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Ich habe meinen ersten Tag im neuen Job, Tag drei nach der Trennung von Lauren, überstanden. Die Arbeit hat mich abgelenkt. Die Zeit ist wie im Flug vergangen, mit neuen Gesichtern und Aufgaben und Matthew Hussey... Er lehnt sich mit funkelnd blauen Augen an meinen Schreibtisch.
>>Prima Arbeit, Mila. Ich glaube wir werden ein tolles Team.<<
Irgendwie gelingt es mir, die Lippen zu einer Art Lächeln zu verziehen.
>>Wenn es Ihnen recht ist, mache ich jetzt Schluss <<, sage ich.
>>Natürlich. Es ist halb sechs. Bis morgen.<<
>>Auf Wiedersehen, Matthew.<<
>>Auf Wiedersehen, Mila.<<
Ich schnappe mir meine Handtasche und schlüpfe in die Jacke. Draußen in der frühabendlichen Luft von Seattle atme ich tief durch. Trotzdem verspüre ich die Leere in meiner Brust, die mich seit Samstagmorgen schmerzlich an meinen Verlust erinnert. Ich gehe mit gesenktem Kopf zur Bushaltestelle und trauere um meinen alten Käfer... und auch ein bisschen um den Audi.
Schluss jetzt, ermahne ich mich. Ich kann mir einen Wagen leisten- einen hübschen neuen. Der Erlös für meinen alten ist sicher mehr als reichlich ausgefallen. Der Gedanke hinterlässt einen bitteren Geschmack in meinem Mund. Ich schiebe ihn beiseite, weil ich nicht wieder zu weinen anfangen will zu weinen - nicht auf der Straße.
Die Wohnung ist leer. Dinah fehlt mir. Ich stelle sie mir mit einem kühlen Cocktail am Stand auf Barbados vor, schalte den Flachbildschirm ein, damit ich das Gefühl habe, nicht allein zu sein, höre und sehe jedoch nicht hin. Stattdessen starre ich blind die Ziegelwand an, fühle mich wie betäubt, spüre nur den Schmerz. Wie lange soll das noch weiter gehen?
Als die Türglocke erklingt, setzt mein Herz einen Schlag aus. Wer kann das sein? Ich drücke auf den Knopf der Gegensprechanlage.
>>Päckchen für Miss Cabello<<, meldet sich eine gelangweilte Stimme, und Enttäuschung steigt in mir auf. Lautlos gehe ich nach unten. Vor der Tür steht ein ziemlich laut Kaugummi kauender junger Mann mit einem großen Karton. Ich bestätige den Empfang und bringe das Ding nach oben. Der Karton ist erstaunlich leicht. Darin befinden sich zwei Dutzend langstielige weiße Rosen und eine Karte.

Gratuliere zum ersten Arbeitstag. Ich hoffe, alles ist gut gelaufen. Danke für den Segelflieger. Das war sehr aufmerksam. Er hat einen Ehrenplatz auf meinem Schreibtisch.
-Lauren

Als ich die getippt Karte anstarre, dehnt sich die Lehre in meiner Brust noch weiter aus. Bestimmt hat ihre Assistentin Blumen und Karte geschickt; Lauren hatte sicher nicht viel damit zutun. Ich sehe mir die Rosen genauer an - sie sind wunderschön, und ich bringe es nicht übers Herz, sie einfach in den Müll zu werfen. Pflichtschuldig gehe ich in die Küche im eine Vase zu holen.

Ein Muster bildet sich heraus: aufwachen, arbeiten, weinen, schlafen. Oder besser gesagt der Versuch zu schlafen. Nicht einmal in meinen Träumen bin ich vor ihr sicher. Grüne Augen, dieser verlorene Blick, die glänzenden Haare - das alles verfolgt mich. Und die Musik... so viel Musik. Im Moment ertrage ich überhaupt keine Musik und gehe ihr aus dem Weg, so gut ich kann. Ich habe mit niemanden gesprochen, nicht einmal mit meiner Mutter oder Ty. Im Augenblick fehlt mir der Nerv dafür. Ich bin wie eine Insel oder oder wie ein von Krieg verwüstetes, unfruchtbares Land mit dunklem Horizont. In der Arbeit schaffe ich es irgendwie, mit Kollegen zu reden, aber das wars dann auch schon. Bei einem Telefonat mit meiner Mom würde ich zusammenbrechen - und dazu habe ich keine Kraft mehr.

Das Essen fällt mir schwer. Mittwochnachmittag habe ich einen Becher Joghurt hinuntergewürgt, meine erste Mahlzeit seit Freitag. Ich ernähre mich bin Latte macchiato und Cola light. Das Koffein hält mich an laufen, macht mich aber unruhig.
Matthew hängt bei mir herum und nervt mich mit persönlichen Fragen. Was will er? Ich antworte ihm höflich, halte ihn mir jedoch vom Leib.
Als ich, froh über die Ablenkung, einen Stapel Briefe an ihn durcharbeite, höre ich eine Mail hereinkommen. Ich sehe hastig nach, von wem sie ist.
Oje. Von Lauren. Nein, nicht hier.. nicht im Büro.
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Von: Lauren Jauregui
Betreff: Morgen
Datum: 8. Juni 2018, 14:05 Uhr
An: Camila Cabello

Liebe Camila,
verzeih die Störung bei der Arbeit. Ich hoffe, alles läuft gut. Hast du meine Blumen bekommen?
Gerade merke ich, dass morgen die Ausstellungseröffnung von deinem Freund ist. Bestimmt hast du noch keine Zeit gefunden, einen neuen Wagen zu kaufen, und es ist eine lange Fahrt. Ich würde mich sehr freuen, dich hinzubringen - falls du möchtest.
Sag Bescheid.
LAUREN JAUREGUI
CEO, Jauregui Enterprises Holdings, Inc.
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Fifty Shades of Jauregui (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt