86| Besuch

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Lancelot

»Wo gehen wir zuerst hin?«, fragte ich über meine Schulter hinweg, während ich aufsperrte. Dean folgte mir durch die Tür, »Lass dich überraschen.« Ich drehte mich zu ihm um, während ich mir die Schuhe von den Füßen zog, »Ach komm schon! Sag mir wenigstens-?« Meine Worte brachen ab, als Deans Blick überrascht hinter mich in den Flur flirrte. Ich folgte seinem Blick, entdeckte die Gestalt am Eingang der Küche. Was zum ...? Was machte sie denn hier? Und wie kam sie hierher? Ich ließ meine Schuhe fallen.

»Rory?« Verlegen winkte sie uns zu, »Hey, Leute.« Mit schnellen Schritten eilte ich zu ihr hinüber, zog sie in eine feste Umarmung. »Oh, es ist so schön dich zu sehen!« Lachend klopfte sie mir auf den Rücken, bevor ich mich wieder von ihr trennte. Sie sah noch genauso aus wie vorher. Einzig ihre schweren Locken waren nun in schwere Braids gebunden. Ihr Gesicht lag nun nicht mehr verborgen hinter ihren Haaren. Sie versteckte sich nicht mehr. »Es ist schön zu sehen, dass es dir besser geht.« raunte sie und sah kurz zu Dean, umarmte diesen ebenfalls. »Was machst du hier?« wollte ich wissen, als wir uns Richtung Küche begaben. Ich drehte mich zu ihr um, als ich merkte, dass sie stehen geblieben war. Unsicher sah sie uns an.

»Ich ... ich brauche eure Hilfe.«

•••

Die Winterluft wehte mir um die Nase, als ich aus dem Auto ausstieg, meine Sakko richtete. Ich liebte große Auftritte. Aber das hier? Das war eine ganz neue Nummer. Ich sah über das Dach des Wagens hinweg. Dean sah bereits zu mir hinüber. Auch er trug seinen besten Anzug. Würde man uns so sehen, dachte man wahrscheinlich wir wären auf dem Weg zu einer Party. Zu der Nacht unseres Lebens. In gewisser Weise war es dass auch. Doch dieser Abend, könnte in einer absoluten Katastrophe enden.

»Ziehen wir's durch.«, raunte Rory, während sie aus dem Rücksitz kletterte. Sie hatte sich in ein weißes Kleid geschmissen, dass sie aussehen ließ wie ein unschuldiger Engel. Dabei würde sie Heute wohl eher die Rolle des Racheengels spielen. Wir sahen dem Anwesen der Callahans entgegen. Die Lichter schienen hinaus auf den Schotter. Die Verlobungsparty lief bereits. Aber wie hieß es so schön? Das beste kommt zum Schluss.

Als Aurora vor einer Woche in unserer Küche stand und unsere Hilfe wollte, rechnete ich eher mit einem Platten reifen, oder so etwas. Nicht, dass wir sie auf die Verlobungsfeier ihres Ex begleiten sollten. Ich wusste nicht, wieso oder warum, doch Rory hatte beschlossen zurück zu kehren. Und sie würde sich nicht verstecken. Und wo kann man besser wieder auftauchen, als auf einem Fest mit jeder Menge Publikum? Da kamen wir ins Spiel. Sozusagen, als mentale Unterstützung. Sie und ihr Ex-Verlobter waren nicht gerade im Guten auseinander. Und ihr Vater war immer noch auf der Suche nach ihr. Ich wusste nicht wie sie die Neuigkeiten aufgenommen hatte, dass Aaron bereits nach kurzer Zeit eine neue Verlobte am Arm hatte. Aber wobei - bei ihm ging es nie wirklich um Liebe.

Für Rory, jetzt als verschollene Braut, die neue Verlobungsparty zu crashen, war episch. Und die Tatsache, dass die Idee von ihr kam, erfüllte mich mit ungemeinen Stolz. Das weiße Kleid war jedoch meine Idee gewesen.

Ich hatte die komplette letzte Woche wach gelegen, in dem Gedanken, dass Kathrine auch dort sein würde. Aber Rory war meine Freundin. Und ich würde sie nicht alleine in die Schlacht ziehen lassen. Zudem konnte ich mir die Blicke der Anwesenden nicht entgehen lassen. Dean griff nach meiner Hand, drückte sie beruhigend. Es war seine Art mir zu sagen, dass er hier war. Seine Art mir Mut zuzusprechen. Und davon brauchte ich eine Menge.

Zwar war die Wahrheit über Kathrine nun draußen, dennoch wusste ich nicht, wie ich darauf reagiere, ihr wieder gegenüber zustehen. Doch nun war Darcy in Sicherheit. Sie hatte nichts mehr gegen mich in der hand. Ich war frei.

In gewisser Weise, war es auch mein Kampf.

Ich sah abwechselnd zu ihnen, nickte ihnen zu, »Seid ihr bereit?« Aurora zupfte an ihrem Kleid, »Ganz ehrlich? Ich wäre jetzt lieber auf den Bahamas. Oder in Kanada. Nur nicht hier.« Dean seufzte ebenfalls, »Die Karibik soll auch schön sein.« Grinsend ging ich voraus.

»Nun kommt schon.«

•••

Das innere des Callahan-Anwesens sah noch immer so aus, wie ich es in Erinnerung hatte. Schrecklich angeberisch. Das Klacken ihrer Absätze hallte wie eine Kriegstrommel von den Gängen ab, während wir auf den Saal zuschritten. Ich erwartete keine warme Begrüßung, doch ich hoffte das wenigstens kein Blut fließen würde. Im Schatten der Säulen warfen wir uns einen weiteren Blick zu, bevor wir ins Licht der Feier traten.

Ich erwartete irgendwie das die Menge verstummte, die Menschen sich vor uns spalteten wie das Rote Meer. Stattdessen wurde nur getuschelt und uns kritische Blicke zugeworfen. Als wäre das hier meine Bühne, harkte ich mich bei Dean unter und trat mit erhobenem Haupte immer weiter in den Raum.

Und dann entdeckte ich ihn. Aaron Callahan. Muttersöhnchen und Schleimbolzen. Und der ehemalige Zukünftige von Aurora. Heute mit einer neuen Blondine am Arm. Ich entdeckte ihren fetten Klunker am Ringfinger sogar aus 20 Metern Entfernung. Auch sie schienen uns zu entdecken. Denn das Gesicht von Aarons Begleitung verlor jegliche Farbe, während er diese im Gegenzug zu sammeln schien: er wurde knall rot.

Seine Verlobte wollte geradewegs auf uns zu marschieren. Uns wahrscheinlich mächtig etwas erzählen. Doch Aaron hielt sie zurück, flüsterte ihr etwas zu. Es schien als würden wir noch ein wenig auf den großen Auftritt warten müssen.

Ich lächelte ihm zu, schnappte mir einen Sekt, »Das könnte witzig werden.« Unruhig sah sich Rory um, »Shit, vielleicht war das doch keine gute Idee.«
»Ruhig bleiben, Darling. Das wird schon.« Ich trank einen kräftigen Schluck, während Dean die Menge abscheckte, als würde er erwarten, dass wir jeden Moment getackelt werden würden. »Was machen wir jetzt?«

»Was denn schon? Wir mischen uns unters Volk. Und warten bis die Scheiße zum Dampfen anfängt.«

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt