40 | Abhauen

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19.10.2019
Journal von Nathaniel Brown.

Lila hat mir mal vor Ewigkeiten geraten, ein dämliches Tagebuch anzufangen.
Ich weiß, dass sie selbst eins führt.
Es war mir schon aufgefallen, als ich ihre Seite des Zimmers das erste mal gesehen habe, nachdem sie ausgepackt hatte.
Es war so neon-mäßig, so'n Scheiß.
Aber es passte zu ihr.
Nicht wegen dem Wort "Scheiß", ich-
Argh! Dieser Bullshit bringt doch nichts!
Wieso lass ich mich eigentlich von diesem Mädchen therapieren?
Naja aber da ich in letzter Zeit offensichtlich verdammt nochmal durchdrehte, war es vielleicht gar keine schlechte Idee.

Also, Samstag, der 19.10
Mit hängendem Kopf saß ich auf ihrem Bett und starrte den braunen Fußboden an, als mich ein Anruf störte.

„Auf der Bahn ist sie auch nicht.", teile Jenna mir außer Puste mit.

Schlampe. Ich hatte sie Schlampe genannt.
Bullshit!
Ich hätte sie aussprechen lassen sollen.
Und noch besser. Jetzt wusste jeder ganz sicher, dass wir zusammen waren.
Das waren wir ja nicht mal! Zumindest nicht mehr.
Zumindest nicht mehr, seit meiner Szene eben.
Ich hatte sie dazu getrieben das Geheimnis von diesem Cody auszuplaudern.

Ich war ein Versager.
Ein Versager in allen Bereichen.

Alles was wir hatten hatte ich jetzt zerstört, war ja nichts Neues.
Auch ein Grund, warum ich sie zu Anfang lieber aus meinem Leben haben wollte.

„Sie taucht wieder auf, okay?"
Seufzend setzte sich Marco zu mir auf ihr Bett mit dieser verrückten, wundervollen neon-bunten Bettwäsche.

Während er das sagte, bemühte er sich sichtlich selbstbewusst zu klingen, doch ich hörte sofort wie besorgt er war.

„Kennst du Lila eigentlich?
Sie ist so tollpatschig, in ihrer Aufregung könnte sie schon längst überfahren worden sein!"

Ich befürchtete das Schlimmste und dann nochmal das Doppelte davon.
Sie könnte entführt worden sein, sie könnte längst tot sein.
Sie würde nicht gehen, ohne sich bei irgendwem zu melden.

„Sie ist nicht in der Hütte."
Dylan betrat das Zimmer und stellte sich zu Marco.
Meine beiden besten Freunde sahen mich Häufchen Elend einfach an, während ich bloß die Klappe hielt und mich innerlich aufregte.

Da hatte ich mal ein Mädchen und schaffe es, es in fünf Tagen zu verlieren.
Ich liebte sie.
Ich redete nunmal nicht gerne drüber aber für sie war das okay.
Deshalb war sie ja so perfekt.

Verdammte Scheiße. Verdammte, verdammte Scheiße!

„Vielleicht wurde sie ja ermordet.
Hallo! Erde an Nate?"
Gehässig grinste Dylan mich an und ließ damit sämtliche Leitungen in mir durchbrennen.

Ich war so wütend, dass ich meinen Kiefer so fest anspannte, dass ich davon Kopfschmerzen bekam.

„Sag das noch einmal und du kannst deine gelben Raucherzähne vom Boden aufsammeln.", drohte ich dementsprechend noch saurer und musste mich wirklich anstrengen, nicht aufzuspringen und diesen Wichser zu erwürgen.

„Ist ja gut!
Mann. Dieser Kanarienvogel löst in ihm ja Synapsen aus von denen ich dachte, dass er sie nicht besitzt!", lachte dieser Idiot weiter und regte ich nur noch mehr auf.

Und wenn er sie noch einmal beleidigen würde, dann könnte ich mich garantiert nicht zurückhalten, weshalb ich aufstand und besser rausging.
Dieses Zimmer hielt ich eh nicht mehr aus, ohne sie war es genauso scheiße wie alle anderen.

„Halt einfach dein Maul, Dylan.", hörte ich Marco noch sagen, ehe ich draußen auf dem Parkplatz ihre Schwester sah.
Miss Collins.

Sie war dabei ins Auto zu steigen, also lief ich zu ihr, so schnell ich konnte.

„Warten Sie!", rief ich noch, als sie eingestiegen war, als sich plötzlich die Autotür wieder öffnete und Miss Collins verwundert wieder ausstieg.

„Wissen Sie wo Lila ist? Sie ist seit gestern Nachmittag verschwunden.", klärte ich Miss Collins über etwas auf, wovon sie wahrscheinlich schon wusste.

Und ich sollte damit sogar Recht behalten.

„Oh.. Nathaniel, so'n Mist.
Sie hat mir versprochen, sie würde Ihnen Bescheid sagen.", meinte die junge Frau entschuldigend und sah auf ihre Armbanduhr.

Gespannt sah ich sie an, während ich immer nervöser wurde.

„In einer halben Stunde fliegt so los nach Cancun."

Augenblicklich ließ ich Lila's Schwester stehen und lief los zurück zu Marco und Dylan, die wie blöd am Campus herum standen.

„Bucht mir nen Flug nach Mexiko, am besten heute noch.", rief ich den beiden zu, während ich auf mein eigenes Zimmer ging, ein paar Klamotten in ne Tasche warf und anschließend Geld und meinen Pass nahm.

Als ich wieder rauskam, standen meine besten Freunde bereits an Dylan's Chevy.

„Wenn du das schaffst, dann kannst du einen Flug in zwanzig Minuten nehmen.", berichtete Marco, als wir alle im Auto saßen.

„Das ist ihrer. Fahr!", brüllte ich gestresst.

Auf dem Weg zum nächsten Flughafen erklärte ich die Situation und sobald wir dort waren, checkte ich in Rekordzeit ein und verabschiedete mich von den beiden.

„Grüß sie von mir.", rief Marco mit diesem nervigen guter-Junge-Lächeln, dass er sich für Amara antrainiert hatte.

„Und bloß nicht von mir!"
Dylan nickte einmal, woraufhin ich loslief zum Gate und anschließend, in letzter Sekunde, ins Flugzeug stieg.

In letzter Sekunde deshalb, da nach mir die Türen geschlossen wurden.

Das Flugzeug war unwahrscheinlich leer, sodass ich mir gut einen Platz aussuchen konnte.
Lila zu finden war nicht schwer, sie war die einzig bunt gekleidete Person im Flugzeug.

Ihr rosa-blau gefärbter Pullover und die gelbe kurze Hose stachen mir sofort ins Auge und zu meinem Glück, war sie so fremdenscheu, dass sie sich eine Reihe ganz für sich gesucht hatte.

Schnellen Schrittes ging ich zu ihrer Reihe und sah auf sie hinunter.
Lila hatte ihre mit komischen Strasssteinchen verzierten Kopfhörer auf und bekam deshalb nicht mit, dass ich dort stand, also nahm ich sie ihr einfach ab.

Ich war schon noch ein wenig genervt von ihr und ihrer Art ständig wegzulaufen, vor allem, aber sie bedeutete mir nach wie vor alles.

„Ist hier noch frei?"

A heart's desiresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt