22 | Wiedersehen macht Freude.. normalerweise |

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11.10.2019 Lilas fantastisches Tagebuch
„DU bist Nate's Bruder?", rief ich aufgeregt und betrachtete den Fremden etwas genauer.

Er hatte schon gewisse Ähnlichkeit mit Nathaniel, dennoch sahen sie so verschieden aus.

Christian lächelte mich freundlich an, Nate lächelte kaum.

„Suchst du ihn?
Er ist nicht hier.", erklärte ich sofort, woraufhin Christian verwirrt das Gesicht verzog.

„Doch. Wir sind doch zusammen hergekommen, sind eben angekommen.", widersprach der Brite, woraufhin sich meine Augen weiteten und mir die Überraschung ins Gesicht geschrieben stand.

„Nate ist hier?!", brüllte ich sofort ungläubig, als Marco plötzlich seinen Kopf durch den Spalt meiner Zimmertür steckte.

„Nathaniel?", meinte der Italiener erstaunt und sah sich sofort um.

„Wo? Weißt du wo er ist?", fragte ich, ohne meinen besten Freund zu beachten.
Ich war noch zu sauer.

„Er packt gerade das Zeug aus, Zimmer 120?", meinte sein Bruder verwirrt, doch ich erwiderte nichts mehr sondern rannte einfach los.

Ich freute mich, ihn endlich wieder zu sehen und ich war stinksauer.

Ohne zu klopfen, was ziemlich unhöflich war, stürmte ich in das besagte Zimmer.
Tatsächlich stand der Brite gerade an seinem Kleiderschrank und sortierte irgendwelche Klamotten ein.
Nun sah Nate mich mit großen Augen an, doch ich ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen.

„Bist du eigentlich bescheuert?! Einfach so abzuhauen! Ohne ein Wort! Ohne eine Nachricht.
Du bist das Letzte!", brüllte ich all meine angestaute Wut einfach heraus, ehe ich beleidigt meine Arme vor der Brust verschränkte und auf irgendwas seinerseits wartete.

Er blieb still.

Das war ja so klar.
Reden, wenn's nicht passt und wenn er was sagen soll, sagte er nichts!

„Hallo!", rief ich nach zwei Minuten und winkte wild mit den Armen herum, doch es bewegte sich nichtmal etwas in seinem Gesicht.
Nathan war wie eine Statue.

„Bist du fertig?", sagte er endlich und hob langsam eine Augenbraue.

War das alles was er zu sagen hatte?!

„Heißes Outfit.", ergänzte er noch und musterte meinen Sternchen-Schlafanzug.

Ich musst nun mittlerweile so rot wie eine Tomate sein, so sauer war ich.
Wie konnte er nur?!
Wie konnte er nur so sein?! Solche Dinge sagen?!

„Du! Du bist echt.."

Ich brachte gar keinen ordentlichen Satz mehr raus.
So geschockt war ich.
Ich war sprachlos, fand keine Worte.
Da war nichts! Nada!

Nathaniel hatte nicht einmal gelächelt, er freute sich ganz offensichtlich nicht darüber, mich wiederzusehen.
Und ich hatte mir ernsthaft eingebildet, er würde etwas für mich empfinden aber er würde sich sicherlich mehr über ein Wiedersehen mit Fischen freuen als das mit mir.

„Was? Lila was?!
Was erwartest du?
Dass ich mich entschuldige?
Dass es mir leid tut, dass ich einfach weg bin?
Sorry, es tut mir aber nicht leid.
Ich bin kein Schoßhündchen, ich komme und gehe wann ich will und mir ist dabei egal, was andere denken oder sagen.
Weißt du wieso? Weil ich ein schlechter Mensch bin!", rief Nathaniel in dem kühlsten und abweisendsten Ton, den ich jemals von ihm gehört hatte.

Er machte mir richtig Angst, er wirkte so aggressiv und wütend, dabei hatte ich noch gar nicht richtig losgelegt.

Was er sagte machte mich wütend.
Nun gut, ich war schon wütend aber es machte mich wütender.

Marco hatte mir doch gerade erzählt, dass Nathaniel sogar zu ihm gegangen war und ihn darum gebeten hatte, auf mich acht zu geben, dass ich mich nicht sorgte.

Und jetzt sagte er alles so, als wäre ich ihm scheißegal.
Das tat weh.
Wieso musste ich immer verletzt werden?!

„Wie bitte?", fragte ich fassungslos.
Was er da gesagt hatte, regte einfach nur auf, weil's einfach bullshit war.

„Weil du ein schlechter Mensch bist?!", äffte ich ihn amateurhaft nach.
„In was für nem Selbstmitleids-Camp warst du denn?!"

Nate seufzte, drehte sich anschließend wieder um, sortierte weiter seine Sachen weg und ignorierte meine Präsenz.

„Hallo!", rief ich laut und lief nun zu ihm hinüber, um mich zwischen ihn und seinen Schrank zu quetschen.

Er stand direkt vor mir, sah auf mich hinab, aber sagte nichts.

Nate war mir so nah, dass ich deutlich sehen konnte, wie er seinen Kiefer und seine Oberarme angespannt hatte.
Er schien entweder zu überlegen, oder sich über etwas aufzulegen, oder beides..

„Geh weg, Lila.
Ich mein's ernst.", zischte er flüsternd und öffnete dabei kaum seinen Mund.
Seine Zähne biss er zusammen.

Stur schüttelte ich den Kopf.
„Du explodierst ja gleich.", vermutete ich stattdessen allerdings fast grinsend.

Ich würde bleiben, ich würde nicht wieder weglaufen.
Jetzt wollte ich auch mal bissig kämpfen.
Ich mochte Nathan und keiner, nicht Dylan, nicht Marco und nichtmal Nate selbst konnte das ändern.

„Lila.", brachte er noch hervor, nur noch angestrengter als vorher, wenn das überhaupt noch ging.

„Wow! Hast du Schmerzen?", grinste ich und hob frech beide Augenbrauen.
Was würde er tun, wenn ich ihn noch mehr aufregte?
Hoffentlich endlich aufhören so stur zu sein.

„Ich will dich nicht in meiner Nähe haben, verdammt!
Hau ab, Lila, geh endlich!", zischte der Brite hasserfüllt und verengte wütend seine Augen.

Glaubt bloß nicht, dass kein einziges Wort seinerseits mich verletzt hatte, es war eher das Gegenteil der Fall.

Normalerweise läge ich jetzt schon heulend in meinem Bett, doch irgendwie wollten sich meine Füße nicht bewegen.

Ich konnte nicht ganz glauben, dass er nicht hasste.
Ich wollte es nicht wahrhaben, selbst wenn es stimmte.
Wieso wollte er mich jetzt unbedingt weghaben?
Wollte er mich wieder "beschützen"?

„Ich gehe nicht.
Egal was für abscheuliche Dinge du zu mir sagst, du kannst mich nicht wieder abweisen.
Ich weiß, du tust das hier alles nur wegen deiner kranken Idee mich vor irgendwas zu schützen, aber das ist mir egal.
Ich weiß auch, dass du Angst vor Bindungen hast.
Aber du weißt ganz genau was ich empfinde und du weißt auch wie stur ich bin.
Du weißt generell viel zu viel über mich, aber ich sag dir jetzt mal was, was du vielleicht noch nicht wusstest:
Wenn ich etwas will, dann ist mir absolut alles egal.
Es ist mir absolut egal, wovor du und Marco und sogar Dylan mich schützen wollt!"

Traurig aber wahr, ich glaube ich war seit Jahren nicht mehr so ehrlich mit mir selbst und zu anderen gewesen.
Alles was ich sagte stimmte.
Noch ein Grund, wieso ich Nate so mochte, bei ihm traute ich mich irgendwie all meine Gedanken auszusprechen, die ich sonst immer in mich reingefressen hatte.
Wahrscheinlich, weil er mich immer so wütend machte, dass es einfach aus mir rausplatzte.

Nun starrte der Brite mich an und war plötzlich selbst sprachlos.
Er war wohl überrascht, nahm ich ihm nicht übel, denn ich konnte selbst kaum fassen, dass ich ihm gerade wohl gesteckt hatte, dass ich auf ihn stand.

A heart's desiresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt