Achtzehn

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Lucien

"Ann!", mit einem Knall fliegt die Tür zum Flur auf und Fire kommt hereingestürmt. Sie bleibt wie angewurzelt stehen, als sie bemerkt, wie viele Menschen sich bereits im Zimmer befinden.

Nach dem Tod des Uman bin ich als Erster eingetroffen, und kurz nach mir eine Heilerin der Schatteneinheit, die sich nach wie vor um Ann kümmert, gemeinsam mit einem Jungen, der die Teleportation beherrscht. Er hat die Heilerin unverzüglich hierher gebracht, um Ann zu retten - ebenso wie das Mädchen, das mir während des Gefechts zur Seite gestanden hat. Danach kam noch Cheri hinzu, die die Überreste des Uman entfernt und etwas Ordnung in das Zimmer gebracht hat. Und nun, Fire.

Meine kleine Schwester ist von Kopf bis Fuß blutbespritzt, ihre Kleidung ist ein wenig zerrissen, aber sie scheint unverletzt zu sein. Zumindest körperlich. Mit zitternden Beinen und geballten Fäusten stapft sie auf ihre Geliebte zu und streicht ihr sanft die Haare aus der Stirn, nachdem sie der Heilerin kurz dankbar zugenickt hat.

Ann hat kurz nach meinem Eintreffen das Bewusstsein verloren und hat sich seitdem nicht mehr gerührt. Die Heilerin konnte mir allerdings bereits versichern, dass sie sich wieder in stabilem Zustand befindet und ihr Leben nicht länger in ernster Gefahr ist, auch wenn es knapp gewesen wäre. Snows kleine Schwester wäre beinahe am Blutverlust gestorben - und der Heilerin zufolge wurde Anns Herzschlag aufgrund des Gifts des Uman für einen Moment gefährlich verlangsamt.

Fire streicht Ann mit zitternden Fingern über die Wange, in ihren Augen steht gehetzte Panik. Dann zischt sie leise und erhebt sich ruckartig. Mit wenigen Schritten steht sie direkt vor dem Mädchen, das die Telepathie - die geistige Kommunikation - beherrscht und packt sie am Kragen ihres Oberteils. "Du!", faucht sie, "Wie konntest du es wagen, mir als Einzige nichts davon zu erzählen, dass ein Uman eine Blockade durchbrochen hat?!"

Das angeklagte Mädchen zuckt nicht einmal mit der Wimper, sondern blickt Fire nur ausdruckslos an. Letztere verengt die Augen zu schmalen Schlitzen. "Ich sollte dich für diesen schamlosen Verrat eigenhändig-", tobt Fire, wird jedoch von einer Stimme hinter sich unterbrochen.

"Lass sie in Ruhe", krächzt Ann und schlägt die Augen auf. Fire wirbelt mit großen Augen und zusammengekniffenem Mund herum, lässt das Mädchen jedoch nicht los. "Ich habe ihr befohlen, dir nichts zu sagen", fährt Ann fort und schneidet eine Grimasse, als sie sich in eine sitzende Position hochhievt. Fire starrt sie fassungslos an. "Du warst mitten an der Front - eine Sekunde Unachtsamkeit hätte dich dein Leben kosten können, Fire."

Diese stößt einen ungläubigen Laut aus und lächelt zynisch. "Du lügst. Das hättest du niemals getan", entgegnet sie kopfschüttelnd, "Du versuchst nur, ihren Verrat zu decken." Fire stößt das Mädchen, das sie am Kragen gepackt hält, ein Stück weit zurück und lässt sie los. Ann starrt Fire einfach nur stumm an. "Nein, das glaube ich dir nicht", schüttelt meine kleine Schwester weiterhin den Kopf und ihr zynisches Lächeln verwandelt sich in ein Zähneblecken. Sie ballt die Hände zu Fäusten, so stark, dass ihre Fingerknöchel weiß werden. "Du hättest einfach zugelassen, dass du getötet wirst, ohne mir etwas zu sagen? Ohne mir Bescheid zu geben, dass du in Gefahr bist?!" Fire schüttelt erneut den Kopf, ihr Blick voller Enttäuschung und Abscheu. Noch immer antwortet Ann nicht. Sie blickt meine kleine Schwester einfach nur an.

"Du solltest dich beruhigen", mische ich mich leise von meinem Platz auf dem Boden ein. Ich halte Snow in den Armen und streiche ihr schon seit einer ganzen Weile durch die Haare, während ich mit der anderen Hand etwas Wärme in ihre eiskalten Arme reibe. "Ann braucht in ihrem Zustand Ruhe und-"

"Misch du dich da nicht ein! Du bist erst an alledem Schuld - Du und diese... Diese-"

"Fire, das reicht! Hör auf, oder-", schaltet Ann sich wieder ein und erhebt sich mühsam vom Boden.

"Oder was?", Fire wirft die Arme in die Luft und lacht bitter auf. "Du hast mein Vertrauen missbraucht und stellst dich jetzt auf die Seite von denen, obwohl du weißt, dass wir nur wegen ihnen überhaupt in diesem Schlamassel stecken?!"

"GENUG!", brüllt Ann und verpasst Fire eine schallende Ohrfeige.

Plötzlich ist es ungewöhnlich still im Zimmer. Fire tastet mit großen Augen wie betäubt langsam nach ihrer roten Wange, und Ann starrt fassungslos mit Tränen in den Augen auf ihre Hand, als könne sie selbst nicht glauben, was sie da gerade getan hat.

"Ich verstehe", murmelt Fire und stürmt keine Sekunde später aus dem Raum.

Ann atmet zitternd ein und lässt die Hände sinken. Dann sieht sie mich an. Ich kann die wetteifernden Gefühle von Sorge, Wut, Reue und Scham in ihren Augen sehen. "Du solltest ihr nach", wendet sie sich mit leiser Stimme an mich.

"Bist du dir sicher?", hake ich nach. Angesichts der neusten Ereignisse erscheint es mir sinnvoller, wenn Ann Fire hinterherhastet und den Bruch schnell wieder kittet.

Ann wendet den Blick ab und sieht aus dem Fenster. Ihre Tränen glänzen im Licht der aufgehenden Sonne. "Wir brauchen gerade ein wenig Abstand voneinander. Und auch, wenn sie es gut zu verbergen und zu überspielen weiß - sie braucht dich mehr, als du denkst, Lucien."

Verständlich. Ich nicke ihr zu, halte dann jedoch inne.

Cheri bemerkt mein Zögern und lächelt leicht. "Keine Sorge, ich kümmere mich solange um Snow."

Nachdem ich mich auch bei ihr bedankt habe, trage ich Snow zurück in ihr Bett und lasse sie dort mit Cheri allein. Bevor ich jedoch in den Gang hinaus treten kann, hält mich Ann noch einmal kurz zurück. Neugierig sehe ich ihr in die Augen.

"Wenn sich Fire dir gegenüber öffnet", haucht sie und wendet den Blick ab, "dann sag ihr bitte, dass es noch nicht zu spät ist."

Ich bin mir nicht ganz sicher, wie sie das meint, aber ich gehe davon aus, dass Fire schon verstehen wird, was ihre Geliebte ihr mitteilen will. Also nicke ich erneut, und dann mache ich mich auf die Suche nach meiner kleinen Schwester.

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt