25| Spuren

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mirrorball
Taylor Swift

Erzähler

Dean hasste es zu streichen. Sein Vater hatte ihn, vor vielen Jahren einmal als er kaum ein Teenager war, dazu gezwungen einen alten Schuppen zu streichen. Es war disziplinarische Maßnahmen gewesen, für einen Fehler an den sich gar nicht mehr erinnern konnte. Aber er würde nie vergessen, wie sehr diese Aufgabe ihm abverlangt hatte. Er hatte Stunden daran gearbeitet, Holz geschleift, gemalert, lackieren, bis spät in die Nacht, bis seine Hände blasen hatten und er denn Geruch nicht mehr aus der Nase bekam.

Er hob seinen Blick, sah über die Blauen wände die er mit Lancelot gestrichen hatten. Nach ihrer Schlacht waren sie irgendwie am Boden geendet, saßen schweigend neben einander und betrachteten ihr Werk. An jenem Tag hasste Dean das streichen nicht.

Er sah rechts neben sich zu Lance Hand, die in in seinem Schoß lag, die Farbe bröckelte bereits von seinen Fingern. Es hatte nur ein wenig Überredung von ihm gebraucht und er war bereit dazu gewesen Lance zu helfen. Warum, wusste er auch nicht. Er hatte sich damals geschworen, es nie wieder freiwillig zu tun, aber nun saßen sie hier. Blau und stolz. Dean fand sich in den letzten Monaten immer wieder in Situationen, die er nicht erklären konnte. Er sollte doch eigentlich nur ein Nachbar sein, oder nicht? Ein beiläufiger Freund. Jemand der keine große Rolle spielte. Für niemanden.

Doch nun saß er an einem Sonntag Nachmittag in einem müffelnden Keller, tat etwas, dass er hasste - doch er verstand nicht, warum er gerne hier war. Sein Blick fiel auf Lancelot, den jungen Mann der seinen Kopf in den Nacken gelegt hatte und stolz auf die Wand vor ihm blickte. Dean verstand nicht, warum es Lancelot so leicht fiel ihn mit sich zu ziehen. War er schon immer so leicht zu überzeugen gewesen? Oder lag es an dem Lächeln, des anderen? An der Art wie er ihn ansah?

Lancelot hatte ihre Schlacht deutlich verloren. Seine Haut war nun überzogen von Spritzern und Flecken die ihn überzogen, als wäre der Moreau die neue Muse von Jackson Pollock, und dennoch... Keine Farbe schien die Macht seiner Züge verschleiern zu können.

Als es an der Tür klopfte, sahen beide auf. Sam betrat den Raum, nur um abrupt stehen zu bleiben. Er wollte nur nach dem Rechten sehen, den Prozess feststellen - doch was er stattdessen vor fand, war. ... das. Er wollte beim besten Willen gar nicht wissen, was hier vorgefallen sein musste, dass zwei erwachsene Männer am Boden saßen wie Kleinkinder, die man mit einem Farbeimer alleine gelassen hatte. Er seufzte tief, als Lancelot breit zu ihm hinauf grinste, »Das haben wir doch gut gemacht, oder nicht?«

Sam schluckte die Fragen runter, und sah stattdessen zu den Wänden. Sie waren in der Tat blau, also ... »Ja,« er zwickte sich in seine Nasenbrücke. »Gut gemacht. Danke. Ihr solltet euch dennoch,« er deutete auf ihr Erscheinen. »Sauber machen. Bevor es eintrocknet.« Das konnte beim besten Willen nicht gut für die Haut sein.

Dean stand auf, half Lance die Beine. Sam beobachtete die Beiden, versuchte sich an den Namen des anderen zu erinnern. Seine Tochter hatte erwähnt, dass Lancelot in letzter Zeit öfter in Anwesenheit eines sogenannten Freundes war, doch er wusste nicht mehr wie er hieß. Dawson? Duncan? Er beugte den Fremden. Auch wenn sie Percy noch ein wenig aus dem Spiel hielten, hatte sich Darcy Sam anvertraut. Teilweise, weil sie wusste, dass Sam auch nur das Beste für die Moreau Brüder wollte und teilweise, weil Sam sie binnen Sekunden durchschaut hatte, nach dem sie über ihre Lügen gestolpert war.

Sam beugte, wie die beiden sich an ihm vorbei drückten. Sollte er Percival von dem neuen Freund seines Bruders erzählen? Lancelot sah man nie in Gesellschaft - er tauchte auf, erschreckte einen zu Tode und verschwand dann wieder. Ein Freund war an seiner Seite genauso schräg, wie als wenn auf einmal zwei Sensenmänner hinter einem stehen würden. Sam verschränkte die Arme, schien die Dinge abzuwarten zu wollen, bevor er voreilige Schlüsse zog. Percy würde Donovoan, oder wie auch immer er hieß, noch früh genug kennenlernen. Wenn er dann überhaupt noch relevant war.

•••

»Setzten,« befahl Lancelot und schob Dean in Richtung einer der Stühle der Küche, bevor er sich einen Lappen schnappte. Zögerlich folgte dieser dem Befehl, setzte sich, während er beobachtete wie Lance einen Lappen unter den Wasserhahn hielt. Dean hielt die Luft an, als er lächelnd auf ihn zu tritt, erwartend zu ihm hinab sah. Lancelot stand nun zwischen seinen Knien, war ihm nah genug um die Wärme seines Körpers zu spüren, doch er beäugte einzig skeptisch den Waschlappen in seiner Hand: »Was wird das?«
»Ich beseitige immer meine Katastrophen.« Naja, meistens war es sein Vater, der seine Fehler aus den Archiven löschte, bevor die Welt sie als Teil der Vergangenheit ansehen konnte. Doch es waren seine Finger, die nun Deans Gesicht zierten. Und mit so viel wurde er auch alleine fertig.

»Bin ich eine deiner Katastrophen, Lottie?«, murmelte Dean, als er sanft sein Kinn nahm, es anhob, bis er zu ihm aufsah. Vorsichtig wischte er die Farbe von seiner Haut, die er noch vor wenigen Augenblicken dort hinter lassen hatte. Ein Lächeln zierte seine Züge, das genauso sanft war, wie seine Berührungen. Dean konnte sich nicht daran erinnern, wann jemand das letzte Mal so sanft zu seiner Haut gewesen ist. Zu seiner Seele. »Die Beste, die mir bis jetzt passiert ist.«, raunte Lancelot, bevor er einen Schritt zurück trat, sein Werk betrachtete. Er hatte nur einen Großteil der Farbe abbekommen.

Vereinzelt schmiegten sich noch kleine Spuren über den geraden verlauf seiner Nase, um den Schwung seiner Lippen. Lancelot rang den Lappen aus, bevor er sich erneut zu Dean umdrehte. Gedankenverloren wischte er ihm ein paar der dunkeln Strähnen aus der Stirn, die sich in der Farbe verfangen hatten, doch bevor er den Lappen wieder senken konnte, fing ihn eine Hand ab. Dean hielt ihn auf, atmete tief ein, als er zu ihm empor sah, »Du solltest dich erst um dich selbst kümmern.« Lance lächelte nur, hatte diese Worte noch nie verstanden. »Ich komm klar.« Was war schon ein bisschen Farbe?

Deans Finger rutschten von seinem Handgelenk, ließen ihn frei, ließen ihn gewähren. Mit einem zufrieden Brummen machte er sich wieder an die Arbeit. Vorsichtig fuhr er den Schwung seiner Augen entlang. Es war dieser Moment - in dem er feststellte wie Dunkel seine Augen waren- als er realisierte, wie nah er Dean gekommen war. Sie wirkten schwarz, als würden sie selbst das Licht verschlucken. Eine Dunkelheit, die ihm so freundlich vor kam, dass sich Lancelot sicher war, dass so tiefer Schlaf aussehen musste, hätte er eine Form.

Tief einatmend wich er zurück. War er schon wieder zu weit gegangen? Zu aufdringlich gewesen? Die Menschen in seinem Leben hatten sich bereits an ihn gewöhnt, beschwerten sich nicht mehr- weswegen Lancelot sich immer wieder dabei erwischte, zu weit zu gehen. Freunde waren sich nicht so nah, oder? Er wusste es nicht. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte, damit Leute mit ihm klar kamen. Das hatte er noch nie. Es war ein Wunder, dass Dean überhaupt noch hier war. Ihn noch aushielt. Aber so lange er sie zum Lachen brachte, blieben sie länger, also...

Als hätte Dean seine Gedanken gehört, begann er zu Lächeln, so breit, dass Lance für einen Moment vergaß zu atmen. »Dean?« Er hatte in der Tat nicht gehört, was in Lancleots Kopf vor sich ging. Auch wenn sie ihm beim Militär viel beigebracht hatten, war Gedankenlesen nichts davon gewesen. Außerdem war Dean viel zu abgelenkt, um überhaupt auch nur zu erahnen, was in seinem Kopf vor sich ging.

Lance wusste nicht, dass es kein dummer Witz war, der Dean in der Küche des Gemeindezentrums zum Lächeln brachte. Nein, es war das Licht der Nachmittagssonne, das durch die Fenster auf den jungen Mann fiel. Als würde selbst die Sonne Lancelots Silhouette für sich behalten wollen, rahmten ihre Stahlen ihn sanft ein, wie es sich jeder Künstler für seine Werke nur wünschen könnte.

Er wollte seine Hand ausstrecken, das Gold berühren, dass sein Haar war, wollte wissen wie es sich anfühlte. Ob es genauso weich war, wie der Blick in Lancleots Augen. Aber er tat es nicht. Sein Lächeln verfiel, genauso wie der Gedanke der ihn für einen Augenblick die Realität vergessen ließ.

Lancelot war nichts, was sich Dean erlauben konnte. Aber das war ebenfalls eine Realität, die nur ihm galt, genauso wie der Anblick der Sonnenstrahlen, der Anblick von Lancelot.

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt