Einundachtzig

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Lucien

Ich atme keuchend aus, nachdem ich die letzten Feinde vor mir mit meiner Klinge gespalten habe.

Sofort fliegt mein Blick zu einer blanken Steinmauer und ich lausche. Das Klirren der Waffen, das Rauschen der Magie und das Kreischen der Uman sind noch immer deutlich hörbar.

Gut. Solange noch gekämpft wird, sind wir noch nicht besiegt.

Eine Hand legt sich auf meine Schulter und ich blicke in Freedoms ernstes Gesicht. Mit einem Ruck ihres Kinns und einer kurzen Drehung ihres Kopfes bedeutet sie mir, endlich weiter zu den anderen zu gehen, die bereits in Habachtstellung vor dem Turmeingang stehen und auf Geräusche im Inneren lauschen.

Richtig. Wir haben keine einzige Sekunde zu verlieren. Denn genau in diesem Moment kämpft unser gesamtes Heer verbissen mit aller Macht, um uns diese wertvolle Zeit zu erkämpfen. Zeit, um Snow zu retten - und den wahnsinnigen König Lunas ein für alle Mal zu töten.

Ich haste leise zu den anderen, tausche Blicke mit ihnen aus und begegne eiserner Entschlossenheit. Ann, Freedom, der Schrank von Mann und Cheris Tochter Scarlet - sie alle sind bereitwillig mitgekommen als die Frage aufgeworfen wurde, wer sich in Form einer kleinen Truppe an den gewaltigen Schlachten vorbeischleicht um ins Innere des Schlosses vorzudringen, während unser Heer die meisten Streitkräfte des Feindes auf den Feldern und Ebenen davor in Schach hält.

Lia und Hugo befinden sich als Anführer unseres Heeres mittendrin im Schlachtgeschehen, während Linus und Cheri sich hinter den Schlachtlinien um die Verletzten und Verwundeten kümmern. Fire wird nach wie vor gefangen gehalten und überwacht - doch ich zwinge mich, nicht allzu viel an sie zu denken. Ich bin immer noch stocksauer und zutiefst verletzt von ihrem Verrat.

Hugos Wolfseinheit, Lias Uman-Armee und sämtliche andere Streitkräfte, Soldaten und verbündete Krieger, die wir angesammelt haben, kämpfen um ihr Leben gegen die dunkle Schattenflut der künstlichen Ungeheuer, die der König Lunas gezüchtet hat. Anns Schatteneinheit kümmert sich um Botengänge, bringt die tödlich Verwundeten und Kampfunfähigen in Sicherheit und kümmert sich darum, sie alle wieder schnellstmöglich auf die Beine zu kriegen. Jeder, der nicht kämpfen kann, hilft hinter den Linien aus und trägt seinen Teil zu dieser Schlacht bei.

Und dann ist da noch das kleine Mädchen aus der Schatteneinheit, das uns eigenartiger Weise bisher nie großartig ins Auge gestochen ist - das uns aber ohne zu zögern diesen genialen Plan unterbreitet hat und fragwürdiger Weise über genaue Informationen bezüglich des Aufbaus, der Funktionen und des Schichtwechsels des Feindes innerhalb des Schlosses verfügt, sowie über das Wissen von versteckten Tunneln, Geheimgängen und Fluchtwegen - Wissen, das selbst der Königsfamilie Lunas nicht mehr geläufig sein dürfte, so alt ist es.

Ich traue ihr nicht ganz über den Weg, aber sie hat etwas mit den braungoldenen Locken und den bernsteinfarbenen Augen an sich, das sie automatisch vertrauenswürdig erscheinen lässt - trotz, oder vielleicht eben wegen, der drei filigranen Narben, die ihr linkes Auge bedecken, als hätte ihr einst eine Raubkatze mit spitzen Krallen vor langer Zeit einen Hieb versetzt.

Während wir anderen lauschen und uns bereit halten für den Fall, dass noch mehr Feinde auftauchen sollten, werkelt sie an einer der Steinwände herum. Ich kann nicht genau erkennen, was sie tut, doch ich meine zu sehen wie sie kleine Symbole in den Stein zeichnet.

Ich könnte sie jetzt anfahren, dass wir keine Zeit für so etwas haben - wenn sie nicht so hochkonzentriert und felsenfest überzeugt aussehen würde. Ganz davon abgesehen, dass im nächsten Moment ein Kreischen aus dem Inneren zu uns dringt und ein Haufen feindlicher Soldaten uns anspringt.

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt