Dreiundsechzig

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Linus

Kraftlos hocke ich auf dem Boden, das Kinn auf die Brust gesenkt, die Augen geschlossen, und versuche zu schlafen. Versuche zu vergessen, was in den letzten Stunden, Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren geschehen ist.

Mein Zeitgefühl ist mir vollends abhanden gekommen, ich habe keinen blassen Schimmer was in der Welt draußen vorgeht. Ob Snow bereits gegen den König kämpft, oder ob sie nicht vielleicht schon tot in irgendeinem Graben liegt. 

Ich weigere mich daran zu denken, was geschehen ist - was Iane mit mir, mit Lia, mit uns, gemacht hat.

Lia neben mir sieht so aus wie ich mich fühle. Übersät mit Schnittwunden, blauen Flecken, Blutergüssen, und kleineren Wunden. Eines ihrer Augen ist zugeschwollen und an ihrer Nase klebt getrocknetes Blut.

Meine Wunde hat mich nicht zugrunde gerichtet - das hat Iane nicht zugelassen. Sie hat mir tatsächlich eine Salbe auf die Wunde geschmiert und sie immer wieder behandelt.

Während sie dafür gesorgt hat, dass ich wieder zu Kräften komme, hat sie dafür Sorge getragen, dass es Lia umso schlechter geht.

Rothaar ist mittlerweile ebenso verschlossen wie wir.

Wir reden nicht miteinander, nie, und verkriechen uns stattdessen die meiste Zeit über in unseren Ecken und versuchen Ruhe zu finden - angesichts der unregelmäßigen Schreie in der Festung und des konstanten Flügelschlagens eine echte Herausforderung. Und dann wären da ja noch unsere eigenen schmerzenden Körper.

Ein Wispern erregt meine Aufmerksamkeit, was so viel heißt wie: Ich spitze die Ohren, und rege mich nicht von der Stelle.

Für eine Weile herrscht Stille und ich fange schon an mich zu fragen ob ich es mir nur eingebildet habe, da ertönt es wieder - ein leises Psst.

Nun schlage ich doch die Augen auf, nur einen kleinen Spalt, ganz wenig - vor unserer Zelle flattert eines der geschuppten Uman. Die Schuppen glänzen türkisfarben und kommen mir vage vertraut vor, aber ich weiß nicht woher.

Lia hockt bereits vor dem Wesen und die beiden scheinen sich zu unterhalten - allerdings so leise, dass nicht einmal ich (und dabei sitze ich nicht einmal einen halben Meter von ihnen entfernt) hören kann, worum es geht.

Im nächsten Moment wird meine Welt schwarz, meine Augen fallen mir zu und mein Kinn sinkt vollends auf meine Brust.

Freezing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt