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Die blanke Angst packt mich. Was wird das? Was will er von mir? Irgendwo in den Tiefen meines Inneren finde ich die Kraft und den Mut, etwas zu sagen, obwohl mein Mund wie ausgedörrt ist. Immer das Gespräch in Gang halten - dieses Mantra aus meinem Selbstverteidigungskurs hallt unablässig in meinem Kopf wieder.
>>Matthew, das ist wohl kein günstiger Zeitpunkt. Ihr Taxi ist in zehn Minuten hier, und ich muss Ihnen noch Ihre Reiseunterlagen geben.<< Obwohl meine Stimme ruhig ist, verrät mich mein Krächzten.
Er verzieht das Gesicht zu einem überheblichen Lächeln. Er macht einen Schritt auf mich zu, ohne den Blick von mir zu lösen. Seine Pupillen weiten sich, so das das Blau seiner Iris vollends zu verschwinden scheint.
Meine Angst wächst.
>>Wussten Sie eigentlich, dass ich mit Elizabeth angelegen musste, damit Sie diesen Job kriegen...<< Er tritt noch näher.
Ich weiche zurück und spüre die schäbigen Küchenschränke im Rücken.
>>Jack, was genau ist Ihr Problem? Wenn Sie Ihnen Unmut Luft machen wollen, sollten wir vielleicht die Personalabteilung dazu bitten.
Wir könnten dieses Gespräch gemeinsam mit Elizabeth in einem offiziellen Rahmen führen.<<
Wo ist der Sicherheitsdienst? Gibt es so etwas hier überhaupt?
>>Wir brauchen keine Personalabteilung. Die würden unser Problem nur unnötig aufbauschen.<< Er grinst höhnisch. >>Als ich Sie eingestellt habe, dachte ich, Sie seien jemand, der harte Arbeit nicht scheut. Ich dachte, Sie hätten Potenzial. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Sie sind schlampig und unkonzentriert. Und da stellt sich natürlich die Frage, ob Ihre... Freundin.. vielleicht dafür verantwortlich ist.<< Bei dem Wort „Freundin" schwingt eine Verächtlichkeit in seiner Stimme, die mir einen Schauder über den Rücken jagt.
>>Deshalb habe ich beschlossen, einen Blick in ihre E-Mails zu werfen, um zu sehen, ob sich dort irgendwelche Hinweise für Ihre Nachlässigkeit finden. Und wissen Sie, worauf ich gestoßen bin, Mila? Was merkwürdig war? Dass dort nur private Mails von Ihnen und Ihrer tollen Freundin gespeichert waren.<< Er hält inne und sieht mich abwartend an. >>Und das hat mich ins Grübeln gebracht. Was ist aus ihren Mails geworden? Es gibt nämlich keine. Nada. Keine einzige. Wie ist das möglich, Mila? Wie kommt es, dass ihre Mails an Sie nicht im Mail-System zu finden sind? Sind Sie vielleicht eine Firmenspionin, die Jauregui hier eingeschleust hat? Ist das vielleicht der Grund?<<
Oh Scheiße, die Mails. Oh nein. Was habe ich geschrieben?
>>Matthew, wovon reden Sie?<< Ich mime Verwirrung. Und es scheint mir ziemlich gut zu gelingen. Diese Unterhaltung nimmt einen völlig anderen Verlauf, als ich dachte. Ich traue diesem Kerl nicht über den Weg. Er hat etwas bedrohliches an sich. Er ist aggressiv, bösartig und unberechenbar. Ich versuche es auf die vernünftige Tour.
>>Sie sagten vorhin, Sie hätten Elizabeth überreden müssen, mich einzustellen. Wie könnte ich als eine eingeschleuste Spionin sein? Ich bitte Sie, Matthew.<<
>>Aber Jauregui hat dafür gesorgt, dass Sie nicht nach New York flogen dürfen, stimmt's?<<
Verdammt.
>>Wie hat sie das angestellt, Mila? Was hat Ihre superreiche, supererfolgreiche Freundin getan?<<
Ich spüre, wie auch noch der letze Rest Farbe aus meinem Gesicht weicht und meine Knie weich werden.
>>Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen, Matthew <<, flüstere ich. >>Ihr Taxi kommt gleich. Soll ich Ihre Unterlagen holen?<< Oh bitte, lass mich gehen.
Doch Matthew genießt es sichtlich, mich weiter zu drangsalieren.
>>Und sie glaubt offenbar, ich hätte versucht, Sie anzumachen, richtig?<< Er grinst. Wieder beginnen seine Augen zu leuchten.
>>Tja, ich will, dass Sie ein bisschen Stoff zum nachdenken haben, während ich in New York bin. Ich habe Ihnen diesen Job verschafft, und als Gegenleistung erwarte ich ein klein wenig Dankbarkeit. Offen gesagt, steht mir das sogar zu. Ich musste mich mit Elizabeth anlegen, um Sie zu kriegen, weil sie die Stelle mit jemanden Qualifizierterem besetzen wollte. Aber ich habe etwas in Ihnen gesehen.
(Sich selbst. Lul.)
Deshalb müssen wir eine Vereinbarung treffen. Eine Vereinbarung, die gewährleistet, dass ich auch weiterhin glücklich und zufrieden mit Ihnen bin. Verstehen Sie, was ich Ihnen damit sagen will, Mila?<<
Verdammte Scheiße!
>>Sehen Sie es von mir aus als Feinschliff Ihres Aufgabenbereichs. Und wenn Sie dafür sorgen, dass ich auch weiterhin immer glücklich bin, werde ich nicht weiter in den Geschäften Ihrer tollen Freundin herumstochern und an Licht zerren, dass sie im Hintergrund die Strippen zieht, ihre Beziehungen spielen lässt oder einen Gefallen einer ihrer Kunden einfordert.<<
Mir fällt die Kinnlade herunter. Er versucht, mich zu erpressen. Mit Sex!
Was soll ich erwidern? Die Übernahme des Verlags sollte erst in drei Wochen offiziell bekannt gegeben werden. Ich bin fassungslos. Sex- mit mir!
Matthew tritt noch näher, bis er unmittelbar vor mir steht, und starrt mich an. Der schwere, süßliche Geruch seines Aftershaves steigt mir in die Nase - ich spüre Übelkeit in mir aufsteigen -, und wenn ich mich nicht irre, dünstet er einen leichten Geruch nach Alkohol aus. Hat er getrunken, wann?
>>Sie sind ein verklemmtes Miststück, das einen zuerst geil mach und am Ende doch die Schenkel zusammenkneift<<, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Wie bitte? Ich mache die Männer geil? Ich?
>>Matthew, ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.<< Ich spüre das Adrenalin durch meine Adern peitschen.
Er kommt noch etwas näher, während ich nur auf den richten Moment warte, um zuzuschlagen. Alejandro wäre stolz auf mich. Er hat mir gezeigt, wie ich mich zur Wehr setzen kann. Immerhin kennt er sich mit solchen Dingen aus. Wenn Matthew mich anrührt - wenn mich auch nur sein Atem trifft-, werde ich ihn umnieten. Meine Atemzüge sind flach und schnell. Nicht ohnmächtig werden, jetzt bloß nicht ohnmächtig werden.
>>Sehen Sie sich nur an.<< Ein lüsterner Ausdruck erscheint auf seinen Zügen. >>Ich sehe doch, sie dich es antörnt. Du hast mich mit voller Absicht angegeilt. Tief innen drin willst du es doch auch. Das weiß ich ganz genau.<<
Großer Gott, der Typ ist so was von auf dem Holzweg. Die Angst droht mir die Luft abzuschnüren. >>Nein, Matthew, ich habe Sie nie aufgegeilt.<<
>>Oh doch, das hast du, du elendes Miststück. Ich merke so etwas.<< Er hebt die Hand und streicht mit den Fingerknöcheln über die Wange bis zum Kinn und weiter über meine Kehle, währen dich verzweifelt gegen meinen Würgereiz ankämpfe. Inzwischen haben seine Finger den obersten Knopf meiner schwarzen Bluse gefunden. Er legt seine Hand auf meine Brust.
>>Du willst mich. Gib's zu, Mila.<<

Fifty Shades of Jauregui (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt