Dreiundzwanzig

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Lucien

Ein lauter Knall weckt mich und sofort schreckt mein Kopf hoch, um nachzusehen, woher der Lärm kommt.

Verschlafen blinzle ich stirnrunzelnd in Richtung Tür, wo ich Ann und Fire stehen sehe. Ann hält die Tür offen, während Fire einen Stapel Briefe in der Hand hält.

Das strahlende Grinsen verwandelt sich in etwas Schelmisches, als sie mich betrachtet - oder genauer gesagt, die Position in der ich mich noch immer befinde.

Meine Arme sind nach wie vor um Snows Körper geschlungen, unsere Beine ineinander verhakt, und ein Blick zur Seite bezeugt, dass ich mich wohl die gesamte Zeit über an ihren Rücken geschmiegt habe.

"Tut mir leid, haben wir gestört? Ich kann den anderen auch gerne ausrichten, dass du heute nicht zur Versammlung erscheinen wirst, weil du verhindert bist", neckt mich Fire, in ihren Augen ein verschmitzter Funke.

"Nein, ich... Ich war eh schon dabei, aufzustehen", murmele ich mit vor Schlaf belegter Stimme. Seufzend ziehe ich meine Arme von Snow weg und reibe mir den Schlaf aus den Augen, während ich die Beine aus dem Bett schwinge. Bei den Bewegungen schneide ich eine Grimasse - ich habe mich offenbar kein einziges Mal aus der Position bewegt, denn mein gesamter Körper fühlt sich steif und verspannt an. Und trotzdem ist da eine gewisse Wärme in meinem Inneren, zusammen mit einem wohligen Kribbeln in meinem Bauch, die ich wohl der Nähe zu Snow zu verdanken habe.

Draußen geht bereits wieder die Sonne unter - denn das goldene Licht scheint gedämpft durch die provisorischen Vorhänge. Verflucht, so gut wie gerade eben habe ich in den gesamten letzten Tagen zusammen nicht mehr geschlafen!

Prüfend werfe ich Ann und Fire einen Blick zu, während ich mich erhebe und meine Kleidung richte. Anns Wangen sind unter meinem aufmerksamen Blick ein wenig gerötet, und Fires Augen funkeln. Es scheint so, als hätten die beiden sich wieder vertragen - und als hätten sie vor dem Schlafengehen noch genug Energie gehabt, um diese Wiedervereinigung zu zelebrieren.

"Was sind das für Briefe?", frage ich und nicke in Richtung des Stapels, den Fire noch immer in Händen hält.

Der Schelm schwindet aus ihrem Ausdruck und zurück bleibt nur die Aufregung. "Es scheint so, als hätten sich deine alten Kontakte um eine schnelle Antwort bemüht", antwortet sie.

Sofort bin ich hellwach. Ich habe vor einiger Zeit Bittschreiben an die alten Kontakte aus meiner Zeit als aktivem Meisterschmied Leo verfasst, in denen ich um Unterstützung jeglicher Art gebeten habe - egal ob Ressourcen, Streitkräfte oder Nahrung - und diese mit der Hilfe meiner kleinen Schwester durch ihr Netzwerk der Schatteneinheit weitergeleitet habe.

"Das hier sind nur die Briefe. Warte ab, bis du ins Arbeitszimmer kommst und erst siehst, was sie uns alles mitgegeben haben", kichert Ann, der meine plötzliche Wachheit aufgefallen ist.

"Aber zuvor ist unser allabendliches Treffen der Platineinheit angesetzt", fügt Fire hinzu. "Die anderen warten bereits - ich bin losgegangen um dich zu holen, nachdem du nicht wie sonst pünktlich gekommen bist."

Bei dem leichten Seitenhieb werfe ich ihr einen gespielt vernichtenden Blick zu und unterdrücke ein Gähnen, während ich mich strecke. "Ich komme gleich, geht schonmal vor", winke ich die beiden heraus, "Und es wäre sehr nett von dir, wenn du die Briefe hierlassen könntest - das andere Zeug hole ich danach selber her."

Fire wirft mir nur einen überraschten Blick zu, zuckt mit den Achseln und lädt die Briefe auf dem Tisch im Zimmer ab, ehe sie hinausgeht. Ann dagegen bleibt noch kurz stehen und sieht hin und her gerissen aus.

Fragend hebe ich die Augenbrauen und lasse mich wieder aufs Bett fallen.

Sie räuspert sich leise. "Was auch immer du mit Snow in der Zwischenzeit getan hast - gute Arbeit", murmelt sie schlussendlich und huscht Fire hinterher ehe ich nachhaken kann, was sie damit meint. Bevor ich auch nur den Mund öffnen kann, hat sie schon die Tür hinter sich zugezogen.

Darauf werde ich sie später noch einmal ansprechen, beschließe ich und mein Blick wandert unwillkürlich zur Seite - genau auf die schlafende Eisprinzessin, die nach wie vor in derselben Pose verharrt.

Wenn mir schon mein ganzer Körper wehtut, dann wird es Snow wohl nicht anders gehen. Sanft drehe ich sie auf den Rücken und streiche ihr einige Haarsträhnen aus dem schlafenden Gesicht. "Guten Morgen", hauche ich und küsse sie zärtlich auf die Stirn. "Ich muss jetzt gehen, aber ich komme bald wieder", verspreche ich, ehe ich mich schweren Herzens wieder erhebe und mich zur Tür begebe.

Eine Hand an der Türklinke drehe ich mich noch einmal kurz zu ihr um. Am liebsten würde ich noch viel viel länger neben Snow liegen und ihr schlafendes Gesicht betrachten - auch, wenn das ziemlich unheimlich klingen mag.

Gerade als ich mich abwende, höre ich wie die Laken rascheln und meine zu sehen, wie Snow mir mit ihren offenen, eisblauen Augen zulächelt, aber da ist der Moment schon verstrichen - und ein Blick zurück ergibt nur, dass sie sich tatsächlich auf die Seite gedreht hat, ihr Gesicht mir zugewandt, aber die Augen geschlossen, die Mimik entspannt. Schlafend.

Ich atme tief durch und verlasse kopfschüttelnd das Schlafzimmer.


Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt