Siebenundfünfzig

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Snow

Mein Atem schabt schmerzhaft an meinem Hals, als ich blutverschmiert und matschbespritzt zu der Schnke gehe, die temporär als Treffpunkt für eine Nachbesprechung der Schlacht und eine Diskussion bezüglich der Zukunft gewählt wurde.

Es gibt keine Stelle meines Körpers, die nicht schmerzen würde, doch mein Kopf ist klarer als seit einer ganzen Weile. Das meine ich nicht wortwörtich, denn in meinen Ohren hallen die Schreie und das Kreischen der Uman immer noch nach und der Blutdurst und die Furcht um das eigene Leben sind in meinen Adern immer noch präsent, aber - ich fühle mich befreit, locker, losgelöst.

Ich würde vermutlich sofort einschlafen wenn mein Kopf ein Kissen auch nur berühren würde, aber ich fühle mich befreit.

Als ich eintrete, sind bereits jede Menge Menschen anwesend, die wild durcheinander reden und sich zu Grüppchen zusammengefunden haben.

Ich sehe Cheri und den Schrank von Mann - Erstere hat angefangen, die Verwundeten zu versorgen und Letzterer ist gerade dabei auf einem Hocker zu lümmeln, während Cheri eine tiefe Wunde an seinem Arm behandelt.

Ann und Fire, beide genauso schmutzig wie ich, aber beide mit leuchtenden Augen, sind eifrig am debattieren mit den Mitgliedern ihrer Schattenorganisation - vermutlich besprechen sie die Lage und bringen sich gegenseitig auf den neuesten Stand der Dinge.

Als mein Blick eine eher abgelenere, dunklere Ecke trifft, fällt mir ein Stein vom Herzen. Freedom und Hugo sind dabei sich gegenseitig mit ihren Mündern aufzufressen - aber beide sind augenscheinlich unverletzt.

Freedom ist der Grund dafür, dass wir dieser Stadt schlussendlich zu Hilfe geeilt sind. Wenn sie in der Schlacht ums Leben gekommen wäre hätten wir das alle wohl nicht verkraftet - Hugo wäre am Boden zerstört gewesen, und das hätte zu Chaos inmitten unserer Kampftruppen geführt, ich wäre zusammengebrochen und hätte aus purer Verzweiflung meine Macht auf die ganze Welt...

Aber zum Glück ist es ja nicht so weit gekommen. Freedom ist mein hoffnungsvolles Licht am Ende des Tunnels - würde ich diesen Krieg nicht für Ice führen, dann für sie. Damit sie eine bessere Zukunft vor sich haben könnte.

Ihr Blick trifft meinen als sie sich schließlich von Hugo löst, ihre Augen weiten sich, ein breites Grinsen erblüht auf ihren Lippen - und dann quietscht sie, als sie quer durch den ganzen Raum stürmt und sich mir um den Hals wirft.

"Du bist wieder da!", lacht und weint sie zeitgleich als ich sie überrascht auffange und sie ihr Gesicht an meiner Brust vergräbt, "Also ich hab es ja schon von Hugo gehört, aber ich konnte es irgendwie nicht richtig glauben, und... Ach ist doch auch egal!"

Sie drückt mich noch einmal fest, dann hält sie mich auf Armeslänge Abstand und ihr Blick wechselt zu Sorge. "Ist alles in Ordnung? Du siehst blass aus - also, blasser als sonst, weil blass warst du ja schon immer, aber - hey, hast du dir vielleicht eine Wunde zugezogen?", runzelt sie die Stirn.

Ich versuche die Übelkeit so gut es geht zu verdrängen und zwinge mich zu einem Lächeln. "Nein nein, alles gut, ich- die Schlacht steckt mir einfach noch in den Knochen", winke ich schnell ab. "Ich brauche dringend was zu Trinken", füge ich mit einer Grimasse hinzu.

"Wie gut dass ich mir das bereits gedacht habe", ertönt eine kehlige Stimme hinter mir plötzlich und eine warme Hand legt sich an meine Taillie, woraufhin ich mit großen Augen zusammenzucke und herumwirbele.

Lucien lässt mich nicht eine einzige Sekunde aus den Augen, während er mir eine Wasserflasche reicht, die ich ihm sofort regelrecht aus der Hand reiße und hinunterkippe.

Ich habe ihn gar nicht gehört, als er sich so an mich herangeschlichen hat. Gefährlich. Werden meine Reflexe durch das Kind etwa auch schwächer?

Ich verdränge den Gedanken sofort und nehme mir plötzlich übertrieben viel Zeit dafür, die Flasche zu leeren. Lucien und ich werden reden müssen, früher oder später. Allein bei dem Gedanken daran verkrampft sich alles in mir.

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt