64 | Halt die Klappe

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18.11.2019, Lila's fantastisches Tagebuch

„Marco! Du musst ganz schnell herkommen, ich glaube morgen wollen sie euch alle an die Polizei verraten!", flüsterte ich ins Telefon.
Claude saß angespannt neben mir und kaute auf ihrem Kaugummi herum.

„Was?! Ist das dein Ernst?!
Hättest du das nicht ein kleines bisschen früher sagen können?!", rief der Italiener sofort hysterisch.
Oh Mann.. hätte ich lieber Dylan zuerst angerufen.

Als könnte der Amerikaner meine Gedanken lesen, schien er Marco das Telefon abgenommen zu haben.

„Wir sind morgen da. Versuch so viel Zeit zu schinden, wie nur möglich. Fick ihn oder so.", meinte Dylan unbeeindruckt, woraufhin ich angewidert von dem Gedanken das Gesicht verzog.
Widerlich! Das könnte ich niemals tun.

„Dylan! Beeilt euch.", bat ich seufzend. Dieses Haus schüchterte mich so sehr ein, auch wenn Claude noch hier war und ich ihr vertraute.

„Hab einfach keine Angst, Lila. Sonst verkackst du's noch."
Und dann legte dieser Blödmann einfach auf.

Aufbauender hätte er gar nicht sein können!

Claude sah mich besorgt an, sie wusste, in für eine Gefahr ich im Begriff war, mich zu begeben.
Sie hatte sogar angeboten zu helfen, doch es waren schon genug Leute in höchster Gefahr, die mir wichtig waren, also bat ich sie, einfach so zu tun als wüsste sie von nichts.

Ob ich diese Nacht schlafen könnte? Wahrscheinlich nicht.

Tatsächlich schaffte ich es nicht, einzuschlafen, aber ich dachte nicht wirklich an das, was mich morgen erwarten würde, sondern eher an Nate.

Ob zwischen uns je wieder alles so werden würde, wie es mal war?
Ja, bei dem Treffen war er ziemlich normal zu mir.. abweisend, aber relativ normal für seine Verhältnisse.
Und, keine Ahnung, er war schon ziemlich verletzt.
Ich hatte ihn verletzt.

Er hatte doch recht, mit all dem, was er gesagt hatte.
Er hatte sich mir geöffnet und dieser Prozess war anstrengend genug und ich hatte das trotzdem gemacht.
Ich hatte ihn verlassen, obwohl ich ihn noch liebte und ich habe sicherlich niemandem mit dieser Aktion in Sicherheit gebracht, so wie ich es vorhatte.

Und falls er mir irgendwann verzeihen würde, würde es ein absoluter Kampf werden, sein Vertrauen zurück zu gewinnen.
Wobei ich mir gar nicht sicher war, ob ich dieses je hatte.

Gott, er fehlte mir so sehr.
Mit ihm wäre all das hier einfacher und obwohl ich super tolle Unterstützung von allen bekam, fühlte ich mich irgendwo auch auf mich allein gestellt.

Wir hatten ja nichtmal Bilder zusammen, die ich mir hätte ansehen können, denn immer wenn ich welche machen wollte, wollte er nicht.

Gegen fünf Uhr morgens schaffte ich es doch irgendwie für ein paar Stunden meine Augen zuzumachen, aber ein erholsamer Schlaf war das sicher nicht.

Vor allem weil ich von einem Kuss des Scheusals geweckt wurde.
Das gefälschte Lächeln auf meinen Lippen schien der Franzose nicht zu erkennen.
Nate würde das sofort erkennen, er würde es sogar erkennen, wenn er nicht mal hinsehen würde.

„Guten Morgen, Prinzessin. Heute ist ein besonderer Tag!", flüsterte Thomas lächelnd, woraufhin ich grinsend aufstand.

Und was für ein Tag heute war!

Mittlerweile war ich hellwach und bester Laune.
Ich war voller Hoffnung, dass wir unsere Rache bekommen würde, denn unser Plan war wirklich gut.

„Wann bekommen wir diesen blöden Kerl endlich dran?", fragte ich aufgeregt und grinste Thomas an, während ich meine Haare kämmte.

„Das dauert, Liebste!", lachte der Franzose.
Eigentlich war er ja ein netter Kerl..
Nein! Nein er war ein Scheusal!
Was, wenn wir uns täuschten?
Was, wenn Thomas gar nicht dahinter steckte und der wahre Böse ihm all diese Nachrichten untergejubelt hatte?
Oh Gott, ich war mittlerweile so paranoid wie die anderen!
Hatte ja auch nichts schlechtes, immerhin war ich somit aufs Schlimmste vorbereitet.

„Wir haben die Bilder im Lager.", erklärte er dann, woraufhin ich nickte.

„Und gibt es irgendwo noch irgendwelche Kopien? Ich mein, zur Sicherheit.", fragte ich lächelnd und begann mir die Zähne zu putzen, während Thomas schräg hinter mir stand und mich mit verschränkten Armen schmunzelnd beobachtete.

Er dachte echt, ich wäre seine Kom..Kop... Komplizin!

„Alles im Lager, Süße, mach dir keine Sorge!
Alles ist sicher auf mehreren Computern und Dateien, außerdem, wer sollte darauf kommen?
Ich mein, ich kenne diese Typen seit mehreren Jahren und sie sind nie darauf gekommen, dass ich in der Gruppe bin, die sie immer gesucht haben.", erklärte Thomas stolz.

Oh Gott, wie ich diesem Typen das Grinsen noch vergehen würde.

„Was meinst du eigentlich mit wir, wer ist denn da noch in deiner Gruppe?", fragte ich mit diesem kindlichen, naiven Ton, als würde ich von nichts wissen.

Ich sollte Schauspielerin werden!

„Hmm, niemandem den du kennst, eigentlich.
Wir hatten mal etwas Hilfe von Christian Brown."

Mir stockte der Atem.
Christian?! Nate's Bruder?
Er würde doch nie...
Und außerdem:

Ihr habt euer eigenes Mitglied umgebracht?!", schoss es beinahe aus mir, ehe ich mich erschrocken umdrehte und Thomas anstarrte, der bereits zu begreifen begann.

Mist! Mist! Mist!
Ich war tot.
Wieso konnte ich nicht ein einziges Mal die Klappe halten?!

A heart's desiresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt