77| Lieblingshemd

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Orange Juice
Noah Kahan

Dean

Der Fernseher flimmerte, warf schwere Schatten in den dunklen Raum. Ihr Gelächter war schon vor langer Zeit verstummt, und als ich nach ihnen sah, war auch klar warum. Sie waren eingeschlafen. Ich lehnte am Türrahmen, während sich Samuel Cortez eine der Decken schnappte, um sie zu erst über Lancelot zu legen, bevor er sich eine für Darcy schnappte. Er hat zur selben Zeit wie ich nach ihnen gesehen. Liebevoll zupfte er die Decke zurecht, bevor er schweigend auf die beiden hinab sah.

Die Szene wirkte so friedlich, dass ich eine kindische Eifersucht verspürte. Wie musste es sich anfühlen einen Vater zu haben, der sich wahrlich für einen Interessierte? Wenn man für jemanden mehr war, als nur ein Erbe das man vorzuführen hatte? Ich streckte meine Finger aus, spürte meine Haut dehnen. »Du bist ein guter Vater.« raunte ich leise, um sie nicht zu wecken. Sams Kopf schnellte zu mir, »Percy ist derjenige, bei dem du dich einschleimen solltest. Er zahlt dein Gehalt.«

Schnaubend sah ich zu meinen Füßen. Ich wusste nicht ob Percy mich leiden konnte. Ich war mir sicher, dass Gwaine bereits mit mir fertig war, das stand außer Frage. Aber Percy und Sam? Es fühlte sich an als würde ich ständig auf dünnem Eis tasten. Und ich verstand auch warum. Ich fühlte mich, wie ein naiver junge, der versuchte die Eltern des Mädchens zu beeindrucken, das er ausführen wollte. Nur war es bei mir kein Mädchen. Sondern Lance. Und es waren auch nicht seine Eltern. Doch ich kannte Lottie gut genug um zu wissen, dass die Zustimmung seiner Brüder schwerer wiegte, als die seiner Eltern. Denn auch Lancelot schien sich öfter zu fragen, wie es sein würde einen Vater zu haben, der einen genauso ansah wie Sam Darcy.
»Ich meine es ernst.« beharrte ich und sah wieder in den Raum.

Sam schien in Gedanken ganz wo anders. Sein Blick hing auf der Couch und doch tausend Welten entfernt. Ich fragte mich, ob er mich gehört hatte, als er tief seufzte, so dass sich seine Schultern unter der Bewegung hoben. »Ich hätte niemals damit gerechnet.« raunte er. Ich folgte seinem Blick zu Darcy. Ihre Haare hingen ihr halb über dem schlafenden Gesicht. Leise trat ich an die Couch heran, »Vater zu werden?« So weit ich wusste, ist er erst in ihr Leben getreten, da war Darcy bereits über 10. So plötzlich in eine Vaterrolle zu schlüpfen, hatte er sicherlich nicht erwartet. Und es war bestimmt alles andere als einfach.

»Jemandem wichtig zu sein.« flüsterte er so leise, dass ich ihn kaum hörte. Fragend sah ich ihn an. Doch statt seine Worte zu wiederholen, drückte er den Rücken durch und wandte sich zum gehen. »Komm, lassen wir sie schlafen.«

•••

Lancelot

Die Zeit verging schneller als mir lieb war. Der Herbst wich dem Matsch auf den Straßen und schon war es Dezember. Ich wohnte nun schon seit ein paar Monaten im Haus meines Bruders. Bereits so lange, dass ich mich fragte, wann er mich schlichtweg wieder hinaus werfen würde. Jetzt wo meine Beine nicht mehr nachgaben, und mein Gang wieder den Schwung von früher hatte. Aber heute Abend war das meine geringste Sorge. Ich hatte mir eins von Percys langweiligsten Hemd gestohlen. Es war weiß. Und furchtbar unspektakulär. Ich hatte es wenigstens ein bisschen weiter auf geknöpft, doch es schien immer noch leblos, wie ein Reh nach dem es auf die Straße geraten war.

Frustriert fuhr ich mir durch die Haare, stieß die Luft aus den Lungen. Sie wollten heute einfach nicht sitzen. »Hey.« Überrascht sah ich zurück und entdeckte wie Dean in der Tür meines Zimmers stand. Auch er hatte einen seiner Anzüge hervorgeholt. Seitdem Percy ihn wieder eingestellt hatte, hatte er das Zimmer am Ende des Gangs bezogen. Ich konnte es die letzten Wochen gut verdrängen, wie nah er ständig zu sein schien. Und doch zuckte ich jedes Mal kaum merklich zusammen, wenn ich seine Stimme hörte. Ich wusste, dass es nicht ewig so weiter gehen konnte. Wir beide in einem Haus, das nicht uns gehörte. Aber ich konnte einfach nicht über die Zukunft nachdenken. Denn das würde nicht gut enden. Also nahm ich einen Tag nach dem nächsten. Dachte nicht über ihn, oder was da zwischen uns war nach. Und bis jetzt gelang es mir sehr gut. Doch die Luft wurde langsam dünn. Spannte sich mit jedem Tag, den wir totschwiegen, weiter an. Es war wie ein Drahtseilakt und wir schienen darauf zu warten, wer zu erst in die Tiefe stürzte. Wer zuerst einknickte. Wer zuerst...

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt