79 | Scheiß-Roman

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24.12.2019, Journal von Nathaniel Brown

„Alles klar, großer Bruder."
Mit gelangweiltem Gesichtsausdruck kam Dylan in mein Zimmer, nachdem wir uns vor einigen Stunden noch so gezofft hatten.

Ja, es gab wieder Streit, weil er mich beim Koksen erwischt hatte.

Wie schon vor zwei Wochen erwähnt, kiffte der Pisser wie ein Weltmeister, also hörte ich gar nicht darauf, was er mir sagte.

„Was willst du, Dylan.", rief ich genervt, immer noch ein kleines bisschen im Rausch und lehnte mich auf meinem Sessel entspannt zurück.

Morgen war Weihnachten und danach war sie für immer weg.
Ich hatte jedes Recht dazu mich wenigstens heute selbst unter Drogen zu setzen.

Ich blieb so wenigstens von ihr weg und kam nicht auf dumme Ideen.

„Du hast versucht Lila aufzutischen, dass du nur mit ihr gespielt hast?
Solche Aktionen sind mein Ding, Brüderchen, also bitte erklär's."

Er  hatte also mit ihr geredet.
Keine Ahnung, was die beiden jetzt auf einmal miteinander hatten.

Dylan war aus dem Geschäft raus, er war besser für sie als ich.
Auch wenn ich sie wollte, unbedingt.

„Das war das Einzige, was sie mir geglaubt hätte, sonst hätte sie sich nicht von mir fern gehalten.
Jetzt halt den verdammtes Maul und verpiss dich, wenn du dich so gut mit ihr verstehst.", nuschelte ich genervt.

Musste er mir den Tag versauen?

Wenn ich zu war, dachte ich wenigstens nicht darüber nach, dass sie verdammt nochmal nach Mexiko zurück gehen würde!

Sie würde dann dort studieren, einen guten Typ finden, heiraten, diese Plagen bekommen, die manche Menschen Kinder nannten und mich vergessen.

Ich würde dann auf meinem Geld sitzen und an sie denken, an die einzige Person, die ich nach zwanzig Jahren auf dieser Welt wirklich liebte.

„Sie weiß jetzt, dass das nur ein Schwindel war.
Du willst sie doch zurück, hol sie dir."

Mein Bruder zündete sich einen meiner Joints an und nahm einen kräftigten Zug, während ich ihn wütend anfunkelte.

Verräter.

Wenn mich Drogen nicht beruhigten, dann machten sie mich aggressiv, gerade wenn ich eigentlich traurig war.
Deshalb packte ich Dylan nun an seinem bescheuerten Kragen und donnerte ihn gegen die dünne Zimmerwand.

„Was hast du ihr gesteckt, hm?!", brüllte ich.

Im Nachhinein find ich's echt beschämend, was da in mich gefahren war.
Wie tollwütig war ich drauf.

„Ich hab sie auf die Idee gebracht, sie ist selbst drauf gekommen, lass mich los Nathaniel!
Ich habe das gemacht, weil ich nicht ansehen kann, wie mein Bruder sich die einzige Chance verbaut ein gutes Leben zu führen, ein vernünftiges, ein glückliches!
Es reicht wenn einer von uns absolutes Scheiß-Pech in der Liebe hatte.", knurrte Dyl, befreite sich aber selbst, bevor ich ihn loslassen konnte.

Das war so irre.

Unser ganzes Leben lang war er der kleine Bruder, der immer Scheiße gebaut hatte und ich der, der ihn aus der Scheiße rausziehen musste und jetzt war es andersrum.

Ja, ich gebe es zu.
Ich hatte mich in absolute Scheiße geritten.
Stinkende Scheiße, in der ich festsaß, bis ich mit Lila sprechen konnte.

A heart's desiresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt