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Landmine
Post Malone

Aurora

Etwas zögerlich trat ich an das Regal mit den Wasserflaschen. »Dean war es, oder?« Ich war nicht wirklich gut darin, mich Leuten vorzustellen. Aber Lances' Nachbar war nun Teil dieses bizarren Traumes, der nun mein Leben zu sein schien. Und da ich keine Ahnung hatte, wie es von nun an weiter ging, ging ich Schritt für Schritt vor. Ich hielt es für angebracht, mich bekannt zu machen.

Ich war Dean erst einmal begegnet. Und das war, als er in mein Zimmer eingebrochen ist. Da gab es nicht wirklich die Möglichkeit uns vorzustellen. Er sah von der Flasche auf, deren Etikett, er gerade studiert hatte. Er nickte knapp, bestätigte mir damit anscheinend seinen Namen, »Dean Jeong.«
»Aurora Mahleona.«, stellte ich mich ebenfalls vor. Ein erneutes Nicken, »Ich weiß.« Natürlich. Er war ja schließlich auf meiner gescheiterten Hochzeit. Ich lächelte unbeholfen. Und damit schien alles gesagt. Ich starrte auf die verpackten Plastikflaschen vor mir, suchte verzweifelt nach einem Gesprächsthema. Warum war das so schwer?

»Also, wie-?«
»Wo ist Lancelot?«, begannen wir im selben Moment. Ich sah mich um, »Oh, er...« Die Gänge hinter uns waren leer. »Er probiert gerade irgendwo ein paar Klamotten an. Denke ich.« Dean nickte verstehend. Ich verlagerte mein Gewicht, verfluchte diesen gruselig stillen Laden. Hier wirkte die Stille noch unangenehmer. Ich atmete tief ein, wandte mich ihm wieder zu, »Er bedeutet dir viel, nicht wahr?« Dean stellte die Falsche zurück, »Was?«
»Lance? Ihr steht euch nah?« fragte ich, doch es war mehr eine Feststellung.

Dean wandte sich ebenfalls zu mir und ich war mir auf einmal nicht mehr sicher, ob das Schweigen nicht doch besser gewesen wäre. Er überragte mich ein ganzes Stück, türmte über mir, mit diesem Blick. Unruhig knetete ich meine Hände, »Ich meine ... was Heute passiert ist...« Sie hatten gerade ihr gesamtes Leben auf Eis gelegt, nur um mich in einen anderen Staat zu bringen. »Ich bin nicht überrascht, das Lance so einfach, dass alles in kauf nimmt. Ich meine er ist immerhin-«
»Ein guter Freund?«
»- ein bisschen wahnsinnig.« Dean hob die Augenbrauen. »Aber auch ein guter Freund!« schob ich schnell hinterher und hob die Hände. Der Mann schnaubte belustigt und auch ich atmete erleichtert durch. Er war gar nicht so ... nichtssagenden, wenn er lächelte.

»Aber wir kennen uns nicht. Also ... also hast du das hier nicht für mich getan. Sondern für Lancelot. Er muss dir viel bedeuten, wenn du einfach so dein ganzes Leben zurück lässt.« Sein Blick huschte zu dem Regal, sein Mund wieder eine eisige Linie, »Ich habe gar nichts zurück gelassen.«
»Okay.« erwiderte ich eine Spur verwirrt. Was auch immer das bedeuten soll. »Ich bin dir auf jeden Fall sehr dankbar. Für alles.« Er zuckte mit den Schultern, »Du stecktest in der Klemme.«
»Ja, so könnte man es auch ausdrücken.«, kicherte ich. Als er nichts erwiderte, räusperte ich mich.

»Darf ich ... Darf ich dich was fragen?« Ich sah mich um, aber wir waren immer noch allein. Dean legte kaum merklich den Kopf schief. »Bist du ein ... Freund?« Die Frage klang vielleicht irrsinnig oder naiv, aber sie war sehr wichtig für mich. Lance war schon immer umringt von Leuten gewesen. Sein Leben lang stand er immer im Scheinwerferlicht. Doch die Freunde, die hinter dem Vorhang auf ihn warteten waren begrenzt. Ich hatte oft, drei Small Talks entfernt, beobachtetet, wie er sich den Menschen für Beachtung dar geboten hatte. Oft den falschen Menschen. Das war der Nachteil seines Lächelns. Das Licht zog immer auch eine Spur Motten an. Also, wollte ich nur sicher gehen. Das Dean aus den richtigen Gründen hier war.

Sein Gesicht veränderte auf eine Spur, die ich nicht vorausgesagt hatte. So kindisch diese Frage auch klang, so einfach war auch dessen Antwort. Wie auf einem Schulhof, auf einem gefalteten Zettel, gab es auch hier nur zwei Möglichkeiten. Bist du ein Freund? Ja oder Nein. Doch Deans Augen sprachen eine Wahrheit, die ich nicht verstand. Ich hatte tausende Bücher gelesen, in denen Ausdrücke von Schuld, Trauer und Wut beschrieben wurden. Blicke, zerrissen von Rache. Münder gefoltert mit dem Schmerz eines gebrochenen Herzens. Tausende um tausende von Worten. Doch mir fiel kein einziges ein, um den Schimmer zu beschreiben, der ihn in diesem grellen Licht des Ladens überfallen hatte. »Ich ... werde auf ihn aufpassen.«, raunte er schließlich.

Ich verzog die Stirn. War das eine Antwort? »Er bedeutet mir auch sehr viel.« gestand ich. Auch wenn uns das Leben oft auseinander gerissen hatte. Lance würde für mich immer der blonde Junge mit den Zahnlücken bleiben. Eine Schwere füllte meine Lungen. »Er hat nicht viele Menschen, die .. auf ihn aufpassen.« Dean schnaubte, als wären meine Worte übertrieben. »Jeder mag Lance. Wie auch nicht, ich meine, es ... es ist Lancelot.« Ich legte den Kopf schief, »Es ist leicht ihn zu mögen. Ihn zu lieben, ist eine ganz andere Sache.« Dean schwieg.

Vielleicht war ich zu weit gegangen. Ihre Beziehung - was auch immer es war - ging mich schlussendlich nichts an. Schließlich war ich gerade vor meinem zukünftigen Ehemann davon gelaufen. Und ich hatte kein Recht Lance beschützten zu wollen. »Es freut mich, dass er jemanden hat, der ... auf ihn aufpasst.« Muss schön sein. Ich wandte den Blick zu den Flaschen. »Wie lange k-?«
»Hey Leute!«, Lance kam den Gang entlang gejoggt, seine Arme gefüllt mit so ziemlich jedem Junk Food, das der Laden zu bieten hatte.

Dean sah kritisch an ihm hinab und auch ich betrachtete seinen neuen Aufzug. Er trug das Shirt mit dem Panda, es endete zwar knapp über seinem Bauchnabel und klebte an ihm wie eine zweite Haut, aber er steckte tatsächlich drinnen. Auf seiner Nase saß eine knall gelbe Sonnenbrille und sein Lächeln enthüllte einen Lollipop zwischen seinen Zähnen. Er sah aus, wie, als hätte mein ein Kleinkind eine Weile zu lang unbeaufsichtigt gelassen. Ich erwiderte sein Grinsen. Dean hingegen sah mit einem besorgten Blick auf die unzähligen Süßigkeiten in seinen Armen, »Brauchen wir wirklich so viel?« Lance folgte verwirrt seinem Blick, »Wir? Das hier ist für mich.«
»Brauchst du wirklich noch mehr Zucker in deinem Blut?« Mit wackelnden Augenbrauen sah er zu Dean auf, »Warum? Weil ich schon süß genug bin?«
»Hyperaktiv, war das Wort was ich verwendet hätte.«

Lance quetschte sich an uns vorbei, presste Dean im vorbeigehen eine Tüte Oreo's gegen die Brust, »Hier, deine Lieblingsorte. Nicht das du noch süßer werden kannst, Darling, aber ein bisschen Hyperaktivität könnte dir nicht schaden!« Schnaubend folgte er dem beschwingten Mann, »Und was soll das jetzt heißen?«
»Das niemand Schlaftabletten mag, Dean Jeong.« Kopfschüttelnd folgte ich den beiden. Das konnte ein langer Roadtrip werden. »Wenn ich mich recht erinnere, waren deine Gefühle für mich-« Lance wirbelte herum, schritt rückwärts weiter, ohne uns aus den Augen zu lassen. »Ach? Jetzt erkennst du meine Gefühle also doch an?« Theatralisch griff er sich an die Brust. Dean verdrehte die Augen, »Sieh wo hin du gehst, Moreau.«
»Wenn du in dem Ton mit mir sprichst, kann ich es schnell falsch verstehen, das du mit mir flirt-« Dean fuhr ihm durch die Haare, drehte seinen Kopf währenddessen wieder nach vorne, bevor er ihn grummelnd überholte. »Jetzt halt die Klappe und lass uns bezahlen bevor die Mitarbeiter uns rausschmeißen.« Lance schloss schnell wieder zu ihm auf,

»Nichts lieber als das.«

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt