286. Schalter

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Mein Vater war an seinem Tisch. Sein Raum war dunkel und er saß über ein Glas Feuerwhiskey gebeugt.
Langsam nickte er und lachte zynisch auf, "Wieso Rab? Ich muss mich damit abfinden, dass meine Tochter ein Krüppel ist und irgendwas nicht mit ihr stimmt.", er blickte mich an und zog einen Mundwinkel hoch.

Es schien mir, als wäre ihm der Alkohol schon in den Kopf gestiegen.
Mein Onkel ging auf ihn zu und schlug auf den Tisch.
"Was du da sagst stimmt nicht und das weißt du. Hör auf so etwas zu behaupten.", ernst beugte er sich zu seinem älteren Bruder herunter, der schlagartig aufstand und meinen Onkel mit einer Hand am Kinn packte und zudrückte.

Das waren also die Streitereien zwischen den beiden, die ganz und gar nicht geschwisterlich waren.
"Sprich nicht so mit mir!", zischte mein Vater drohend, "Geh mir aus den Augen, ich will mit meiner Tochter reden."

Doch mein Vater ließ seinen Bruder nicht los. Triumphierend sah er ihm in die Augen und drückte noch fester zu, bevor er ihn loslies.
Rabastan atmete noch ein mal laut aus, bevor er den Raum verließ.

Ungehalten sah mein Vater ihm hinterher und ließ sich schließlich auf seinen Stuhl zurückfallen, als sein Bruder verschwunden war.
Er schien mich ganz und gar zu ignorieren, leerte weiter sein Glas und sah sich einige Pergamentpapiere an.

"Vater?", fragte ich, denn ich war mir unsicher, ob er noch wusste, dass ich auch da war.
"Sei ruhig.", hörte ich ihn nur flüstern.
Er legte einige Papiere zur Seite und sah sich die nächsten an.

Ich verschränkt meine Hände hinter meinem Rücken, sah zu Boden und tat was er verlangte.
Ich stand so reglos da, dass ich fast eingeschlafen wäre und aufschreckte, als mein Vater mich ansprach, "Komm her und setz dich.", flüsterte er nun beherrschter, als zuvor.

Schnell ging ich zu seinem Tisch und setze mich auf den kleinen Holzstuhl.
"Was soll das, Aries?", fragte er mich schließlich, als er zu mir aufsah.
Entsetzt blickte ich ihn an, "Was soll was? Ich verstehe nicht was du meinst."

Er faltete seine Hände, als wäre er die Ruhe selbst, "Hast du nicht genug Aufmerksamkeit?"
Langsam verstand ich worauf er hinaus wollte.
Er dachte ich würde das alles nur vorspielen, doch dem war nicht so.

"Wenn du denkst, so meine Aufmerksamkeit zu bekommen, hast du dich getäuscht. Dein Kampf hat mich beeindruckt, ja. Für dein Alter hast du großes Talent, doch es war schwach, wie du am Ende zu Boden gegangen bist. Ich will so etwas nicht mehr sehen müssen. Es reicht mir mit deinen Spielchen. Deinen Onkel magst du täuschen können. Doch mich nicht.", kalt sah er mich an.

"Das sind keine Spielchen, Vater.", flüsterte ich leise.
Er zog seine Augenbrauen hoch und kam um seinen Tisch zu mir herum.
Mit einer Handbewegung Zwang er mich aufzustehen und ihn anzusehen.

Als meine Augen seine trafen, versuchte ich in seinen Geist zu kommen. Schnell spürte ich wieder die Schmerzen in meinem Kopf, als mein Versuch fehlschlug.
Es war ihm wohl nicht unbemerkt geblieben, doch er sagte nichts dazu.

Einen Moment lang sah er mich weiter an, bis er, wie bei seinem. Bruder zuvor, mein Kinn packte. Jedoch nicht so schmerzhaft, wie bei meinem Onkel zuvor, "Ich will, dass du dir eine Sache ein für alle mal merkst, Aries."

Ich wusste nicht, ob es väterlichen klingen sollte, doch ich hoffte, dass er sich Mühe gab, denn ich hatte Angst, was er zu sagen hatte, "Selbst wenn dem so ist und du Schmerzen da drin hast.", er tippte mit der anderen Hand gegen meinen Kopf, "Unterdrück sie, denn das erwarte ich von dir, das erwartet deine Mutter von dir und vor allem erwartete der dunkle Lord von dir, dass du bereit bist alles einzusetzen, was er von dir verlangt, ohne ständig umzukippen.", flüsterte er mir fordernd zu.

Langsam ließ er los, "Verstehst du das?", wartend sah er mich an, bis ich zu nicken begann, "Natürlich Vater.", es fühlte sich an, als hätte mein Vater wieder ein mal einen Schalter in mir umgelegt. Einen Schalter, der mich wieder einmal kälter machte, als ich es sowieso schon in den letzten Jahren geworden war.

Als er den Blick von mir nahm, sah er auf seine Uhr, "Und jetzt geh in deinen Schlafsaal.", er ließ von mir ab und Ich machte mich so schnell wie möglich aus dem Staub.
Im Gemeinschaftsraum setzte ich mich an einen Tisch und begann einen Brief an Volans zu schreiben.

Ganz genau erklärte ich ihm, was geschehen war und wie unser Vater reagiert hatte. Natürlich schrieb ich dazu, dass ich hoffte, dass Volans schnell etwas dazu in Erfahrung bringen konnte, denn ich hatte Angst. Ich wusste nicht was mit mir passierte oder wieso, aber ich wusste, dass es irgendwas mit meiner Fähigkeit zu tun hatte. Auch die Legilimentik musste mit den Anfällen und Schmerzen in meinem Kopf zutun haben.

Wie gewohnt stand ich am nächsten Tag früh auf und machte mich für den Schultag fertig.
Jolka ließ ich schlafen, sie hatte es in letzter Zeit schwer genug und sollte sich erholen.

Auch der Gemeinschaftsraum war noch einigermaßen leer.
"Aries, warte.", Oliver schrieb etwas zuende, rollte es ein und kam zu mir herüber.
"Hausaufgaben.", murmelte er kurz und hob die Rolle.

Wir stiegen gemeinsam durch die Mauer, doch schnell merkte ich, dass Oliver mich anstarrte.
Laut ausatmend sah ich ihn an, bis er endlich zu sprechen begann, "Deric hat mir erzählt, dass er sich um dich sorgt. Was ist passiert?"

Genervt stöhnte ich auf, "Es ist alles gut, Oliver. Da war nichts. Mir geht es gut, danke."
Doch ihm schien meine Antwort nicht zu gefallen, "Wenn etwas sein sollte, ich bin da.", er zuckte mit den Schultern und bog im Innenhof in Richtung Eulerei ab.

Kurz sah ich ihm hinterher, stieg dann aber schnell die Treppe zu den großen Flügeltüren herauf, denn es war draußen kalt geworden.

Die besonderen Kinder der Lestranges (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt