32 | Entführung |

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18.10.2019, Lilas fantastisches Tagebuch

Liebes Tagebuch, heute war vielleicht ein verrückter Tag, das glaubst du gar nicht.
Dass an einem Tag so viele irre Sachen passieren können hätte ich aber nicht gedacht!
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll zu erzählen!
Vielleicht am See? Ja, am See.

„Biologie, Physik, Englisch und Literatur.", zählte ich meine Hausaufgaben frustriert auf und ließ meine Bücher auf die Picknickdecke fallen, ehe ich den kleinen See vor mir betrachtete.

„Welcher idiotischer Lehrer gibt einem am vorletzten Tag noch Hausaufgaben auf?", beschwerte ich mich frustriert und schlug bereits das Biobuch auf.
Eigentlich machte ich selten Hausaufgaben, aber da ich mittlerweile zu oft erwischt wurde, konnte ich mir nichts mehr erlauben.

„Mr. Darren.
Der gibt nicht nur am vorletzten Tag was auf, sondern auch am Letzten.
Freu dich schonmal.", grinste Nate und legte sein Buch neben meins.

„Deshalb war ich immer froh, dass ich sonst in den Ferien Geburtstag hatte..", murmelte ich seufzend und bemerkte zu spät, dass ich mich verplappert hatte und Nate zu schlau war um diesen Wink nicht zu verstehen.

„Du hast heute Geburtstag?!", rief der Brite entgeistert und drehte sich auf den Rücken, sodass er mir genau ins Gesicht sehen konnte.

„Nein..", murmelte ich kleinlaut, woraufhin Nathaniel wieder ruhiger wurde und sein ernstes Gesicht entspannte.

„Morgen.", ergänzte ich und hatte die Ruhe wieder zerstört.

„Morgen?!
Lila!
Wann wolltest du mir das sagen?
Übermorgen?
Wieso hast du nichts gesagt?", fragte Nate sichtlich aufgebracht und ich wünschte mir wiedermal eine Zeitmaschine herbei.
Ich könnte eine Woche zurück reisen und Nate von meinem Geburtstag erzählen.
Nur, dass ich da selbst noch nicht dran gedacht hatte.

„Erstens habe ich's irgendwie vergessen.
Zweitens hatten wir deutlich wichtigere Dinge zu bereden und drittens..
Also drittens..".
Mir fiel beim besten Willen kein dritter Grund ein, denn es war auch absolut dumm das zu verschweigen.
Vor allem weil ich normalerweise jemand war, der ein großes Ding aus seinem Geburtstag machte.

„Wenn man keine drei Gründe hat, hat man keine Gründe!", zitierte der Brite eingeschnappt etwas, das Marco immer zu sagen pflegte.

Bescheuert, oder?

„Das ist das dümmste Sprichwort, das es gibt.", erwiderte ich kopfschüttelnd und beugte mich vor, um Nate einen Kuss auf die Wange zu drücken.

„Jetzt sei nicht so.
Wir können doch sicher was essen gehen oder einfach abhängen.", schlug ich grinsend vor.
Mit Nate war es, wenn wir uns nicht gerade stritten, immer toll und so würde auch mein Geburtstag toll werden.

„Abhängen? Ist das dein Ernst?
Du wirst neunzehn!
Das ist zwar keine besondere Zahl, aber-"

„Ich werde achtzehn.", korrigierte ich ihn unterbrechend kleinlaut.

Natürlich war das erreichen des 18. Lebensjahrs in den USA kein großes Ding, aber in Mexiko schon.
Mit 18 durfte man nämlich Alkohol kaufen und konsumieren.

Nate wusste dies anscheinend.

„Das ist ja noch besser!
Mann, Lila!
Der achtzehnte ist der besonderste Geburtstag... in England zumindest.."

Ach ja... in England gab's mit achtzehn neben dem Alkohol und so auch die Erlaubnis zum Führerschein.

„Ja.. gehen wir essen.
Aber ich werde dir dein Leben lang vorenthalten, dass du mir nichts gesagt hast.", bemerkte Nate grinsend und beugte sich anschließend vor um mir einen Kuss auf die Stirn zu geben.

„Damit kann ich leben."

Grinsend begannen wir tatsächlich unsere Hausaufgaben zu machen und wurden sogar fertig, als es plötzlich kühler wurde.
Der Sommer ging endlich zu Ende.

Wir packten die Decke ein und machten uns auf den Weg zurück zum Park.
„Das war ein echt schöner Tag.", murmelte ich gedankenverloren und blickte zu Nate, der sofort zu mir hinunter sah, etwas lächelte und langsam nickte.

„Das war's ech-"

Die Miene des Briten verfinsterte sich und er schaute nun nicht mehr in meine Augen, sondern schräg an meinem Gesicht vorbei in die Ferne.

Dieser Blick machte mir wirklich Angst, als stünde ein Geist hinter mir.

Ich traute mich nicht mich umzudrehen, weshalb ich einfach weiter zu Nathaniel sah und merkte, wie langsam alles in mir erstarrte.

Als Nate's Augen sich auf einmal erschrocken weiteten, stand ich gefühlt kurz vorm Herzstillstand und ab da ging alles so schnell, dass ich gar nicht mehr weiß was so in mir abging.

„Lila!", hörte ich Nate noch brüllen, als mich jemand am Nacken packte, der definitiv nicht mein Brite war.

Erschrocken zog ich die Luft ein, als mir ein Tuch auf den Mund gepresst wurde und ich augenblicklich das Bewusstsein verlor.

-

Ich öffnete meine Augen minimal, als mir ein grelles Licht entgegen blendete, was dazu führte, dass ich meine Augen erneut wieder zukniff.

Ich versuchte mich langsam an die Helligkeit zu gewöhnen, bis ich mir Mühe gab irgendwas zu erkennen.

Ich hatte keine Ahnung wo ich war, es sah aus wie ein alte Hütte.
So eine Ferienhütte aus Holz, die maximal Platz für zwei Personen hatte.

Als ich endlich fertig war mich umzusehen realisierte ich, dass man mich mit engen Handschellen an die Heizung gekettet hatte, die so fest in die Wand verankert war, dass ich mich nicht losreißen konnte.

Erfahrungen mit Selbstbefreiung hatte ich auch sowieso nicht.

Doch ich war nicht die einzige.
Gut drei oder vier Meter entfernt, direkt gegenüber von mir saß ein junger Mann, der nach unten zu Boden blickte.

Seine Hände waren mit einem Seil über ihm an einen Holzpfahl zusammen gebunden.

Seine braunen Haare waren vorne mit etwas Blut benetzt.
Höchstwahrscheinlich mit seinem eignen.

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis ich meinen ganzen Verstand wieder hatte und dieser es natürlich schaffte eine kleine Panikattacke zu kreieren.

Was mach ich hier?!
Was soll das Ganze?
Wieso.. wo war ich?
Wo war Nate?
Was wollen die Leute oder die Person von mir?
Würde ich sterben?
Ja klar würde ich.
Würden sie mich ermorden und im Wald verscharren?
Ich muss hier raus.

All diese Gedanken wiederholten sich immer wieder in meinem Kopf.
Brüllten mich an.
Schwirrten chaotisch umher.

Meine Angst wurde immer größer.
Ich wollte nicht sterben, natürlich nicht!

Panisch ruckelte ich an der Heizung und versuchte mich loszureißen.

Das harte Metall der Handschellen bohrte sich in meine Haut und es tat wirklich mehr weh als ich dachte.

„Hätten die nicht diese Scheiß-Fetisch-Handschellen nehmen können mit Plüsch dran?!", brüllte ich vor Schmerz und gab schließlich auf.

„Vergiss es, das bekommst du nicht los.", sprach der Junge auf einmal, woraufhin ich erschrocken die Augen aufriss.

Das war .. Nate!
Und es war auch Nate's Blut auf Nate's Stirn.

„Nathaniel!", rief ich erschrocken, ehe der Brite langsam aufsah.

Auf seiner Stirn und auch auf seiner rechten Faust klebte getrocknetes Blut und er sah fürchterlich müde aus.

„Wie geht's dir, Lila?
Ist alles ok?", fragte er besorgt und sah mich aus seinem müden und trüben Augen an.

„Es geht.
Ich mach mir Sorgen um dich.
Was ist passiert?", fragte ich verzweifelt und sah mich um.

„Ich weiß es doch nicht.
Ich bin auch eben erst wach geworden.
Diese Mistkerle.
Ich wollte dich doch beschützen..."

A heart's desiresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt