68

655 37 0
                                    

Taylor erwartet mich bereits, und ihm scheint bewusst zu sein, dass ich spät dran bin, denn er fährt im Höllentempo durch die Stadt. Ich bin heilfroh, als er um viertel nach neun vor dem Verlagsgebäude anhält - zu einen, weil ich die Fahrt lebend überstanden habe, zum anderen, weil sich meine Verspätung mit einer Viertelstunde halbwegs im Rahmen hält.
>>Danke, Taylor<<, murmle ich und stelle fest, dass ich leichenblass bin. Mir fällt wieder ein, dass Taylor früher unter anderem Panzer gefahren ist. Vielleicht blickt er ja auch auf eine Karriere in der Formel 1 zurück.
>>Camila.<< Er nickt mir zum Abschied zu, während ich bereits davonstürzte. Erst als ich am Empfang vorbeikomme, wird mir bewusst, dass er sich scheinbar mittlerweile überwinden kann, mich nicht länger Miss Cabello zu nennen. Ich muss lächeln.
>>Camila!<<, ruft Matthew. >>Sofort in mein Büro!<<
Oh Scheiße!
>>Was glauben Sie eigentlich, wie spät
es ist?<<, schnauzt er mich an.
>>Tut mir leid, ich habe verschlafen.<< Ich laufe dunkelrot an.
>>Sehen Sie zu, dass das nicht noch einmal vorkommt. Bringen Sie mir einen Kaffee, und dann brauche ich Sie. Es müssen etliche Briefe geschrieben werden. Los, los!<<, schreit er. Ich zucke vor Schreck zusammen.
Wieso ist er so sauer? Was hat der Mann für ein Problem? Was habe ich ihm getan? Ich eile in die Küche. Vielleicht hätte ich ja doch lieber blaumachen sollen. Ich hätte mit Lauren ein paar heiße Stunden verbringen, mit ihr Frühstücken oder auch bloß reden können... mal etwas ganz anders zur Abwechslung.
Matthew nimmt mich kaum zur Kenntnis, als ich ihm den Kaffee serviere. Stattdessen drückt er mir ein mit einer nahezu unleserlichen Handschrift vollgekritzeltes Blatt Papier in die Hand.
>>Tippen Sie diesen Brief hier ab, legen Sie ihn mir zu Unterschrift vor, und dann schicken Sie ihn an sämtliche Autoren.<<
>>Ja, Matthew.<<
Er sieht nicht einmal auf, als ich ihr Büro verlasse.
Junge, Junge, der ist vielleicht sauer.

Erleichtert lasse ich mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen, trinke einen Schluck Tee und fahre meinen Computer hoch. Eine Mail von Lauren im Posteingang.
———————————————————————————-
Von: Lauren Jauregui
Betreff: Du fehlst mir
Datum: 15. Juni 2018, 09:05 Uhr

Benutz dein Handy bitte, für die Mails.
X
LAUREN JAUREGUI
CEO, Jauregui Enterprises Holdings, Inc.
————————————————————————————-
Von: Camila Cabello
Betreff: Der eine kann, der andere nicht
Datum: 15. Juni 2018, 09:27 Uhr
An: Lauren Jauregui

Mein Boss ist stocksauer.
Und du bist schuld daran, weil du mich mit deinem Schabernack am schlafen gehindert hast.
Du solltest dich schämen.

CAMILA CABELLO
Assistentin des Cheflektors, SIP
————————————————————————————
Von: Lauren Jauregui
Betreff: Schaber - was?
Datum: 15. Juni 2018, 09:32 Uhr
An: Camila Cabello

Du brauchst nicht zu arbeiten, Camila.
Du hast ja keine Ahnung, wie entsetzt ich über meinen Schabernack bin.
Aber ich stehe drauf, dich nachts vom Schlafen abzuhalten. :)
Bitte benutz dein Handy.
Oh, und bitte heirate mich.

LAUREN JAUREGUI
CEO, Jauregui Enterprises Holdings, Inc.
———————————————————————————-
Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und lege es auf den Schreibtisch. In diesem Moment läutet es. Kann sie mich nicht mal fünf Minuten in Ruhe lassen?
>>Ja<<, blaffe ich hinein.
>>Mila, hi...<<
>>Ty. Wie gehts dir?<< Es ist so angenehm, seine Stimme zu hören.
>>Mir gehts gut, Mila. Bist du immer noch mit dieser Jauregui zusammen?<<
>>Äh, ja... wieso?<< Worauf will er hinaus?
>>Naja, sie hat bei der Vernissage schließlich alle deine Bilder gekauft. Die Ausstellung läuft nur noch bis Donnerstag, deshalb dachte ich mir, ich könnte sie vielleicht am Freitag vorbeibringen. Bei der Gelegenheit könnten wir etwas trinken gehen.  Ehrlich gesagt, habe ich darauf spekuliert, bei dir zu übernachten.<<
>>Ty, das wäre toll. Ja, das sollten wir hinkriegen. Ich frage Lauren und melde mich bei dir, okay?<<
>>Cool. Dann warte ich auf deinen Rückruf. Bis dann, Mila.<<
>>Bis dann.<< Er legt auf.
Oh man, seit der Vernissage habe ich Ty weder gesehen noch etwas von ihm gehört. Ich habe ihn noch nicht einmal gefragt, ob noch mehr seiner Bilder verkauft worden sind. Eine schöne Freundin bin ich.
Wie wird Lauren darauf reagieren, dass ich Freitag etwas mit Ty unternehmen will?

>>Camila!<< Matthews Stimme lässt mich hochschrecken. Ist er immer noch sauer? Lauren muss jetzt leider warten auf ihre Antwort warten.
>>Wo ist dieser Brief?<<
>>Äh... kommt schon?<< Mist, welche Laus ist ihm bloß über die Leber gelaufen?
Ich tippe den Brief in Turbogeschwindigkeit herunter, drucke ihn aus und mache mich angespannt auf den Weg in Matthews Büro.
>>Hier.<< Ich lege ihn auf seinen Schreibtisch und wende mich zum gehen, während Matthew ihn bereits einer kritischen Prüfung unterzieht.
>>Ich weiß ja nicht, was Sie die ganze Zeit so treiben, aber ich bezahle Sie jedenfalls fürs arbeiten<<, bellt er.
>>Das ist mir bewusst, Matthew <<, murmle ich entschuldigend und spüre, wie sich eine leise Röte auf meinem Gesicht ausbreitet.
>>Das Ding ist voller Fehler <<, fährt er mich an. >>Den schreiben Sie gleich noch einmal.<<
Verdammt. Allmählich hört er sich an wie jemand, den ich gut kenne, mit einem Unterschied: mit Laurens Übellaunigkeit kann ich inzwischen einigermaßen gut umgehen, wohingegen Matthew anfängt, mir allmählich auf den Keks zu gehen.
>>Und bringen Sie mir gleich noch einen Kaffee, wenn Sie schon dabei sind.<<
Der Typ ist die reinste Pest. Ich setze mich wieder an meinen Schreibtisch, korrigiere die zwei Fehler und lese den Brief noch einmal sorgfältig durch, bevor ich ihn ausdrucke. Jetzt ist er perfekt. Dann hole ich Matthew einen frischen Kaffee.
Mit einem tiefen Atemzug mache ich mich auf den Weg in sein Büro.
>>Schon besser<<, grummelt er widerstrebend, als er seine Unterschrift unter den Brief setzt. >>Kopieren Sie ihn und schicken ihn an sämtliche Autoren. Das Original kommt in die Ablage. Verstanden?<<
>>Ja.<< Ich bin schließlich nicht dämlich. >>Stimmt etwas nicht, Matthew?<<
Er hebt den Kopf. Seine blauen Augen verdunkeln sich, als er mich von Kopf bis Fuß mustert. Mir wird eiskalt.
>>Nein<<, antwortet er mit unüberhörbarer Verächtlichkeit.
Ich mache mich auf den Weg zum Kopierer, der - logisch - einen Papierstau hat. Und als ich ihn behoben habe, ist das Papierfach leer. Heute ist definitiv nicht mein Tag.

>>Wo haben Sie gesteckt?<<, fragt Matthew als ich zu meinem Schreibtisch zurückkehre. Ich bin kurz davor meine Augen zu verdrehen.
>>Ich habe den Brief kopiert. Der Drucker hat gestreikt.<<
Allmählich geht mir der Typ auf die Nerven.
>>Wie auch immer. Ich will mein Mittagessen. Das übliche<<, befiehlt er und stapft davon.
Wieso bin ich nicht zuhause bei Lauren geblieben?
Ich schnappe meine Handtasche und mein Handy und gehe zur Tür. Auf dem Weg nach draußen checke ich meine Nachrichten.

Fifty Shades of Jauregui (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt