194. Ehre

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Krachend fiel die Tür hinter mir zu, als ich vor die Haustür trat.
Ich legte augenblicklich meinen Umhang ab, es hatte aufgehört zu regnen und eine unangenehme Wärme breitete sich über die Ländereien aus.

Schlendernd ging ich in Richtung des Waldes, denn meinem Onkel war es inzwischen egal, ob ich draußen herumlungerte oder in meinem Zimmer war.
Der Schatten des kleinen Waldstückes kühlte angenehm und einige Vögel zwitscherten sorglos und fröhlich, bis es über mir knackte.
Gro sprang über die Bäume und jagte die kleinen Vögel davon.

"Gro!", schimpfte ich ein wenig, doch augenblicklich war das kleine Frettchen von dem Baum geklettert und tappste auf mich zu.
Leicht lachend ging ich in dir hocke und streichelte das weiche Fell.
Gro kannte sich in diesem Wald aus, als wäre das Frettchen hier aufgewachsen. Mit einem Stups auf die Stirn verabschiedete ich mich von meinem Tier, welches sich wieder in die Baumkronen begab.

Ich wusste von meinen Brüdern, dass sich eine kleine Ruine in dem Wald befinden sollte und sie früher oft unerlaubt dort gespielt hatten, wenn sie mich ausgeschlossen hatten.
Neugierig aber vorsichtig ging ich weiter in den Wald, doch von einer Ruine war nichts zu sehen.

Vorsichtshalber hielt ich meinen Zauberstab in der Hand bereit, denn hier lebten auch Gestalten, die keine nette Gesellschaft waren.

Nach fast einer Stunde fand ich eine kleine Ruine. Sie sah aus wie ein alter Turm und war vollständig von Moos und Laub bedeckt.
Sie zu betreten war unmöglich, denn sie war vollkommen eingestürzt und nutzlos.
Was meine Brüder hier damals wohl gespielt haben?

Eine kleine Schlange kam aus den Trümmern heraus, anscheinend hatte ich sie aufgeschreckt.
"Entschuldige", flüsterte ich ihr in Parsel nach, doch sie suchte schimpfend das Weite.
Belustigt sah ich ihr hinterher, bis sie schließlich verschwunden war.

Ich beschloss den Ort zu verlassen, schließlich wollte die Schlange bestimmt wieder zurück in ihr Versteck und außerdem war es schon Abend geworden.

Mein Umhang war schon von der Hauselfin weggeräumt worden, denn er lag nicht mehr vor der Tür.
Ich trat in die Eingangshalle. Sie war fast vollständig verdunkelt, so hatte ich sie noch nie zuvor gesehen.

Schnellen Schrittes ging ich in den Speisesaal, denn es war schon lange Zeit zum Essen.
Meine komplette Familie saß schon an der lange Tafel. Auch Volans war schon von Theodore zurück gekehrt.
Meine Mutter sah mich auffordernd an, "Wo warst du den ganzen Tag?", fragte sie eindringlich, als ich hinter meinem Stuhl stehen blieb.
"Ich war ein wenig draußen, Mutter.", sagte ich ruhig und setzte mich auf meinen Platz.
Meine Mutter verdrehte die Augen und wiederholte kindisch meine Antwort.

Schweigend aß ich mein Abendessen und spähte immer wieder über den Tellerrand in die Gesichter der Erwachsenen. Ich konnte sehen, dass sie aufgewühlt waren.
Als wir alle aufgegessen hatten erhob sich Onkel Rabastan, "Scutum kommt morgen früh an. Ich habe der Hauselfin gesagt, dass eines der Gästezimmer für ihn bereit gemacht werden soll.", der blickte zu meinem Vater und Onkel Lucius, bevor er den Saal verließ.
Fragend sah ich zu Onkel Lucius, der versuchte meinen Blick zu meiden.
"Der dunkle Lord wird morgen Abend eintreffen.", klärte meine Mutter mich auf, "Du wirst natürlich teilnehmen, Aries."
Überrascht und begeistert sah ich meine Eltern an. Ich konnte erkennen, dass ein kurzes stolzes Lächeln über das Gesicht meiner Mutter huschte.

Der Speisesaal leerte sich langsam, doch ich blieb stolz grinsend sitzen.
Plötzlich packten mich Hände an den Schultern und drückten mich schüttelnd in den Stuhl.
Erschrocken versuchte ich mich loszureißen und blickte in das Gesicht von Caelum, der gemein lachte.
"Du freust dich scheinbar sehr, kleine Schwester.", sagte er immer noch lachend und stütze sich auf die Lehnen des Stuhles ab.
Ich nickte langsam, "Es ist eine große Ehre, dass ich dabei sein darf.", flüsterte ich und erhob mich langsam.
"Sag aber kein Wort, außer du wirst angesprochen.", sagte er ernst.
Ich nickte, denn ich war schließlich schon einmal dabei, als der dunkle Lord in das Haus kam und wusste, wie ich mich zu verhalten hatte.

Zusammen stiegen wir die Treppen zu unseren Zimmern hinauf.
"Volans sagte du hast deine ZAG Ergebnisse bekommen? Lass mal sehen.", sagte er auffordernd, als ich gerade in meinem Zimmer verschwinden wollte.
"Ähm...", murmelte ich, "Natürlich, warte.", ich ließ meine Tür geöffnet und zog das Pergament von meinem Schreibtisch.
Caelum stand bereits im Türrahmen und wartete, als ich ihm den Zettel in die Hand drückte.
"Sehr gut, Aries. Selbst Verwandlung hast du hinbekommen.", nickend gab er mir das Blatt zurück, "Hast du es schon Mutter und Vater gezeigt?"
Ich schüttelte mit dem Kopf. Schließlich waren sie den ganzen Tag nicht da gewesen, beziehungsweise ich war im Wald gewesen und hatte noch keine Möglichkeit ihnen meine Noten zu präsentieren.
Caelum nickte auffordernd und widerwillig ging ich die Treppe herunter, um meinen Eltern die Noten zu zeigen.

Ich bekam von meinem Vater ein Nicken und Brummen, als habe er es zu Kenntnis genommen. Meine Mutter hingehen riskierte nicht einmal einen Blick auf den Zettel und wendete sich wieder anderen Dingen zu.

Es hätte keinen Unterschied gemacht, wenn ich ihnen die Ergebnisse nicht gezeigt hätte, dachte ich mir, als ich laut meine Zimmertür schloss und mich auf mein Bett schmiss.

Am nächsten Abend war es so weit und der dunkle Lord sollte zu uns kommen.
Einige seiner Anhänger waren ebenfalls eingeladen und schnell füllte sich das Anwesen mit Menschen.
Zusammen mit Caelum und Volans ging ich, als es so weit war, in den Saal und setzte mich, nachdem wir den dunklen Lord mit einer Verbeugung begrüßt hatten, neben Rabastan. Links neben mir nahm Caelum Platz und auch Scutum war bereits da.
Uns gegenüber saßen meine Tante, mein Onkel und Draco. Meinem Cousin sah ich sofort an, dass er schreckliche Angst hatte, doch das war nicht mein Problem.

Begeistert wendete ich mich dem dunklen Lord zu, der zu sprechen begann.


Die besonderen Kinder der Lestranges (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt