226. Spät am Abend

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Ich spürte ein leichtes drücken zwischen meinen Rippen, "Aries. Der Zug hat schon angehalten, wir sind da!", sagte Logan laut, der wohl auch gerade erst aufgewacht war.
Er sah total verschlafen aus.

Während ich langsam wacher wurde streckte ich mich und stand auf.
Der Zug stand bereits im dunklen Bahnhof von Hogsmeade, der Bahnsteig war fast leer.

Logan und ich packten unsere Taschen und verließen gemeinsam den Zug.
Krachend stellte ich meine Tasche auf eine Bank am Bahnsteig und kramte meinen Umhang heraus.

Da wir die halbe Bahnfahrt verschlafen hatten, hatten wir auch noch nicht unsere Umhänge angezogen.
Zweifelnd sah Logan mich an und schließlich an sich herunter, "Es ist auffällig, dass ich unter dem Umhang normale Kleidung trage oder?"

Ich zuckte nur mit den Schultern, denn meine Freizeitkleidung passte sehr gut zum Umhang und war sogar unauffällig.
Logan knöpfte seinen Umhang so weit zu, wie es ihm möglich war.

Als wir in der Schule ankamen, bemerkten wir schnell, dass es kein Abendessen gab. Fragend sahen wir uns an, als wir in die dunkle Halle traten.
"Kein Essen?", flüsterte Logan verzweifelt.

Mein skeptischer Blick fiel auf die Decke der Halle. Sie war düster, mit dunklen Wolken.
"Mir ist sowieso nicht nach Essen zumute.", flüsterte ich so leise es mir möglich war, denn ich fand es merkwürdig, dass das Schloss so seltsam ausgestorben war.

Ich verabschiedete mich von Logan und machte mich auf den Weg in den Slytherin Gemeinschaftsraum.
Hier waren alle Schüler aus meinem Haus versammelt, es herrschte eine enorme Lautstärke.

Ich versuchte mir einen Überblick zu verschaffen, doch offensichtlich feierten die anderen den letzten Ferientag.
"Aries.", Jolka tauchte neben mir auf und strahlte über das ganze Gesicht.

"Schön dich zu sehen.", sagte ich abgelenkt, denn plötzlich erfüllte sich meine Bauchgegend mit einem komischen Gefühl.
Ich versuchte unauffällig den Auslöser zu finden.

Schnell wurde ich fündig, denn ich wusste, dass dieses Gefühl nur bei einem auftrat; Deric Scott.

Zufrieden mit sich und der Welt stand er abseits der anderen, gegen eine Säule gelehnt und beobachtete mich und Jolka.
Ohne es zu wollen setzte sich mein Körper auch schon in Gang.

Es muss ziemlich bescheuert ausgesehen haben, denn ich hatte keine Ahnung, wohin ich wollte, bis ich plötzlich mitten in der Menschenmenge versunken war, um Derics Blick zu entgehen.

Auch Jolka folgte mir verwirrt, "Alles okay?", fragte sie flüsternd, "Wo warst du? Ich habe dich weder im Zug, noch am Bahnhof gesehen."
Ich drehte meinen Kopf über die Schulter und sah sie an.

"Er guckt mich schon wieder so an.", zischte ich flüsternd und ignorierte ihre zweite Frage.
Jolka wusste sofort wen ich meinte und hielt Ausschau nach Deric.

Ich tat es ihr gleich, doch er stand nicht mehr mit seinem bescheuerten Lächeln an der Säule. Er war wie vom Erdboden verschluckt.

Ich schubste weiter einige Schüler zur Seite, um in eine einigermaßen ruhige Ecke zu gelangen.
Bevor ich mich an einen Tisch setzte, ließ ich meinen Blick über die Schüler gleiten, doch Deric war wirklich verschwunden.

Stattdessen stand plötzlich Brian neben mir und Jolka. Er grinste uns übermütig an, nachdem er mich begrüßte.
"Wie waren die Ferien Strangy?", er blickte mich belustigt an.

Mit zusammengekniffenen Augen fixierte ich Brian, "Strangy? Das meist du doch jetzt nicht ernst?", fragte ich angewidert und verzog mein Gesicht.
Doch Brian lachte nur amüsiert.
Auch Jolka kicherte leise.

Ich packte Brian am Kragen und zog ihn zu mir heran. Ihm verging das Lachen und schnell versuchte er sich raus zureden, "Es war Derics Idee!", sagte er und riss sich los.

Wütend atmete ich ein und reckte selbstsicher mein Kinn nach vorne.
"Wo ist diese Kröte?", fragte ich angewidert, doch streitsüchtig.
Brian sah kurz zu der Säule, wo auch ich ihn zuletzt gesehen hatte.

Anschließend richtete er sich seine Kleidung und zuckte mit den Schultern, "Keine Ahnung."
Plötzlich zupfte Jolka an meinem Ärmel herum, "Hinten auf der Empore, Aries.", flüsterte sie unauffällig.

Deric ging gerade die Treppen hinauf, er blickte vorsichtig nach links und rechts. Es schien so, als wolle er nicht gesehen werden, bevor er unauffällig aus dem Gemeinschaftsraum auf den Gang verschwand.

Fragend sah ich Jolka an und zog meine Augenbrauen zusammen, "Was tut er nur?", flüsterte ich ihr zu.
Brian blickte zu uns auf, "Er schleicht sich oft aus dem Gemeinschaftsraum. Keine Ahnung was er dort tat.", er zuckte unschuldig mit den Schultern und mischte sich fast so unauffällig, wie Deric verschwunden war, unter die Menschenmenge.

"Lass uns nachsehen, was er anstellt.", zischte ich Jolka zu, doch diese packte mich am Arm und schüttelte mit dem Kopf, "Er ist merkwürdig und gruselig, Aries.", ernst sah sie mich an, "Ich will gar nicht wissen, was der anstellt.", ein wenig ängstlich sah sie an die Stelle, wo Deric verschwunden war.

"Ich werde herausfinden, was er tut, ob du mitkommst oder nicht.", schulterzuckend entfernte ich mich von meiner besten Freundin und Folge einige Minuten später Deric auf den Gang.

Es war düster, die Fackeln an der Wand spendeten nach meinem Gefühl nicht mehr so viel Licht, wie sie es all die Jahre getan hatte.
Vorsichtig lugte ich um jede Ecke, bevor ich um sie bog.

Sicherheitshalber hielt ich meine Hand fest an meinem Zauberstab. Tief in Gedanken bog ich schließlich um weitere Ecken, denn ich dachte gerade an Richard. Ob er gesehen hatte, dass Deric verschwunden war und ich ihm gefolgt bin?

Plötzlich stand ich mitten in einem kleiner werdenden Gang und erblickte Deric. Entsetzt riss ich den Mund auf und hätte fast meinen Zauberstab fallen gelassen.

Am Ende des Ganges saß Deric auf einer kleinen Steinbank. Doch er war nicht alleine, denn bei ihm saß eine Slytherin aus der fünften Klasse und sie küssten sich.

Ich versuchte meinen Blick von den beiden zu nehmen doch es wollte mir nicht gelingen.
Die beiden waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass ich, als ich mich wieder im Griff hatte, langsam auf Zehenspitzen rückwärts um die Ecke bog und hoffte nicht aufzufallen.

Ich drücke mich an die Wand und hielt meinen Zauberstab fest in der Hand. Meine Gedanken sprangen zwischen Richard und Deric hin und her, bis ich nur noch Deric im Kopf hatte, wie er dieses Mädchen küsste.

Eigentlich sollte es mir egal sein, was Deric in seiner Freizeit tat. Doch dieses arme Mädchen, ich versuchte mir einzureden, dass sie mir leid tat, denn ich wusste, dass Deric nur mit den Gefühlen anderer spielte und niemanden liebte außer sich selbst.

Die besonderen Kinder der Lestranges (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt