Vierundfünfzig

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Snow

In Ann und Fires Schattenorganisation gibt es Kinder mit unzähligen unterschiedlichen Gaben - unter anderem die Teleporter, wie wir sie getauft haben. Sie können weite Strecken in einem "Sprung" hinter sich bringen und dabei noch andere Personen mitnehmen, aber diese Anzahl ist je nach Person unterschiedlich stark eingeschränkt und kostet sehr viel Kraft. Selbst die Stärksten brechen nach einem sogenannten Sprung zusammen und müssen sich erst einmal erholen.

Wir verlieren keine weitere Zeit, sondern springen mit ihrer Hilfe sofort ins Getümmel, nachdem wir uns bewaffnet haben - mitten ins Geschehen hinein, mitten in Su'ul hinein.

Der Anblick ist schrecklich. Alles steht in Flammen und dunkler Rauch verdüstert den Himmel. Blut und Schnee haben sich mit Dreck vermischt, und zurück bleibt widerlicher zäher Matsch, der an unseren Stiefeln klebt und schmatzt. Frauen und Kinder flehen und schreien, Männer stellen sich zitternd vor ihre Familien und versuchen sie mit aller Macht zu schützen. Tote liegen herum, verstümmelt, zerstückelt, verkohlt, Menschen schreien und kreischen, es stinkt nach Rauch, Blut und Tod...

Ich blinzle und fokussiere mich wieder auf das Hier und jetzt. Hugos Wolfseinheit ist bereits losgestürmt - sie halten sich immer in der Nähe voneinander, schützen und decken einander.

Die Schatteneinheit hat sich ebenfalls verteilt, allerdings agieren sie größtenteils alleine und sind kaum zu erkennen in dem allgemeinen Chaos.

Ich ziehe mein gewöhnliches  Stahlschwert und stelle mich kampfbereit auf, während ich die Augen offen halte. Es dauert nicht lange und die ersten Uman pflügen vom Himmel hinab - woraufhin ich sie mit gezielten, effizienten Treffern in Stücke schneide, die sich mit dem blutigen Matsch vermischen.

Immer und immer wieder.

Hieb, ducken, herumwirbeln, parieren, herumwirbeln, Hieb, ducken, herumwirbeln, parieren, ...

Ich spüre mehr als dass ich es sehe, wie die Menschen um mich herum inne halten und mich beobachten. Sich fragen, warum zur Hölle die Eishexe das Blutvergießen nicht mit einem einzigen riesigen Sturm beendet, alle Feinde zu Eis gefriert. Warum sie nicht einmal mit einem Eisschwert kämpft, sondern mit gewöhnlichem Stahl.

Ich konzentriere mich auf den Kampf, doch sehe ich andauernd die verächtlichen Gesichter der Bürger vor meinem inneren Auge. Eishexe!, rufen sie. Verräterin! Verbannte!

Am liebsten würde ich ihnen zu schreien: Dann krepiert doch alle!

Doch das spreche ich nicht aus. Das sind die Worte der eiskalten Mörderin, die nur zu ihrem Spaß foltert. Ein weiteres Spiel - die Maske der Prinzessin, das Gesicht das ich der Welt zeigen muss.

Aus dem Augenwinkel sehe ich eine Lichtexplosion mit tanzenden Flammen.

Lucien.

Seine Anwesenheit beruhigt meinen Geist, verhilft mir wieder zu Konzentration.

Man sieht ihm an, dass seine Angriffe nicht so zielsicher sind wie sonst, seine Gedanken kreisen vermutlich noch um meine Enthüllung.

Die Enthüllung meiner Schwangerschaft - die Enthüllung der Existenz dieses kleinen Lebens in meinem Körper.

Seinetwegen kann ich es nicht riskieren meine Macht zu nutzen - ich könnte dieses kleine Leben in meinem Inneren gefährden, wenn ich mein Eis und meinen Sturm aus meinem Inneren zu unkontrolliert loslasse. Und das kann leider zu schnell im Eifer des Gefechts geschehen.

Aus genau diesem Grund hat Lucien versucht mich zu überreden, abseits des Schlachtfelds zu warten. Und ein Teil von mir hätte nur zu gern zugestimmt, so viel Angst wie ich vor dem Morden habe. Vor dem Tod, dem Chaos, der Furcht.

Trotzdem verkrieche ich mich nicht - trotzdem stehe ich bei meiner Armee, um es endlich zu Ende zu bringen.

Dieses Gefecht noch, dann das Schlachten bis zum solischen Schloss... und dann die Entscheidungsschlacht gegen meinen Vater.

Und dann ist alles endlich vorbei.

Von diesem Gedanken lasse ich mich leiten, als ich einen Feind nach dem anderen schlachte.

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt