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Yamada Aya

Dring Dring Dring

Ein nervtötendes Geräusch, welches eindeutig nicht mein Wecker war, weckte mich. Um es auszustellen, drehte ich mich um, stieß jedoch gegen eine harte, aber auch weiche, warme Barriere, die sich bewegte. Daraufhin verstummte dieses Dring Dring Dring.

Langsam öffnete ich die Augen und dachte, ich träumte. Ich starrte auf eine nackte, trainierte Brust, die sich hob und senkte.

Vage strömten Erinnerungen vom Vortag auf mich ein. Und es kümmerte mich mehr, dass wir tatsächlich wieder eine Nacht miteinander verbracht hatten als die schrecklichen Ereignisse selbst. Es erstaunte mich noch mehr, dass ich in SEINEM Bett lag und nicht in meinem.

"Guten Morgen, Kätzchen", schnurrte Kuroo in mein Ohr, nachdem er eine Hand auf meine Hüfte gelegt und mich näher zu sich gezogen hatte. Ich erwiderte sowohl das guten Morgen als auch diese Nähe, indem ich ebenfalls meinen Arm um ihn schlang.

"Es ist doch kein Traum, dass wir die Nacht miteinander verbracht haben." Ich genoss das Gefühl seiner Liebkosung. Den Kuss, den er auf mein Haar hauchte.

"Du träumst von mir? Ich fühl mich geehrt."

Augenblicklich wurde mir ganz warm. Ich spürte, wie meine Wangen rot wurden. Gut, dass Kuroo nicht wusste, dass fast jeder Traum mit ihm anfing.

"Geht's dir denn besser?"

Diese Frage war nicht sein Ernst? Ich war erschüttert und lehnte mich zurück, um ihn anzuschauen. Kuroo sah müde aus, als ob er die Nacht nicht gut geschlafen hätte. "Das sollte ich eher dich fragen." Ich konnte nicht glauben, dass Kuroo meinetwegen - einem Mädchen, welches er gerade erstmal kennengelernt hatte - Tränen vergoss. Das hatte mich erschüttert und ich verstand, dass er diesen einen Kuss brauchte. Dass es ihm leid tat, mich zu küssen, nachdem ich meine dunkelste Vergangenheit vor ihm entblößt hatte. Doch ich wollte in diesem Moment mehr als nur einen leichten Schmatzer. Nun war es mir allerdings unangenehm, dass ich diese Gefühle zugelassen hatte. Ich wollte dieses Vertrauen zwischen uns vertiefen. Festigen.

Total in dieser Erinnerung gefangen, merkte ich nicht, wie ich mich zu Kuroo lehnte und ihn küsste. Danach erkannte ich die Sehnsucht in seinen Iriden, als ich wieder auf Abstand ging.

Kuroo schmunzelte. "Neben einem hübschen Mädchen einzuschlafen und wieder aufzuwachen, welches man gern hat, bewirkt Wunder. Der gestrige Kuss hat auch seinen Teil dazu beigetragen." Der Impuls, unsere Lippen wieder zu verbinden, überkam mich, doch Kuroo hielt mich auf Abstand.

"Wieso wiederholen wir es dann nicht?" Ich war geknickt über seine Zurückweisung.

Er seufzte. "Ich möchte nicht, dass wir uns küssen." Mein Herz bekam Risse und ich spürte das Brennen in den Augen. Das tat weh. Kuroo sprach weiter. "Nicht, wenn der andere es zur Beruhigung oder ähnlichem braucht. Oder weil diese Spannung einen zerreißt."

Hat er gerade nicht noch gesagt, dass er mich mag?

"Aber Kuroo-"
"Ich bin noch nicht fertig, Kätzchen." Liebevoll nahm Kuroo mein Gesicht in seine Hände. "Ich will dich küssen, weil ich dich mag, Aya. Wenn ich dir ein Lächeln entlocken möchte. Um dich zu necken. Um dir zu zeigen, wie SEHR ich dich mag. Ich will dich küssen, wann ich möchte, und nicht, weil du oder ich es brauchen. Küss mich also nur, wenn du wirklich dazu bereit bist. Wenn du mich wirklich magst. Wenn du jedem zeigen willst, dass du zu mir gehören möchtest."

Ich war baff. Was hätte ich darauf antworten sollen? Was hätte ich tun sollen?

Kuroo meinte dann, dass ich mir ruhig Zeit lassen könnte. Auch wenn er nicht geduldig war, er würde auf mich warten.

Warum ist er so verständnisvoll?

🐱♡🐱

Unten am Esstisch frühstückten wir gemeinsam. Kuroo aß ordentlich, was sich für einen Sportler gehörte, doch ich bekam nur ein halbes Brot herunter.

Ich war nervös. Gestern hatte ich seine Großeltern kennengelernt, jedoch bin ich nur noch ein Wrack gewesen und total fertig. Vor ihnen war meine Mauer eingerissen. Peinlichkeit hoch zehn und unhöflich. Spät abends einfach so aufzutauchen und bei ihnen zu bleiben, war unangebracht und es tat mir leid.

"Du solltest mehr essen, Aya. Du hast das Wochenende kaum etwas zu dir genommen." Kuroo war besorgt.
"Hab weder Appetit noch Hunger. Nichts zu machen." Schulterzuckend legte ich das Brot zur Seite, welches Kuroo dann seufzend nahm.

"Du kannst ihr doch nicht das Frühstück wegessen, Tetsurō. Sie fällt doch bereits vom Fleisch!" Ihren Enkel rügend, der schuldbewusst zusammenzuckte, betrat Kuroos Oma die Küche und setzte sich mit einer Tasse neben ihn. "Guten Morgen ihr beiden. Geht's dir besser, Schätzchen?"
"Guten Morgen." Ich nickte ihr zu. "Vielen Dank, dass ich die Nacht bleiben durfte, Kuroo-sama."
Seine Oma winkte es ab. "Das ist doch selbst verständlich. Ich kann doch kein weinendes Mädchen vor die Tür setzen. Vor allem nicht, wenn es sich um DAS Mädchen handelt, von dem Tetsurō immer in Träumereien und Gedanken verfällt, wenn er über es spricht."
Verlegen schaute Kuroo weg. "Oma."
Ich kicherte genau wie seine Oma.

"Für dich heißt es außerdem Miyu. Das hatte ich dir gestern Abend bereits gesagt, Liebes." Ihre Worte klangen streng, aber an ihrem Lächeln sah ich, dass sie es nicht so meinte.
"Okay, Miyu." Sie war herzallerliebst und irgendwie vermisste ich meine Großmutter in diesem Moment.
"Hört sich doch schon wesentlich besser an." Ihr Lächeln verschwand und der Ernst huschte in ihren Ausdruck. "Darf ich erfahren, was geschehen ist?"

Ich wusste, dass diese Frage kam, doch sie ausführlich beantworten wollte ich nicht. "Aus bestimmten Gründen wollte ich nicht zuhause schlafen." Es war unangenehm auch nur dies auszusprechen, weswegen ich auf meine Hand starrte und immer wieder in die Haut kniff, bis Kuroo seine Hand darüber legte. "Ich wäre zu Freundinnen gegangen, aber Kuroo wollte nicht, dass ich so spät abends noch durch die Weltgeschichte wandere."

"Was auch richtig gewesen ist. Sonst hätte ich ihm die Hölle heiß gemacht, wenn er ein junges Mädchen abends allein laufen lässt." Plötzlich stand Kuroos Opa im Türrahmen.
Schmunzelnd begrüßte ich den älteren Herrn. "Das erklärt, warum Kuroo manchmal hartnäckig darauf bestanden hat, mich bis nach Hause zu begleiten statt nur bis zur Kreuzung." Daraufhin lachten seine Großeltern.
Wir unterhielten uns noch ein Weilchen, bis Kuroo und ich los mussten.

"Kuroo." Bevor er die Haustür öffnete, musste ich ihn unbedingt noch etwas fragen. "Falls Mutter mit mir zur Polizei geht und-"
"Sie geht mit dir heute hin. Das hätte sie wahrscheinlich gestern schon gemacht, wenn es möglich gewesen wäre", unterbrach Kuroo mich und nahm meine Hand.

"Kommst du dann mit?" Ich hasste den Klang meiner erstickten Stimme. Die Angst davor, zurückgewiesen zu werden.
"Natürlich, Kätzchen." Kurz nahm er mich in den Arm, ließ meine Hand allerdings nicht los. Kuroo hielt diese immer noch, als wir auf den Bürgersteig traten und Kenma mich überrascht ansah.
"Morgen. Warum-"
"Ich erkläre es dir später." Mehr sagte der Kapitän nicht. Sobald wir die Hauptstraße erreichten, ließ Kuroo meine Hand los.

Warum fand ich nicht den Mut einfach seine jetzt zu nehmen, wo ich es doch so sehr wollte?

Kuroo x OC - Das Versprechen - Haikyu!! [laufend]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt