267. Volans und Rabstan

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Ich betrachtete den leblosen Körper noch kurze Zeit, bevor ich den Kerker verließ und die Treppen hinauf stieg, um meinem Vater zu berichten, was der Mann sagte.

"Tarek Gabourn?", fragte mein Vater skeptisch, der mit verschränkten Armen vor mir stand.
Rabastan war verschwunden und somit war ich mit meinem Vater alleine im Manor.

"Dieser Name sagt mir nichts. Doch wenn es stimmt und der Orden noch existieren sollte, müsste er auf der Liste stehen, die du und dein Bruder abarbeitet sollt.", er drehte sich zum Kamin um und atmete tief durch, "Gut gemacht, Aries.", sagte er zufrieden.

"Doch was passiert nun mit seiner Tochter?", fragte ich langsam und unsicher, denn eigentlich sollte es mir egal sein.
Er lachte nur gleichgültig auf und drehte sich wieder zu mir um, "Wenn er auf der Liste steht, dann wird sie auch auf der Liste stehen. Also bringt ihr sie auch um.", er zuckte mit den Schultern, als wäre es eine unnötige Frage gewesen.

Ich biss mir auf die Lippe und vermied den strengen Blick meines Vaters.
"Der dunkle Lord erwartet von dir, dass du bis die Schule wieder anfängt, deine Aufgabe ernst nimmst. Verstanden?"

Er stand nun direkt vor mir und drückte mein Kinn unsanft hoch, damit ich ihn ansehen musste.
"Natürlich, Vater.", flüsterte ich ruhig.

In den nächsten Wochen waren Volans und ich kaum Zuhause.
Wir erledigten unsere  Aufgaben fast zuverlässig. Doch das kleine Mädchen konnte ich nicht beseitigen.
Natürlich hatte mein unser Vater Volans über die Sache aufgeklärt, doch er verlor kein Wort darüber, bis wir schließlich eine Akte über sie fanden.

Volans schob das Pergament wortlos zu mir herüber.
"Grace Gabourn.", flüsterte ich ruhig und sah meinen Bruder an.
"Du weißt, dass es getan werden muss, Aries.", ernst sah er mich an und erhob sich aus seinem großen Stuhl, der in seinem Büro stand.

"Sie ist ein Kind.", widersprach ich laut, doch Volans war dieses Argument egal, "Sie wird früher oder später gegen uns sein. Je früher solche Menschen beseitigt werden, desto besser."

Seufzend erhob ich mich von dem Hocker und legte das Pergament zurück in die Schublade vom Schreibtisch.
Auffordernd sah mein Bruder mich an, als er dies sah, "Das wird Vater nicht gefallen."

"Wenn ihr Vater im Orden war, dann werden sie das Mädchen schon längst an einen sicheren Ort gebracht haben. Wir werden sie nicht finden, Volans.", sagte ich, als wäre dies selbstverständlich, "Ich bin fertig für heute, ich werde nach Hause gehen. Es ist spät."
Volans sah auf die Uhr und nickte zustimmend. Er schloss alle Schränke und Schubladen, bevor er mir folgte.

Auf dem Weg über die Ländereien, die zum Anwesen gehörten, klärte ich Volans über meine Pläne für den folgenden Tag auf.
"Ich darf morgen Deric besuchen."
Mein Bruder lachte schadenfroh auf, "Ja, mit Rabastan als Begleiter, wie romantisch das für dich und Deric wird.", fies grinste er mich an.

"Halt deine Klappe.", sagte ich laut, "Ich werde mich aus dem Staub machen, bevor Vater etwas merkt. Rabastan würde mich alleine gehen lassen, da bin ich mir sicher."

Mein Bruder rollte mit den Augen, "Ach wie schade", begann er und seufzte künstlich, "Dass Rabastan nicht dein Vater ist und das nicht zu bestimmen hat.", sagte er nun laut und ernst, "Du solltest dir Vater gegenüber keine Fehltritte leisten."

Er packte mich am Arm, als ich seinen Einwand ignorierte, "Ich meine es ernst, Aries. Selbst Rabastan tanzt nach Vaters Pfeife. Was glaubst du, warum Vater für die Disziplin in der Schule zuständig sein soll und nicht Rabastan."

Trotzig sah ich Volans an und riss mich schließlich los, "Dann werde ich Vater sagen, dass ich alleine zu Deric gehen werde. Natürlich weihe ich Rabastan vorher ein, damit er auf meiner Seite steht."

Mein Bruder seufzte bedauernd, "Tu was du nicht lassen kannst.", mit den Worten öffnete er die Tür zum Manor und wir traten ein.
Sofort wurden uns unsere Regenmäntel vom Hauselfen abgenommen und wir traten in den warmen Salon ein.

"Guten Abend.", sagte mein Onkel freudig, als er uns bemerkte.
Er saß mit seinem Feuerwhiskey am Tisch und blätterte Pergament durch.
Wir begrüßten ihn ebenfalls und schnell setzte ich mich zu ihm.

"Wo ist Vater?", fragte ich unseren Onkel und merkte, wie sich Volans belustigt auf die Stuhllehne stützte.
"Er hat sich zurück gezogen, sagte aber, dass er am Abendessen teilnehmen wird.", murmelte Rabastan abwesend.

"Und Mutter?", fragte Volans nun interessiert.
Genervt knallte Rabastan den Pergamentstapel auf den Tisch und funkelte Volans an.
"Sie ist immer noch fort und wird in den nächsten Tagen nicht zurückkehren.", antwortete er schroff, "Muttersöhnchen.", fügte er noch ruhig hinzu.

Belustigt über das Theater sah ich meinen Bruder an, der bereits seinen Zauberstab gezogen hatte.
Es war nichts Neues, dass Volans und Rabastan immer wieder aneinandergerieten.

Auch meinem Onkel waren Volans Bewegungen nicht entgangen, doch er blieb entspannt, "Steck den Zauberstab weg, Junge. Wir wissen beide, dass du es niemals wagen würdest.", auch wenn Rabastan sich dabei sicher war, behielt er seinen Neffen im Auge.

"Ich bin kein Muttersöhnchen.", sagte er klar und deutlich, während er immer noch den Zauberstab auf unseren Onkel richtete.
Rabastan rollte nur mit den Augen und ging nicht weiter auf das kindische Verhalten meines Bruders ein.

"Er traut sich das nur, weil er mir gerade sagte du wärst verweichlicht.", amüsiert sah ich meinen Onkel an, der augenblicklich aufstand.
Volans verlor den Ausdruck auf seinem Gesicht, ließ den Zauberstab sinken und sah mich fassungslos an.

"So habe ich das niemals gesagt!", protestierte er laut.
"Aber du hast es ganz sicher angedeutet.", fies grinste ich an, als Rabastan auch schon bedrohlich langsam auf meinen Bruder zukam.

Die besonderen Kinder der Lestranges (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt