Prolog

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Deine Beine knicken unter dir weg, kraftlos streckst du deine Hand aus, als könntest du jetzt noch etwas ändern. Stumme Tränen laufen über deine Wangen, deine Augen starren in die Leere, und ich sehe den Abgrund, der sich zu deinen Füßen auftut und dich zu verschlingen droht.

Ich kenne diesen Abgrund.

Ich war selbst in diesem Abgrund.

Ich weiß, was dieser Abgrund mit einem macht, wenn man ganz alleine da unten sitzt.

Aber du bist nicht alleine.

Ich war es damals.

Hätten wir damals mehr Zeit gehabt - wäre ich nicht so verloren gewesen - hätte ich deinen Beistand vielleicht akzeptieren können.

Aber stur wie ich war habe ich dich als Feind betrachtet und deine helfende Hand weggeschlagen. Ich habe dir gedroht, dich eigenhändig abzuschlachten, wenn du mir noch einmal unter die Augen treten solltest.

Und stur wie du bist, bist du schlussendlich dennoch zu mir zurückgekehrt, hast mir mehr als einmal das Leben gerettet.

Ich war alleine. Ich war verloren.

Aber du hast mir deine Hand gereicht.

Du bist meine Zukunft.

Du bist mein Zuhause.

Also lass zu, dass ich mich dafür revanchiere.

Stumm lasse ich mich neben dir zu Boden gleiten. Schlinge meine Arme tröstend um deinen zitternden Körper. Halte dich. Wiege dich. Verdecke deine Ohren vor den grausamen, spottenden Worten des Monsters.

Um uns herum fallen langsam die Schneeflocken und verfangen sich in unseren Haaren. Trotzdem ist mir wohlig warm - dank deiner Nähe.

Dein Blick geht in die Leere. Deine Augen haben sich auf die grausame Szenerie geheftet.

Je länger du in die Leere starrst, desto länger starrt sie zurück.

Also umfasse ich dein Gesicht mit meinen Händen, drehe sanft deinen Kopf zu mir, zwinge dich, mich anzusehen.

Deine Augen sehen leer und hohl aus. Kein Funke, kein Licht erblüht in ihnen.

Wir sind zusammen. Wir sind eins. Ich spüre deinen Schmerz wie meinen eigenen.

Langsam lehne ich meine Stirn an deine. Betrachte dein Gesicht ein letztes Mal, sodass es sich in meinen Erinnerungen einbrennt. Dann schließe ich die Augen.

Unsere Lippen finden sich, treffen sich. Heiß und kalt. Sanft und zärtlich küsse ich dich.

Unser Kuss wird inniger, geht tiefer. Wird stürmischer.

Du bist meine Zukunft. Du bist mein Zuhause.

Haltsuchend ergreifst du meine Hand, klammerst dich daran fest, presst deinen Körper an mich, während wir beide unsere Macht sammeln. Jedes bisschen speichern, hervorholen, herausheben.

Ich habe mittlerweile das Gefühl zu ersticken. Gemeinsam mit dir werfe ich mich in den düsteren Abgrund. Gemeinsam mit dir sinke ich bis auf den Grund dieses Abgrunds.

Gemeinsam mit dir sammle ich meine Macht.

Und dann...

Dann...

Dann sprenge ich gemeinsam mit dir diese zerbrochene Welt in die Luft - mit uns in ihrem Zentrum.

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt