Schatten seiner Brüder und hinter dem Reichtum seiner Eltern verborgen, scheint er einzig die Rolle der Entt...