24| Blaue Gefallen

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Resolution
Matt Corby

Lancelot

Ich starrte auf die unzähligen Farbeimer zu unseren Füßen. »Warum ausgerechnet Blau?«, fragte Dean neben mir, als wäre das seine größte Sorge. Hätte ich gewusst, dass Sam meinen Gefallen dazu ausnutzt, mich als eine kostenlose Arbeitskraft zu erwerben, hätte ich mir einen anderen Weg gesucht, das Kriegsbeil zu begraben.

»Es wird ein Zimmer für die Kinder.«, erklärte ich und kniete mich zu den Eimern hinab, stemmte einen auf. Es war ein schöner Farbton - nicht zu knallig und dennoch bunt genug. »Wäre es dir lieber, alles hier weiß zu streichen?« Der Raum war genau das Bild, das einem vor schwebte, wenn man einen verwahrlosten Keller dachte: Wände mit Wasserschäden, freiliegende Rohre, und kalter Steinboden. Nichts was ein wenig Farbe nicht richten könnte. Mit etwas Pep, hätte bald schon jeder dieses hässliche Grundgestell vergessen.

Ich schnappte mir einen der Roller und sah seufzend zu der noch weißen Wand. Als ich merkte, dass Dean weiterhin mit verschränkten Armen hinter mir stand, drehte ich mich zu ihm um, »Willst du nicht anfangen?« Er hob skeptisch die Augenbrauen, »Ich? Warum sollte ich?« Damit ich Heute noch lebend wieder aus diesem Keller kam? Damit ich diesen Raum nicht allein in ein Disaster verwandelte? Es gab tausend Gründe. »Weil du ein gut erzogener Mann bist, der seinem Freund aus der Patsche hilft?« Er schwieg, sah zur Wand, als würde ihn dass hier alles absolut nichts angeht. Mir klappte der Mund auf, »Weil du ein gut« ich Schlug ihn mit meiner Rolle, »erzogener Mann bist!« Bei jeder Silbe. »der einem Freund,« fluchend versuchte er sich vor meiner Rolle zu retten, »aus der verdammten Scheiße hilft!«

Lachend hob er die Hände, gab auf, »Du hättest auch einfach Fragen können.« Ich hielt inne. »Dann hättest du Nein gesagt.« Er nickte, als wäre das der Sinn der Sache. Ich holte erneut mit meiner Rolle aus, doch Dean war schneller: er fuhr mir durch die Haare, drückte spielerisch meinen Kopf und damit meinen ganzen Körper ein gutes Stück von sich fort. »Na gut.« lachte er. »Ich helfe dir.«
»Halleluja!«, dankend warf ich die Arme in die Luft. »Aber,« hielt er meinen Freundenstanz auf, »dafür schuldest du mir was.«

Ah, einen Gefallen. Er wusste, dass mir nicht die Mittel fielen. Also, was wollte er? Ein Auto? Ein Haus? Ich war bereit ihm alles zu geben, würde er mich nur nicht mit meinen eigenen Konsequenzen alleine lassen. Ich lehnte mich verschwörerisch zu ihm vor, lächelte zu ihm hoch, »Was darfs' denn sein, Darlin'?« Dean sah zu mir hinab, zögerte. Sein Blick flirrte für einen Moment über mich und seine Stille machte mich nervös. Fragend legte ich den Kopf schief. Er würde mich doch nicht nach meiner Niere oder so etwas fragen? »Dean?«

»Ich denke,« raunte er, »ich hebs' mir auf.« Ich blinzelte. Bitte was nun? »Du hebst es dir auf?«
»Jap.«
»Was bin ich? Ein verdammter Dschinni?« Ich wusste ja gar nicht, ob er Gefallen den ich ihm tun musste, den gleichen Wert hatte, wie den Gefallen den er mir hier gerade tat! Was wenn ich gerade glatt über denn Tisch gezogen wurde! Nein, das hier war genauso schlimm wie Kleingedrucktes! Damit würde er praktisch alles verlangen können. Ich schluckte.

Dean lehnte sich vor, so weit, dass ich seine Wärme spürte, sein Geruch mir entgegen schlug. Ich versteifte, da ich beim besten Willen nicht verstehen konnte, was er gerade vor hatte. Sein Gesicht näherte sich meinem und für eine Millisekunde hielt ich die Luft an. Dean lehnte sich an mir vorbei, schnappte sich die Zweite Farbrolle vom Boden. Ich stieß die Luft auf den Lungen. »Willst du nun, dass ich dir helfe, oder nicht?«

Mit ungesund schnellem Puls, sah ich von seiner Rolle wieder zu ihm hinauf. Vielleicht würde ich das später bereuen. Aber es war Dean! Wie schlimm konnte es schon werden? Wahrscheinlich würde er nur wollen, dass ich ihn in Ruhe ließ, oder das er für einen Abend entscheiden durfte, was wir schauten. Mit einem Augenrollen wandte ich mich wieder der Farbe zu, »Wie auch immer, Satan. So lange ich meine Seele behalten darf.«

•••

Stolz starrte ich auf das tiefe Blau vor mir. Am Ende des Tages hatte ich es nicht nur geschafft, mir die Farbe in die Haare, unter dir Fingernägel und an so ziemlich jedes andere Körperteil zu befördern, sondern schlussendlich auch da, wo sie hingehörte: An die Wände.

Dean trat zufrieden zurück, schien auch stolz sein Werk zu betrachten. Grinsend legte ich einen Arm um seine Schulter, stieß einen Atemzug aus, wie als würde ich auf mein Lebenswerk hinab blicken. »Das haben wir doch ganz gut gemacht?« Er legte seinen Kopf in den Nacken und lachte tief auf, »Wir?« Das klang wie ein Vorwurf. Auch wenn er definitiv besser im Streichen war als ich, hieß das nicht, dass ich eine Katastrophe gewesen bin. Mit einem skeptischen Blick wandte ich mich zu ihm um, »Was willst du damit sagen?« Er sah ebenfalls zu mir, »Ich muss gar nichts sagen, sieh dich doch mal an!«

Er deutete auf mein Teenage-Mutants-Ninja-Turtle-T-shirt, dass nun mehr an Schlümpfe erinnerte. Dean hingegen, sah aus, als wären seine Klamotten frisch aus der Wäsche. Wie war das überhaupt möglich? Er lächelte, als wäre mein Anblick, dass amüsanteste was ihm seit langem über den Weg gelaufen war. Schnaubend schüttelte ich den Kopf, ließ zu, dass er mich auslachte. Warte nur. »Hast du gearbeitet, oder in der Farbe gebade-?« Ich griff in die Farbe, nur um im nächsten Moment meine Hand über sein noch fleckenfreies Shirt zu ziehen. Erschrocken keuchte er auf, wich zurück. Doch es war zu spät. Breit grinsend sah ich auf mein Werk. Eine blaue Spur zog sich über seine Brust, zierte ihn nun wie ein modernes Kunstwerke. »Hast du nicht!«, lachte er mit einer Spur von Fassungslosigkeit.

Als wüsste ich nicht, über was er sich so aufregte, hob ich die Augenbrauen. Und dann - ich tätschelte ihm auf die Wange, hinterließ auch dort meinen Abdruck, »Na na, wir wollen doch, dass du auch ein wenig nach Arbeit aussiehst.« Seine Augen verengten sich, doch mit dem Blau auf seiner Haut konnte selbst der düsterste Blick mir nichts anhaben. »Nicht wahr, De-?« Er tauchte seine Hand ebenfalls in den Eimer, bevor er mich schnappte. Quietschend wollte ich in Deckung gehen, doch ich war nicht schnell genug.

Dean schnappte mich, zog mich an sich und fuhr mir die blaue Farbe gründlich durch meine Haare. Fluchend zappelte ich seinen Griff, doch ich hatte keine Chance. Er hatte mich fest im griff. »Oh, du weißt nicht was du da gerade gestartet hast, Mister!«, drohte ich, als ich den lachenden Riesen endlich zurück schubsen konnte. »Ich habe es gestartet?«, gluckste er und wollte nochmal nach mir greifen. Ich schnappte mir meinen Roller, hielt ihn vor mich wie einen Degen. Dean sah sich um, tat es mir gleich.

Unsere Blicke duellierten sich, während wir um die Eimer tänzelten, wie Boxer vor einem Kampf. Meine Hand zierte noch seine Wange, tropfte von seinem Kinn, wirkte bei dem Blick in seinen Augen, wie eine Art von Kriegsbemalung. Und als er begann zu Lächeln - teuflisch, frei, auf eine Weise, die ich noch nie an ihm gesehen habe - musste ich schlucken. Vielleicht hatte ich gerade eine Schlacht angefangen, die ich nicht gewinnen konnte.

Aber ich war blau, verschuldet und dämlich. Ich hatte nichts mehr zu verlieren.

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt