33 | brüderlicher Verrat |

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19.10.2019 Lilas fantastisches Tagebuch

Liebes Tagebuch, du kannst bestimmt genauso wenig fassen, was heute passiert ist.
Aber dieser hässliche Vorfall sollte nicht der einzige sein, der heute passieren würde.
Nein, es wurde immer verrückter und verrückter.

Ich konnte es nicht fassen.
Ich würde nicht mal mehr achtzehn werden!
Wieso musste ich sterben?!
Ich war noch so jung! Es gab so viele Dinge die ich noch machen wollte.. machen musste!

Mittlerweile saßen wir sicherlich seit vier oder fünf Stunden hier rum.
Draußen war es bereits stockdunkel und ich musste wie verrückt aufs Klo, das glaubt ihr gar nicht!

Nate versuchte sich immer wieder zu befreien.
Er zerrte an den Seilen, versuchte sich rauszuwinden, versuchte an ein Messer zu kommen, das auf dem Küchentisch lag.
Nichts funktionierte, nichts ging auf.

Auch ich versuchte wie verzweifelt mich loszureißen, doch diese verdammten Handschellen schmerzten zu sehr.
Das würden sicherlich noch blaue Flecken werden.
Nach diesen paar Stunden war ich erschöpft und frustriert.
Ich dachte immer wieder darüber nach, was jetzt passieren würde und meine viel zu große Kreativität und Fantasie sorgte dafür, dass ich mir auch ausmalte wie wir wohl ermordet werden würden.

Würden sie uns einfach erschließen?
Oder langsam ausbluten lassen?!
Uns alle Gliedmaßen einzeln abschneiden und uns zusehen lassen?
Würden sie uns foltern?
Oh nein, das würde ich nicht lange ertragen!

„Lasst uns gehen. Lasst uns gehen. Lasst uns gehen. Lasst uns gehen.
Lasst uns gehen. Lasst uns gehen. Lasst uns gehen. Lasst uns gehen.", wiederholte ich immer wieder gefrustet und trat mit dem Fuß gegen die hölzernere Wand, sodass es schepperte.
Eigentlich brachte das nichts, da war allein im Haus waren, aber vielleicht würden uns die Entführer von draußen hören?

„Lila, das bringt doch nichts.", murmelte Nate lustlos und schloss anschließend müde die Augen.

„Ach ja? Und du akzeptierst hier jetzt einfach, dass wir sterben werden?", rief ich entgeistert, hörte aber auf mit dem Treten.

„Sag das nicht.
Ich werde sicherlich nicht zulassen, dass man Dir irgendwas tut."

Misstrauisch hob ich eine Augenbraue.

„.. ab jetzt!", ergänzte Nate augenverdrehend und ich begann etwas zu Lächeln.
Es war süß, was er da sagte, aber ich konnte nicht darauf vertrauen.
Immer hin war er, genauso wie ich, festgebunden.

Ich wollte so sehr meine Schwester anrufen, doch diese Idioten hatten uns unsere Handys weggenommen.
Natürlich.

„Verdammt.. bitte, ich will hier raus.", murmelte ich  genervt und natürlich total ängstlich.
Ja, ich hatte Todesangst, natürlich!
Ich machte mir beinahe in die Hosen.

„Was konnten die von uns wollen?
Von dir!
Ich hab doch nie was angestellt."
Ich weiß, dass ich Nate da irgendwie Vorwürfe gemacht habe, aber damals realisierte ich das nicht.

„Es tut mir leid..
Ich weiß nicht, vielleicht waren's irgendwelche Kinder die einfach etwas Koks oder so umsonst haben wollen?", seufzte Nate kleinlaut und versuchte langsam sich loszubinden, doch es klappte nicht.

„Und was wenn nicht?
Was wenn es Mafia-Bosse sind, die dich aus dem Weg räumen wollen?!"
Meine Fantasie mich sich mit irgendwelchen Krimis und Actionfilmen, die ich mal gesehen hatte.

„Das glaube ich nicht.
Die hätten uns direkt getötet und sich das Entführungsdrama gespart.", überlegte Nate laut, als plötzlich ein junger Mann in schwarzer Kleidung herein tritt und schmunzelnd den Kopf hob.

„Dylan?!", riefen Nathaniel und ich wie aus der Pistole geschossen.

Hinter dem Amerikaner tauchten Logan und ein Mann auf, dessen Name ich nicht kannte, den ich aber schon mal gesehen hatte.
Das war damals, als Nate mich versetzt hatte für ein "Meeting".

„Was soll das Dylan?!", zischte Nate mit angespannten Muskeln wütend und versuchte nur noch mehr sich loszureißen.

„Ich übernehme die Geschäfte jetzt.", grinste der Amerikaner nur fies und sah dann zu Logan hinüber.

„Kümmer dich um ihn.
Ich nehm die Kleine hier.", grinste der Typ fies und gehässig, den ich eigentlich für Nate's besten Freund, beinahe Bruder gehalten hatte.

Nathan hatte immer wieder erwähnt wie nah sich die beiden standen, dass sie zusammen aufgewachsen sind und wie Brüder waren.
Würde Dylan das alles wegwerfen, nur wegen dieser Drogenscheiße?!
War dieser Amerikaner noch gefühlskalter als ich dachte?

Logan und der andere lösten Nate's Fesseln und hielten ihn fest.
Ich war so sicher, dass Nate sich Actionheld-mäßig freikämpfen würde und mich retten würde, doch der Brite bewegte keinen Muskel, als die beiden ihn rausführten.

Dylan kniete sich augenblicklich zu mir hinunter und grinste mich böse an.
Gott, wie ich diesen Kerl verabscheute.

„Was guckst du so böse?
Wärst du in dem Geschäft, könntest du's verstehen.", meinte der Amerikaner schulterzuckend und kramte einen kleinen silbernen Schlüssel hervor, mit dem er meine Handschellen von der Heizung löste und anschließend von meinen Handgelenken, ehe er mir einen dreckigen Sack über den Kopf stülpte.

„Und übrigen.
Herzlichen Glückwunsch.", ergänzte er, wobei ich mir sein immer breiter werdendes, grausames Grinsen genau vorstellen konnte.

Gut, jetzt reichte es.
Wenn Nate nicht kämpfen wollte, musste ich halt.

„Danke, Arschloch.", flüsterte ich, ehe ich etwas ausholte und dem Amerikaner einen ordentlichen Schlag irgendwo in Kopf-Gegend verpasste.

„Gott! Scheiße tut das weh!", brüllte ich sofort auf, während meine rechte Faust ein brennender Schmerz durchzog.

Ich hatte noch nie jemanden geschlagen und das war echt doll gewesen.

Schnell schüttelte ich den Sack ab und sah kurz zu Dylan, der sich nach Luft schnappend den Hals hielt.

Genau an die richtige Stelle!

Schnell stolperte ich aus der Hütte.
Naja, mehr oder weniger schnell, denn ich hatte die Zeit unterschätzt.
Die Zeit, in der meine Beine nur auf dem Boden gelegen hatten und dementsprechend eingeschlafen waren.

Da hatte ich mir so Mühe gegeben, meine Hand sicherlich gebrochen und kam danach nicht weiter als zur Tür.

Irgendwer, ich schätzte mal Dylan, packte mich von hinten, stülpte mir den Sack wieder über den Kopf, band ihn diesmal fest und hob mich anschließend über die Schulter, sodass ich nichts machen konnte als mit den Beinen zu strampeln und mit den Fäusten gegen seinen Rücken zu klopfen.

„Lass mich!", brüllte ich so laut ich konnte.

Vielleicht würde mich ein Jogger hören?
Der nachts um zwölf joggen geht..

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