Vespasian ritt durch das gewaltige Tor, es der gigantischen Festung. Sie wurde vor Jahrhunderten von den Gründern des Ordens gebaut. Vespasian wusste nur das, was in Legenden und Geschichten erzählt wurde. Der Orden wurde von den Priestern der Zwillinge gegründet, ein Ort des Gebets, der Lehre, des Trainings und der Studien, verschlossen hinter Mauern. Hier wurden die neuen Priester ausgebildet, Priester und Krieger. Hier ging es vor allem um den Dienst an den Zwillingen, sie lernten im Namen des Atmos die Pflanzen, die zum Heilen und die zum Töten. Im Namen des Aternos lernten sie die Kriegskunst, mit jeder Waffe und mit jedem Muskel.
Was hinter diesen Mauern geschah war der Außenwelt verschlossen, hier wurden neue Waffen erschaffen, Heilmittel und Gifte gebraut. Alles andere schwankte zwischen Gerücht und Wirklichkeit.
Das Wissen blieb nur den Priestern vorbehalten. „Hier endet eure Reise!" Ein Priester trat ihm entgegen. Er trug eine graue Kutte, eine lange dicht anliegende Stoffhose mit einem Wams, die Ärmel waren zum Ende hin etwas weiter. Um seine Hüfte wand sich ein schwarzer Gürtel mit einem kurzen Dolch an der rechten Seite.
Er hatte es bis hier hin geschafft, hatte den Troll überlebt und William abgeschüttelt, er hatte es sogar geschafft mehrere Zirkel zu finden und auf seine Seite zu ziehen, nun hing der Plan seines Herren von genau einer weiteren Sache ab. Er stieg ab und nickte dem Bruder zu und versuchte möglichst ungefährlich auszusehen. „Was hat ein Botschafter des Königs fern ab des Reiches zu suchen, dieses Land ist das Land des Ordens, ihr habt keine Befugnisse!" empfing der Priester ihn mit dunkel glitzernden Augen. Vespasian nickte abermals und fragte sich warum alle diese Priester auf ihre eigene Weise so angsteinflößend wirkten.
„Ich muss den Hohenrat sprechen!" verkündete Vespasian und versuchte zu seinem selbstsicheren Verhalten zurück zu finden. Ganz funktionierte es nicht, ein leichtes Zittern der Stimme konnte er nicht verbergen. „Weshalb?" „Ich reise im Namen meines Königs" betonte Vespasian, es war keine Lüge, nur redeten sie nicht vom selben König. „Ich werde einen Boten entsenden." bemerkte der Priester steif und gab ihm mit einem erbarmungslosen Wendeln der Hand zu verstehen, dass er aus dem Tor zurückweichen sollte. „Ich werde ihn mitnehmen!" ertönte eine raue Stimme. Ein großer Priester mit langem dünnen Körper und spinnenbeinartigen Fingern trat auf sie zu. „Hüter Belonus" der Wächter verneigte sich. „Das Protokoll verlangt eine Erlaubnis für Außenstehende." „er hat meine Erlaubnis" betonte der große Mann mit dunklem Lächeln und bedeutete dem Königsboten mit einem Kopfnicken ihm zu folgen. Vespasian trat einen Schritt voran, da hob der Wächter die Hand „Ihr betretet Heiligen Boden, euch ist es nicht gestattet eure Waffen über diese Schwelle zu führen." Mit düsteren Gedanken hängte Vespasian Dolch und Schwert aus und überreichte sie dem Mann. Er fühlte sich an diesem Ort nackt, so gut wie jeder den er hier treffen würde war ein Priester der Zwillinge, ein Mann geschult selbst mit dem kleinsten Finger zu töten und der Wächter da sah schon so aus, als würde er nur auf einen Grund warten. „Was führt euch hier her Königsbote" fragte Belonus während er ihn über einen riesigen Platz führte über dem eine gewaltige Statue der Zwillinge thronte, es war schwer zu sagen ob die marmornen Statuen wachend oder drohend schauten. „Euer Glaube ist es wohl nicht" bemerkte der Priester während er die fehlende Demut in Vespasians Augen genau beobachtete. „Ich bin hier für meinen König und werde das Anliegen dem Hohenrat vortragen." antwortete er steif und versuchte seinen Blick von den gewaltigen Abbildern der Götter zu nehmen. „Dann werde ich mich bis dahin gedulden." bemerkte der drahtige Priester während er sich den schwarzen Wangenbart kratzte. Vespasian verfluchte sich, der Wächter hatte diesen Priester mit Hüter angesprochen, genau das war ja der Titel für die Ratsmitglieder. Er versuchte ein nettes Gespräch zu beginnen, doch der Priester ließ ihn mit knappen, aber eleganten Antworten abprallen. Vespasian kochte über seine eigene Dummheiten, einen der Priester hatte er nun schon vergrault, das fing ja gut an.
Stumm folgte er dem Hüter in das alte Gewölbe, dort wurden sie von Statuen vergangener Mitglieder empfangen. Bei vielen trug der Sockel Namen und Lebenszeit der Männer eingraviert. Sie waren selbst bis auf die kleinste Falte aus Stein gemeißelt worden, viele schon Jahrhunderte alt. Vespasian vermutete Zwergenarbeit hinter diesen Kunstwerken, er bezweifelte, dass ein Mensch Stein so formen konnte. Es schien als seien sie mitten in der Bewegung eingefangen worden. Gekonnt hatte der Künstler echte Waffen, Schriftrollen und Relikte hinzugefügt und so Skulpturen geschaffen, die mitten bei der Arbeit schienen. Die letzte Statue vor der sie standen lächelte gutmütig in ihre Richtung während sie auf einem Sessel saß, ein echtes Buch über den Beinen und einen Finger auf den Zeilen.
Der Rat tagte in einer runden Halle, rote Marmorsäulen trugen ein kuppelförmiges Dach und Mosaike schmückten die Wände, während das Innere des Daches ein perfektes Abbild des Nachthimmels wiedergab. Vespasian stand in der Mitte eines Kreises aus Holz geschnitzten, mit rotem Samt ausgeschlagenen Sesseln. Jeder Sessel war verzierte und völlig anders als der vorherige, doch jeder für sich hätte als ein königlicher Thron benutzt werden können.
Auf den Stühlen saßen nur ältere Männer, sie waren die führenden Köpfe dieses Ordens und auch wenn es niemand aussprach, gehörten sie zu den mächtigsten Männern in ganz Relons. „Ihr habt eine Botschaft für uns?" Vespasian wusste nicht wer von ihnen gesprochen hatte, es kam von links hinter ihm. Die Throne standen auf einer Erhöhung, Vespasian musste nach oben schauen um Blickkontakt aufnehmen zu können. Er verneigte sich und erhob sie Stimme. „Werte Herren, es tut mir leid, aber die Botschaft war ein Vorwand um euch sprechen zu können." Wütendes Gemurmel erfüllte die Atempause, dann setzte einer der Hüter an zu sprechen, sein Schädel war kahl und fleckig, doch seine Aussprache war autoritär und erhaben. „Nun was führt euch dann her, unsere Zeit ist kostbar, wir alle haben wichtigen Studien nach zu gehen." „Ich bin hier im Namen des waren Königs" „Keiner zweifelt den jungen König Dendron in dieser Halle an" schallte Belonus Stimme nun von seinem Thron aus durch die Halle. „Nein, das ist er nicht, ich bin hier für den wahren König und ich fordere einen Gefallen von euch ein, tötet Dendron, den falschen König." Die Reaktion der Väter war verschieden, die einen Lachten die anderen Fluchten über diese Unverfrorenheit, die anderen hüllten sich in bedächtiges Schweigen. Da ergriff wieder der Alte das Wort, er hatte zu denen gehört die ihn schweigend betrachtet hatten. „Wie kommt ihr auf die Idee von uns Hilfe erwarten zu können? Wir sind neutral den Regenten der Länder gegenüber und hegen keinen Groll weder gegen den König noch haben wir eine Sympathie für jemanden der sich König nennt. Und wie kann gerade einer seiner Getreuen seinen Tod fordern?" Vespasian griff in einen Beutel an seiner Hüfte, eine kurzen, schrecklichen Moment dachte er ihn verloren zu haben, dann berührten seine Finger etwas kühles. Es war noch da, er packte es und zog es hervor. „Meine Gründe gehen euch nichts an. Einzig allein dies ist von Belang." Er öffnete die Hand, es war ein Amulett eine goldene ovale Scheibe mit eingravierten Schwertern und einer Pflanze, es hing an einer feingliedrigen Kette mit einem eleganten Verschluss. Nun war die Reaktion der Hüter eine andere, Staunen, Ausrufe und Schock. Dieses Amulett war das eines Hüters. Dies war das höchste Geschenk, welches ein Ratsmitglied machen konnte. „Ihr wisst alle was das hier ist." Er drehte sich im Kreis und ließ die Münze gut sichtbar an der Kette baumeln. „Ein Leben für ein Leben, so fordern es die Zwillinge!" „Woher habt ihr dieses Geschenk" Der Sprecher streckte die Hand aus, Vespasian ging vorsichtig ein paar Schritte auf ihn zu und legte es ihm in die Hand. Der Alte betrachtete es drehte es und wog es in der Hand, dann hob er den Blick. „So sei es! Euer Wunsch wird in Erfüllung gehen, drei Brüder werden ausgeschickt um euren König zu ermorden. Ich nehme an ihr kennt die Regeln?" Vespasian nickte. „Gelingt es ihnen, werde ich schweigen und den Orden nie erwähnen. Versagen sie und sterben bei der Ausführung des Wunsches, ist mein Wunsch verwirkt und ich werde schweigen und den Orden nie erwähnen." „Ich werde euch informieren wenn es an der Zeit ist meinen Wunsch zu erfüllen." Der Hüter nickte geistesabwesend und hob die Faust. Einer nach dem anderen hoben sie alle ihre Faust. Es war beschlossen, aber sie hatten auch keine andere Wahl, jedem dem ein solches Geschenk der Zwillinge gewährt wurde, stand ein Wunsch frei. Somit würde Vespasians Wunsch in Erfüllung gehen. Vespasian neigte mit einem zufriedenen Lächeln das Haupt, der Plan nahm schneller Gestalt an, als er zu träumen gewagt hatte, sein Herr wusste was er befahl.
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DIe Chroniken Relons
FantasíaEine Fantasywelt voll Elfen, Zwerge, Menschen, Magiern und anderen Wesen, zerissen vom Krieg eines gierigen Königs, voll Verrat, Kampf und neu erblühender Freundschaft.