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Ich gehe ins Schlafzimmer. Ziehe mich aus, krame mir eine ihrer T-Shirts aus der Kommode und gehe ins Badezimmer.
Ich erkenne die ausgezehrte Frau mit den rot geränderten Augen und den fleckigen Wangen, die mir aus dem Spiegel entgegenblickt, kaum wieder. Mit einem Mal kann ich nicht mehr. Ich sinke zu Boden und ergebe mich den überwältigenden Gefühlen, die ich nicht länger zurückhalten kann.

>>Hey<< Behutsam zieht Lauren mich in ihre Arme. >>Bitte, wein nicht, Camz. Bitte<<, bettelt sie. Sie sitzt auf dem Badezimmerboden, und ich kauere auf ihren Schoß, Schlinge die Arme um sie und weine haltlos an ihrer Schulter. Zärtlich streicht sie mir übers Haar, über den Rücken.
>>Es tut mir leid, Baby<<, flüstert sie, was alles nur noch schlimmer macht.
Eine scheinbare Ewigkeit lang bleiben wir so sitzen. Als ich keine Tränen mehr habe, steht Lauren auf, hebt mich auf ihre Arme und trägt mich ins Schlafzimmer. Sekunden später liegt sie neben mir im Bett und löscht die Lichter, dann zieht sie mich in meine Arme und drückt mich fest an dich, wo ich endlich in einen unruhigen Schlaf falle.

Ich schrecke hoch. Im ersten Moment bin ich völlig benommen.
Mir ist heiß. Lauren hat sich wie eine Schlingpflanze um mich gewunden. Sie brummt, als ich mich aus ihrer Umarmung schäle, wacht jedoch nicht auf. Ich setzte mich auf und sehe auf den Wecker. Es ist drei Uhr morgens. Ich brauche eine Schmerztablette und habe Durst, also stehe ich auf und gehe in die Küche. Im Kühlschrank steht ein Karton Orangensaft, aus dem ich mir ein Glas einschenke. Er schmeckt köstlich. Augenblicklich verfliegt meine Benommenheit. Ich suche in den Schränken, bis ich die Schmerztablette gefunden habe, werfe zwei Stück ein und Spüle sie mit einem weiteren Glas Saft hinunter.
Schließlich trete ich vor die Glasfront und blicke auf das schlafenden Seattle hinaus, das sich blinkend und funkelnd unter Laurens Wolkenschloss - oder sollte ich lieber. >>Festung<< sagen? - ausbreitet.
Ich setzte mich auf den Boden und lehne mich mit dem Rücken gegen die Fensterfront.
Wie zum Teufel soll ich mich verhalten, nachdem dieses kleine Geheimnis nun gelüftet ist? Kein Wunder, dass sie es mir vorenthalten sollte.
Trotz meiner Niedergeschlagenheit genieße ich die angenehme Stille des Wohnzimmers mit all den herrlichen Kunstwerken - allesamt kalt und puristisch, dank des raffinierten Spiels aus Licht und Schatten jedoch auf ihre Weise wunderschön. Und zweifellos ein Vermögen wert. Könnte ich hier leben? Als ihre Frau. Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass sie mich fragen würde, ob ich ihre Frau werden will. Andererseits ist Lauren eine Frau, die immer genau das tut, was keiner von ihr erwartet. Die Ironie dieses Gedankens entlockt mir ein Lächeln. Lauren Jauregui, die Meisterin des unerwarteten, komplett abgefuckt, in tausend verschiedenen Facetten.
Ich schließe die Augen, lasse den Kopf gegen das kühle Glas sinken und nehme einen Atemzug, der mich mit neuer Kraft zu erfüllen scheint.
Die friedliche Stille wird von einem animalischen Schrei zerfetzt, bei dessen klang sich sämtliche Härchen auf meinem Körper aufrichten. Oh Gott! Lauren!
Ich springe auf und stürze ins Schlafzimmer, noch bevor der Nachhall des grauenhaften Lauts verebbt ist. Das Herz schlägt mir bis zum Hals.
Ich knipse Laurens Nachttischlampe an. Sie liegt im Bett, Zuckend und mit verzerrten Zügen, als würde sie Höllenqualen erleiden. Nein! Wieder schreit die auf - ein weiterer grauenvoller Schrei.
Sie hat einen Alptraum!
>>Lauren!<< Ich beuge mich über sie, packe sie bei den Schultern und schüttle sie.
Sie schlägt die Augen auf. Einen Moment lang sieht sie sich hektisch und verwirrt um, ehe sie den Blick auf mich richtet.
>>Du warst weg... du warst weg... du bist einfach weggegangen<<, murmelt sie, während ein vorwurfsvoller Ausdruck in ihren Augen erscheint. Sie sieht so verloren aus, dass es mir beinahe das Herz zerbricht.
>>Ich bin hier.<< Ich setze mich auf die Bettkante. >>Ich bin hier<<, sage ich noch einmal beschwichtigend und lege meine Hand auf ihre Wange.
>>Du warst weg!<< Obwohl in ihren Augen immer noch die blanke Panik steht, scheint sie sich ein klein wenig zu beruhigen.
>>Ich habe mir nur etwas zu trinken geholt.<<
Sie schließt die Augen und fährt sich mit der Hand übers Gesicht. Als sie sie wieder aufschlägt, liegt ein verzweifelter Ausdruck darin.
>>Du bist hier. Gott sei dank.<< Sie greift nach meiner Hand und zieht mich neben sich aufs Bett.
>>Ich hatte doch nur Durst.<<
Die Intensität hier Angst... Ich kann sie spüren. Ihr T-Shirt ist schweißgetränkt, und ich spüre das hämmern Ihrer Herzens, als sie mich in die Arme nimmt.
Sie mustert mich eindringlich, als müsste sie sich rückversichern, dass ich wirklich hier hin. Zärtlich streichle ich ihr Haar und ihre Wange.
>>Bitt, Lauren, ich bin doch hier. Ich gehe nirgendwo hin.<<
>>Oh Camz<<, haucht sie, umfasst mein Kinn und küsst mich.
Ich spüre die Begierde in ihr aufwallen und wie mein Körper instinktiv darauf reagiert, als wäre er perfekt auf sie abgestimmt.
Ihre Lippen streichen über mein Ohr, über meinen Hals und zurück zu meinem Mund. Ihre Zähne bekommen meine Unterlippe zu fassen und knabbern zärtlich daran, während ihre Hand unter mein t-Shirt und über meine Hüften aufwärts wandert.
Ein leises schaudern erfasst mich. Ich stöhne auf, als ihre Hand meine Brust findet und sie die Finger um meine Brustwarze schließt.
>>Ich will dich<<, raut sie.
>>Ich bin hier. Für dich. Nur für dich, Lauren.<<
Sie küsst mich ein weiteres Mal, voller Leidenschaft und mit einer Eindringlichkeit und Verzweiflung, die ich noch nie an ihr erlebt habe. Ich zerre am Saum ihres T-Shirts. Sie zieht es sich über den Kopf, kniet sich zwischen meine Beine und streift mir hastig mein T-Shirt ab.
Ich sehe Begierde in ihren Augen, die dunklen Geheimnisse, die ans Licht gekommen sind. Sie umfasst mein Gesicht und küsst mich, während wir auf die Kissen zurücksinken.
Sie liegt halb auf mir, so dass ich ihre Erektion an meiner Hüfte spüren kann. Sie will mich, doch in diesem Moment kommen wieder ihre Worte; alles, was sie über ihre Mutter gesagt hat. Es ist, als hätte nur jemand einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gekippt. Scheiße. Ich kann das nicht. Nicht jetzt.
>>Lauren... hör auf. Ich kann nicht<<, flüstere ich und schiebe sie von mir weg.

Fifty Shades of Jauregui (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt