Zweiunddreißig

40 4 1
                                    

Lucien x Snow

Ein neues Bild setzt sich zusammen.

Die Dame mit den schneeweißen Haaren steht in einem prächtigen, eisblauen Kleid inmitten eines gigantischen Ballsaals, das Haar kunstvoll hochgesteckt, neben ihr der Mann von zuvor, ihr Onkel. Ihr gegenüber befindet sich ein Mann ihres Alters mit schneeweißen Haaren, gekleidet in ein edles Gewand, das mit allerlei goldenem Firlefanz verziert ist. Er verbeugt sich vor der Dame und bietet ihr höflich die Hand an - eine Einladung zum Tanz.

Der Onkel der Dame schubst sie leicht, aber nachdrücklich von hinten an - eine stumme Mahnung, sich nicht zu blamieren. Die Dame verdreht unauffällig die Augen und nimmt die Einladung an.

Beide begeben sich unter die Tanzenden und bewegen sich elegant zu der Musik. "Es freut mich, Euch kennenzulernen, werte Cynthia", beginnt der augenscheinliche Prinz, von dem zuvor die Rede gewesen war, das Gespräch.

"Die Freude ist ganz meinerseits", erwidert Cynthia - Snows Mutter - aalglatt. "Ihr seid ein überraschend guter Tänzer", schmunzelt sie.

"Das Kompliment gebe ich gerne zurück", lächelt der Prinz.

Die beiden necken sich und flirten die gesamte Zeit des Tanzes über, ohne auch nur einen einzigen falschen Schritt zu tun. Als die Zeit für einen Partnerwechsel gekommen ist, verbeugt sich der Prinz höflich und küsst Cynthias Hand. "Ich freue mich bereits auf die nächste Gelegenheit, mich mit Euch zu unterhalten", zwinkert er.

Cynthia errötet und knickst, sagt jedoch nichts dazu. Sie begibt sich wieder an den Rand der Tanzfläche, an die Seite ihres Onkels, der sie prahlend und gespielt gutmütig herumzeigt wie eine preisgekrönte Stute. Cynthia lässt das ganze Spektakel über sich ergehen ohne auch nur ein einziges Mal ein Anzeichen ihrer wahren Gefühle zu zeigen.

Als ihr Onkel zum Tanz aufgefordert wird, atmet sie hörbar auf und betrachtet die Tanzenden - konkreter den Prinzen, dessen Pflicht es ist, jede einzelne Aufforderung zum Tanz klaglos anzunehmen. Ihr Blick gleitet zu dem Königspaar, das auf seinem Thron sitzt und ihren Sohn wie zwei Falken im Auge behält. Ihre Gesichter sind gezeichnet von einem harten Zug um den Mund und starren, gnadenlosen Augen. Definitiv keine liebenden, lachenden Eltern - eher von dem Kaliber von Cynthias Onkel.

Ein anderer junger Mann erregt die Aufmerksamkeit Cynthias. Er steht gar nicht so weit von ihr entfernt und wird von einer Damenschar schier bedrängt. Kein Wunder - mit seinen feuerroten, zurückgekämmten Haaren, der schwarzen Augenklappe und den goldenen Augen, die an einen Löwen erinnern, sieht er wahrlich majestätisch aus. 

Statt jedoch in einen Anzug gekleidet zu sein, wie die meisten Herren des Balls, trägt er die Kleidung der solischen Soldaten - zwar eine edlere Ausgabe davon, aber dennoch Arbeitskleidung. An seine Seite ist ein Schwert gegürtet, dessen wie ein Löwenkopf geformter Knauf ihn als Hauptmann der solischen, königlichen Leibgarde ausweist - was zweifellos bedeutet, dass auch die solische Königsfamilie auf dem Ball zugegen ist.

Plötzlich knallt etwas laustark - die Fenster bersten, das Licht verlöscht und dunkel gekleidete, bewaffnete Gestalten dringen in den Ballsaal ein, augenscheinlich Attentäter.

Panik bricht aus. Die Edelleute werden von ihren Familienangehörigen und den postierten Wachen innerhalb kürzester Zeit aus dem Saal geschafft, die Soldaten ziehen ihre Schwerter und stellen sich dem Kampf gegen die Attentäter.

Die lunische Königsfamilie stürmt zu einem der Ausgänge, der Prinz unter ihnen. Als er bemerkt, dass Cynthia noch immer inmitten des Getümmels feststeckt, weit entfernt von den Ausgängen, bleibt er abrupt stehen und will zu ihr stürmen, doch sein Vater hält ihn am Arm fest. "Dieses Monster kommt schon alleine zurecht!", weist der lunische König den Prinzen scharf zurecht und zerrt ihn aus dem Ballsaal. Der Prinz hat nach den Worten seines Vaters nicht einmal mehr Anstalten gemacht, sich zu wehren.

Der Hauptmann der solischen Leibgarde, der innerhalb von Sekunden frei von jedweder weiblichen Bedrängung ist, stürzt sich unweit von Cynthia ins Getümmel - bis ihm auffällt, dass diese sich nicht wie die anderen zurückzieht, sondern an der Front mit kämpft.

Mithilfe ihrer Eismacht lässt sie die Feinde erstarren bevor sie überhaupt bemerken, wie ihnen geschieht - und alles was sie dazu tun muss, ist auf sie zu deuten.

Der Hauptmann - Lynn - begibt sich an ihre Seite und sorgt mithilfe seiner Feuermacht für ihre Sicherheit, trotz Cynthias Protesten, sie bräuchte keinen Beschützer und käme bestens alleine klar.

Nach der Schlacht, nachdem das Licht wieder entzündet wurde und die Soldaten ihre Verwundeten sowie die Toten herausgeschleppt haben, lächeln sich Lynn und Cynthia mit funkelnden Augen an.

Sie haben ineinander einen Gleichgesinnten gefunden. 

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt