2 | Mitbewohnerin |

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7.9.2019, Lilas Tagebuch

Liebes Tagebuch,
Das war eine der beschissensten Nächte überhaupt! Naja nach letzter Nacht, in der ich, wie schon erwähnt nur heulte.
Und den ganzen Nächten, in denen ich Mason mit seinen Tussis erwischt hatte!
Jetzt würde alles besser werden.
So viel Optimismus besaß ich noch.

"Schhhh."
Ich lag in den Armen meiner großen Schwester, nachdem diese mich am Flughafen in Empfang genommen hatte.
Wir umarmten uns lang und fest.
Blue und ich standen uns bis zum Tod unserer Mutter nie wirklich nah, was wahrscheinlich daran lag, dass sie elf Jahre älter war.
Wir lebten unsere Leben stark aneinander vorbei, lebten eher wie WG-Mitglieder als Schwestern.

Doch jetzt war alles anders.
Sie war meine beste Freundin.
Sie passte auf mich auf, unterstützte mich, sie rief mich, seit sie vor zwei Jahren nach Dallas gezogen war, mindestens zweimal die Woche an und erkundigte sich, wie es mir so ging.
Sie hatte immerhin das Sorgerecht über mich, da mein Vater.. verhindert war.

„Wie geht es dir, Pequeña?
Ist alles okay?
Hattest du einen guten Flug?", fragte sie und nahm mir einen meiner Koffer ab und rollte diesen zu ihrem weißen Opel Corsa.
„Waren ja eh nur zweieinhalb Stunden, alles gut verlaufen, ich habe viel geschlafen."

Das stimmte sogar, nachdem ich die ganze letzte Nacht geheult und Mason angeschrien hatte.

„Dieser Typ bekommt noch ordentlich was von mir zu hören.", drohte Blue und stieg ein, nachdem wir die Koffer in den Kofferraum gehievt hatten.
„Bitte nicht, Blue, ich will damit wirklich abschließen und kein Wort mehr über ihn verlieren oder hören."
Das war typisch für mich. Die Verdräng-Alles-Taktik.
„Nun gut, anderes Thema.
Ich liebe es, dass sich dein Kleidungsstil nicht geändert hat.
Coole Jacke und Hose.", bemerkte meine große Schwester zwinkernd, nachdem ich mich ebenfalls gesetzt und angeschnallt hatte, ehe sie losfuhr.
„Danke."
Ich sah an mir herunter und musterte die neonpinke Jeans-Shorts, das schwarz-grau gestreifte Shirt und meine dunkelgrüne Glitzerjacke.

Seit ich ein kleines Kind war hatte ich diesen Tick.
Ich liebte bunte Kleidung, alles was bunt war.
Im Kindergarten hatte ich meine Uniform angemalt, weil mich das langweilige Jeanskleid wirklich aufgeregt hatte.

Bunte Farben verliehen dieser grauen, meist tristen Welt etwas Farbe und ich wollte helfen, diese zu verbreiten.
Außerdem sah ich einfach komisch in "normalen" Klamotten aus.

„Wie ist es eigentlich mit deiner Idee?
Konntest du bereits mit diesem Doktor sprechen?", fragte ich, um eine mögliche, unangenehme Stille zu überbrücken, die bei Blue und mir eigentlich sowieso nie eintrat.
„Ja tatsächlich, er hat sofort zugestimmt, nachdem ich ihm deine guten Noten präsentiert habe.
Du willst nach wie vor Englisch als Hauptfach machen?
Auch wenn Dir Kunst mehr liegt?" hakte sie erneut nach.
Das fragte sie mich nämlich immer, wenn wir übers College redeten.

Ich freute mich natürlich erstmal wirklich sehr darüber, dass es so schnell geklappt hatte, ehe ich antwortete:
„Ja. Immer noch, nach wie vor. Werde ich dann auch in so einem Studentenwohnheim wohnen?", fragte ich aufgeregt und beobachtete die Landschaft an mir vorbeiflitzen.
„Wenn du unbedingt willst, aber du kannst natürlich gerne bei mir wohnen.", schlug sie nach wie vor vor, doch ich schüttelte dankend den Kopf.
„Nein Danke, ich möchte unbedingt so eine richtige Studentin sein, mit Mitbewohnerin und College-Partys und so.", verkündigte ich fröhlich.

Es war, als hätte ich Mason total vergessen.
Und Zack, da war er wieder. Mason.
Seufzend ließ ich den Kopf sinken, welcher sich dann aber wieder hob, als meine Schwester antwortete.

A heart's desiresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt