26| Dezember

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NEEVE, May Payne

Lancelot

»Du musst schon los?«, wollte ich wissen, während Dean seine Koffer in die Diele schob. »Ja, wegen dem ganzen Schnee wird die Reise wahrscheinlich länger dauern, deswegen breche ich lieber jetzt schon auf.« raunte er, während er prüfend über seine Taschen sah. Ich hatte mich auf den Rand seiner Couch gesetzt, beobachtete wie er aufbrach. Die Monate vergingen und Weihnachten stand kurz vor der Tür. Dean würde den Staat für ein paar Tage verlassen um über die Feiertage bei seiner Mutter zu sein.

»Bist du dir wirklich sicher, dass du mit deinem Auto fahren willst?« Die Fahrt nach Illinois brauchte ein paar Tage. Das würde nicht sehr angenehm werden mit der momentanen Wetterlage. Ich spähte hinaus: dicke Flocken wirbelten gegen die Fensterscheiben wie eine Warnung. Ich hatte Dean angeboten, ihm die Kosten für ein Flugticket zu zahlen, doch seine Antwort war immer die selbe, wie auch jetzt: »Ist schon okay. So lang ist die fahrt nun auch nicht.«

Er schien zufrieden mit seinem Gepäck zu sein, denn er wandte sich wieder mir zu. Mit seinen Händen in die Hüfte gestützt, sah er mich eine Weile stumm an. Ich wusste genau, an was er jetzt dachte, deswegen ... Beschwingt wie eh und je, schwang ich mich von der Couch kam auf ihn zu. »Ich komm klar.« Seine Stirn legte sich in Falten und ich lachte auf, »Was? Willst du mich vorher noch in Luftpolsterfolie einwickeln, oder so was? Machst du dir etwa wirklich sorgen um mich?« Er seufzte schwer. Wir beide wussten, dass er es tat.

Es war ja nicht so, als würde ich Weihnachten alleine verbringen. Mom hatte mich zum alljährlichen Weihnachtsessen eingeladen. Ich war mir immer noch unsicher, ob es eine gute Idee war zu kommen, aber laut Darcy wäre es keine Gefahr mehr. Dean wusste, dass ich die Feiertage ebenfalls mit meiner Familie verbringen würde. Doch das schien seine Sorgen nicht zu lindern. Vielleicht war es auch der eigentliche Grund dafür.

»Sie werden mich schon nicht auf die Straße setzten wie einen Köter!«, lachte ich als sein Gesicht keine Anstalten machte, sich zu entspannen. Das hoffte ich jedenfalls. Bei Familienessen der Moreaus wusste man nie wie sie enden würden. »Wenn irgendwas ist, dann-«
»Was?«, lachte ich. »Fährst du die 20 Stunden zurück um mir die Hand zu tätscheln? Stürmst hinein und rettest mich vor dem bösen Unheil?« Er schwieg, sah mich einfach nur an. Ich schluckte. »Komm schon, Dean.«, brachte ich eine Spur schwerfälliger hervor. »Ich hab auch die ersten 26 Jahre meines Lebens ohne dich überleb- Nope, dass stimmt nicht. Dann eben die letzten 5 Jahre.«, verbesserte ich mich. Deans Blick verfinsterte sich, so wie immer wenn ich darüber Scherze machte.

Bevor er noch etwas erwidern konnte, kam ich ihm zuvor, »Bevor du mich eiskalt zurück lässt,« ich zog ein kleines Geschenk hinter der Couch hervor. Grinsend streckte ich es ihm entgegen, während er mit großen Augen darauf hinab blickte, »Ein Geschenk?«
»Nein, ein Handbuch über die korrekte Verwendung von Email-Betreffzeilen. Natürlich ein Geschenk!« Zögernd nahm er es entgegen und ich wippte aufgeregt, auf den Fersen auf und ab. Ich hatte Wochen überlegt, was ich ihm schenken konnte. »Nun mach schon auf!« Schwer seufzend sah er zu mir hinab, »Lottie-«
»Was? Es ist nichts giftiges!«
»Lance.«
»Es beißt auch nic-«
»Ich habe nichts für dich.« fiel er mir ins Wort.

Ich hielt inne, legte den Kopf schief. »Ich weiß.« Ich hatte nicht erwartet, dass er mir etwas schenkte. Doch für Dean schien es ein triftiger Grund zu sein, sein Geschenk immer noch nicht zu öffnen. Nervös knetete ich meine Hände, wartete auf den Moment in dem er es endlich tun würde. Seine Hände verspannten sich um das Päckchen, »Ich kann das nicht annehmen.«
»Bullshit. Ich brauche nichts im Gegenzug. Ich bin steinreich, schon vergessen? Ich-«

Er nahm meine Hände, drückte mir das Parket zurück zwischen die Finger.

Verwirrt blickte ich zu ihm hoch. Sein Gesicht war ausdruckslos. »Ist es, weil es von mir ist?«, flüsterte ich. Dean schloss für einen Moment die Augen, wandte den Kopf ab, »Nein.« Ich nickte, glaubte ihm aber kein Wort. Er nahm nie Dinge von mir an, seien es Flugtickets oder nur Geld für ein Taxi. Aber ich dachte, weil in ein paar Tagen Weihnachten war... Ich  schüttelte seine Abfuhr und die schreckliche Stimmung von meinen Schultern, versuchte es erneut: »Sei nicht albern. Es ist nur ein Geschenk!«Ich wollte es ihm wieder geben, doch er wich zurück. Ich hielt inne: »Bist du jetzt der Grinch? Es ist Weihn-«
»Ich will kein Geschenk von dir, Lancelot!«, zischte er.

Ich zuckte zusammen, starrte ihn an. Oh...

Nickend sah ich darauf hinab. Ich verstand. »Es ist sowieso Albern.«, raunte ich und versuchte zu Lächeln. Deans Schultern sackten müde nach unten, »Lance, es ... es tut mir leid. Es ist nur-«
»Ist schon okay.« Das war es wirklich. Manchmal fragte ich mich, ob es vielleicht nicht doch besser gewesen wäre, am Anfang nicht ehrlich zu sein. Vielleicht hätte Dean dann nicht ganz so sehr Angst vor mir. »Ich wollte dir nichts aufzwingen.« Weder mich, noch ein dämliches Geschenk.

Ich stellte das Packet auf den Tisch neben uns, strich mit den Fingern über das Geschenkpapier. Ich würde sowieso nichts damit anfangen können. Deans Brust hob sich schwer, als er auf mich zutrat, »Ich wollte nicht ... Nur tu sowas nicht, okay? Sei einfach nicht...« er beendete seinen Satz nicht. Ich lächelte zu ihm lauf. Er musste sich nicht erklären. Nicht wegen mir.

Bevor er sich darüber beschweren konnte, schlang ich meine Arme um seinen Hals. Ich hörte wie seine Atmung abbrach, er überfordert erstarrte. Ich umarmte ihn, auch wenn ich wusste, dass ich es vielleicht nicht tun sollte. Sein Duft bohrte sich in meine Sinne, als meine Hände sich in seinen Pullover krallten. Für einen Moment, nur für einen Moment... Ich presste die Augen zusammen: »Schöne Feiertrage, Dean.« Er umarmte mich nicht zurück. Das tat er nie. »Pass auf dich auf.«, raunte ich.

Ich lächelte zu ihm auf, bevor ich mich an seinem Gepäck vorbei hinaus schlich.

•••

Dean

Ich starrte auf die Tür. Ich wusste nicht wie lang ich so in der Diele verharrte, unfähig mich zu bewegen, abgesehen von meinem Puls, der davon zu rennen schien Ich erinnerte mich daran einzuatmen. Denn manchmal schien ich es zu vergessen, wenn er...

Meine Faut sauste auf die Marmorplatte meines Tisches. Ein Weckruf. Eine Erinnerung. Schmerz zog sich durch meine Fasern. Fuck.

Das Geschenk stand neben mir, sorgfältig eingepackt, wie als würde es mich verspotten. Ich sollte es nicht wissen wollen. Er hätte es mitnehmen sollen, als er ging. Shit, er hätte es gar nicht erst bringen sollen! Ich sollte es einfach wegschmeißen.

Doch als ich danach greifen wollten, handelten meine Hände wie von selbst. Ich riss das Papier zur Seite und erstarrte erneut. Er hatte ... Woher wusste er ...? Ich drehte mich erneut zu Tür, als meine Kehle zu schnürte, wie als würde er noch dort stehen. Aber er war schon weg.

Ich sah zurück zu Lancelots Weihnachtsgeschenk.

Es war ein Modellflugzeug. Ich fuhr über den Karton. Lockheed Martin F-22 Raptor. Es ist ein Luftüberlegenheitsjäger. Das Modell mit dem ich bereits geflogen bin. Genauso wie mein Vater. Ich hatte es ihn vor Wochen im vorübergehen erzählt, dachte nicht mal, dass er zuhören würde. Aber er hatte. Lancelot hatte zugehört.

Zitternd fuhr ich über den Karton. Fuck!

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt