Achtundachtzig

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Snow

Angespannt laufen Lucien und ich nebeneinanderher durch die Gänge. Wir haben unsere Finger miteinander verschränkt und lauschen angestrengt auf die Geräusche um uns herum, während wir uns mit jedem Schritt dem Thronsaal und damit dem finalen Kampf nähern.

Jederzeit könnten wir übel überrascht werden. Diese Lektion haben wir gelernt, als wir weiter durch die Tunnel geschlichen sind, nachdem das kleine Mädchen und Freedom sich zurückgezogen haben. Plötzlich hat sich eine neue Flut Kreaturen in unseren Weg gestellt, der Rückweg wurde uns durch eine immense Erschütterung abgeschnitten, und wir saßen in der Falle. Irgendwie haben wir es geschafft uns durchzukämpfen, Lucien ist dabei nicht eine einzige Sekunde von meiner Seite gewichen und hat alles ohne zu zögern abgeschlachtet, das sich uns in den Weg gestellt oder zu einer Bedrohung für mich hätte werden können.

Doch diese Wesen waren anders gewesen als alle anderen zuvor, kaum hatte man eines niedergeschlagen, sprangen zwei neue aus der Leiche heraus und so verdoppelte sich jede Leiche nach und nach, wieder und wieder.

Ich habe noch den Moment des Schocks vor Augen, als wir erkannten, dass wir diese Wesen nicht schnell genug würden besiegen können. Ein Mitglied der Schatteneinheit hat uns den genauen zeitlichen Rahmen telepathisch mitgeteilt, der uns bleibt - er ist auch so schon knapp genug.

Und so hat der Schrank von Mann uns angebrüllt, weiterzugehen. Er würde die Wesen schon irgendwie in Schach halten, wir mussten nur den König schnell genug töten. Scarlet hatte darauf beharrt, bei ihm zu bleiben. Laut ihr hatte sie Cheri das Versprechen gegeben, mit allen Mitteln für sein Überleben zu sorgen - und sie gedachte, immer ihr Wort zu halten.

Also haben Ann, Lucien und ich uns schweren Herzens von ihnen getrennt, sie zurückgelassen und sind weiter nach vorne gestürmt. Wir müssen den wahnsinnigen König Lunas so schnell es geht stürzen, sonst war alles umsonst und alle, die uns lieb und teuer sind, werden sterben. Die Last dieser Erkenntnis droht mich noch immer unter sich zu begraben. Am liebsten würde ich mich in irgendein Eck hocken, mir die Ohren zu halten und heulen, bis alles vorbei wäre. Aber das kann ich nicht - weder ließe das mein Stolz zu, noch meine Scham, noch meine Schuld, noch wäre es überhaupt möglich. Hier drin gibt es keine sicheren Orte. Würde ich zögern und zusammenbrechen, wäre das mein sicherer Tod - und damit die Niederlage von allen.

Nachdem die Geheimtunnel für uns zu gefährlich geworden sind, nachdem wir so übel überrascht worden sind, haben wir uns einstimmig dafür entschieden, stattdessen die Hauptflure zu nehmen. Sicher, auch dort werden wir Feinden begegnen, doch es wird nicht so leicht sein unser vorankommen zu behindern.

Wenig später ist dann das nächste Übel über uns hereingebrochen: Eine Armee Uman, die alles in Dunkelheit gehüllt hat. Ann hat die Anzeichen überraschenderweise als Erste bemerkt und eine Mauer aus Eis hinter uns erschaffen, gegen die die Wesen dann gekracht sind. "Lauft!", hat sie uns zugerufen, die Hände bis zum Gelenk in der Eismauer eingeschlossen. "Ich werde sie alle zu einem einzigen Klotz gefrieren lassen, doch ihr müsst weiter! Wir haben nicht viel Zeit, ich werde nachkommen sobald ich kann, von hier aus ist es nicht mehr allzu weit bis zum Thronsaal, doch ihr müsst los!" Als ich protestieren wollte, hat sie mir das Wort abgeschnitten. "Jetzt!".

Somit verbleiben nur noch Lucien und ich. 

Mit einem Aufatmen erkenne ich nach und nach wieder, wo wir uns befinden. "Hier sollte uns nicht mehr allzu viel überraschen können", gebe ich leise Entwarnung.

Luciens Blick huscht kurz zu mir. "Sicher? Der Feind wird den Thronsaal doch wohl kaum unbewacht lassen."

Leise schnaube ich. "Mein Vater war schon immer recht arrogant und eigen was das betrifft. Alles an Schreckenskreaturen, das er noch in der Hinterhand besitzt, wird er viel eher im Verborgenen halten, als dass er sie uns direkt vor Augen führen würde. Erst will er uns bestimmt verspotten, uns einige Dinge an den Kopf werfen und uns dann vernichten. Beziehungsweise es versuchen."

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt